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AllgemeinCommunio in ChristoStadt Mechernich

Kultur braucht Zulauf

Zweite Auflage des Kunst- und Musikfestivals Mechernich von Ava Rebekah Rahman und Matthias Diener hatte Weltklasseniveau, litt aber unter niedrigen Zuhörerzahlen – Welturaufführung von Melo Mafalis „Solfeggio“ – Haydns „letzte Worte des Erlösers“ auf mehrfache Weise meditiert und interpretiert – Bei intuitiver Musik durch die Instrumente „geatmet“ – Die einen waren restlos begeistert, andere waren überfordert

Mechernich-Kommern/Strempt – Mit einem „Weltklasse“-Programm, dargeboten von großartigen Musikern, ging am Wochenende das zweite Eifeler Musik- und Kunstfest in Strempt und Kommern über die Bühne.

Einer der Höhepunkte war die Welturaufführung des musikalischen Werks „Solfeggio“ des international bekannten sizilianischen Komponisten, Pianisten und Arrangeurs Melo Mafali.

Das renommierte Minguet Quartett interpretierte Samstagabend in der Kommerner Bürgerhalle Joseph Haydns Streichquartett „Die sieben letzten Worte des Erlösers am Kreuz“. Foto: Manfred Lang/pp/Agentur ProfiPress

„Atmosphärisch dicht“, „musikalisch überzeugend“, „gespieltes Gebet“ lauteten Stimmen zu einem meditativen Konzert, zu dem das Minguet Quartett am Samstagabend Joseph Haydns Streichquartett „Die sieben letzten Worte des Erlösers am Kreuz“ werden ließ.

Übereinstimmende Meinung der Fans: Ein großartiger Versuch, Kultur auf höchstem Niveau in Mechernich zu etablieren, schade, dass nicht mehr Leute kamen. „Bei so hochrangiger Musik hätte die Bürgerhalle vor Publikum eigentlich bersten müssen“, sagte etwa der Mechernicher Stadtdezernent Ralf Claßen, der für seine Konzertteilnahme sogar den Urlaub unterbrochen hatte.

John Cages „4‘33“ gewagt

„Weltklasse in Mechernich“ urteilte Norbert Arnold, der Geschäftsführer des Sozialwerks der Communio in Christo, der zugunsten der Langzeitpflegeeinrichtung im Rathaus die Reihe der klassischen „Mechernicher Dreikönigskonzerte“ begründet hat. Arnold: „Es ist schon sehr mutig, John Cage »4:33« in der Eifel zu spielen. Das hätte auch leicht daneben gehen können. Die, die da waren, waren alle begeistert und überwältigt.“

Festival-Impresario Matthias Diener, der mit seiner Partnerin, der Violinistin Ava Rebekah Rahman, das Aditya-Duo bildet, resümierte im Gespräch mit dem Mechernicher „Bürgerbrief“ ein „großartiges Festival“ mit „Konzerten, die man sonst, wenn überhaupt, nur in Köln oder Bonn erleben kann“, aber eben auch eine Publikumsresonanz, die zu wünschen übrigließ.

Auf dem Programm des ersten Konzertteils zur Premiere am Donnerstag stand J.S. Bach, interpretiert von den virtuosen indischen Musikern Debasish Bhattacharjee an der Tabla, Kaustav Majumder an der Sitar und Utso Gosh, Gesang. Nach der Pause fand die Uraufführung von Melo Mafalis „Solfeggio“ statt. Foto: Vassil Svechtarov/KStA/KR/pp/Agentur ProfiPress

Mit dazu beigetragen haben könnte die Erkrankung von Stefan Brings, der eigentlich das Eröffnungskonzert gemeinsam mit dem Adiyta-Duo unter dem Motto „Die sieben Schleier der Musik“ hatte bestreiten wollen. Melo Mafali hatte eigens die Arrangements für Strempt, beziehungsweise Kommern geschrieben. Brings, Rahman und Diener werden nun nach Genesung des Kölsch-Rockers gemeinsam außerhalb des Festivals konzertieren.

Das Eifeler Musik- und Kunstfest wurde vom Strempter „Aditya Duo“ mit der Idee gegründet, befreundete Künstler zum gemeinsamen Musizieren und Konzertieren in ihre Wahlheimat Eifel einzuladen, um so mit dem Publikum ein sowohl intimes wie auch intensives Miteinander zu ermöglichen.

„Musik entsteht aus der Stille“

Unter dem Titel „Die Entstehung der Musik“ berichtet der Journalist Vassil Svechtarov für die Kölner Tageszeitungen und die Agentur ProfiPress über die Auftaktveranstaltung am Donnerstagabend. Zu Gast war der international bekannte Melo Mafali. Er war ursprünglich mit den Bearbeitungen der Brings-Lieder für Stephan Brings und Klassik-Ensemble beim Eröffnungskonzert betraut worden.

Stattdessen wurde jetzt sein großes Werk „Solfeggio“ in einer Welturaufführung als Stück für sieben Musiker, auf meditative Mantras aufbauend und wunderbar passend zum Festival-Thema „Von der Stille zum Klang“ gegeben. Während die einen Zuhörer mit Verzückung reagierten und sich zu Kommentaren wie „Weltklasse“ hinreißen ließen, fand es eine Zuhörerin aus Kall im Gespräch mit Vassil Svechtarov „zu exotisch“.

Selbst gefragte Musiker mit weltweiten Engagements und doch kulturell in der Eifeler Heimat engagiert: Festival-Impresario Matthias Diener, der mit seiner Partnerin, der Violinistin Ava Rebekah Rahman, das Aditya-Duo bildet. Foto: Vassil Svechtarov/KStA/KR/pp/Agentur ProfiPress

Er schreibt: „In der Bürgerhalle Kommern fanden sich etwa sechzig Zuschauer konfrontiert mit der Entstehung von Musik aus der Stille, mit der »zarten Begegnung musikalischer Größen«, wie es am Ende des Konzerts Jazztrompeter Markus Stockhausen ausdrückte.“

Auf dem Programm des ersten Teils stand J.S. Bach, interpretiert von den virtuosen indischen Musikern Debasish Bhattacharjee an der Tabla, Kaustav Majumder an der Sitar und Utso Gosh, Gesang. Die Tabla-Trommel und die saitenbespannte Sitar sind klassische indische Instrumente.

Nicht weniger erstaunlich für das Publikum waren die Klänge einer elektrischen Geige und eines elektrischen Cellos, auf denen das Aditya Duo die „Study 1 for Treatise on the Veil“ von M. Pintscher zelebrierte. Nach der Pause fand die Uraufführung von Melo Mafalis „Solfeggio“ statt.

„Musik fühlen, nicht verstehen“

Svechtarow: „Der anwesende Komponist aus Sizilien übernahm die Tasten selbst und führte die insgesamt acht Musiker geschickt durch das Stück. Den Klang rundeten Ewa Matejewska an der Harfe und Markus Stockhausen an der Trompete ab.“ „Ein Zusammentreffen der Sichtweisen über klassische Musik“ kommentierte D. Bhattacharjee nach der Aufführung sichtlich zufrieden.

Unter der Leitung von Matthias Diener hat sich der Verein „Eifel Musik und Kunst“ zum Ziel gesetzt, Stars der klassischen Musikszene in die Eifel zu bringen. „Die Menschen sollen sich darin einüben, Musik in sich aufzunehmen! Sie ist nicht da, um verstanden zu werden, sie ist da, um gefühlt zu werden!“, sagt der international renommierte Cellist und Veranstalter des Festivals.

Samstagmittag rezitierte und meditierte der Mechernicher Diakon und Autor Manfred Lang bei einer Matinee in der Kommerner Bürgerhalle „Die Sieben letzten Worte Jesu am Kreuz“, musikalisch in sehr einfühlsamer Weise unterstützt von der Harfenistin Ewa Matejewska, die unter anderem auch an der Musikschule Euskirchen unterrichtet. Foto: Heinrich Kolb/Festival/pp/Agentur ProfiPress

Etwa 120 Konzerte im Jahr spielt der Dozent an der Folkwang-Universität der Künste in Essen. Zusammen mit seiner Ehefrau, die Star-Geigerin Ava Rebekah Rahman, alias Aditya Duo, starten die Musiker einen mutigen Versuch, in der Eifel Raum für experimentelle Musik zu etablieren.

Vassil Svechtarow schreibt: „Den Klangraum mit Tönen zu füllen und diesen Prozess der Entstehung, der Geburt der Musik den Zuhörerinnen und Zuhörern spielerisch vorzustellen verstanden die Gestalter des Abends allemal. Schon zum Workshop und Vorkonzert um 18 Uhr erklangen die Gagliano-Geige (1772) und Ferdinando Landolfi-Cello (um 1750) des Aditya Duos zusammen mit der Harfe von Ewa Matejewska und der Sopran Isabella Leifsdòttirs.“

„Augen zu und fliegen“

„Man braucht nur die Augen zu schließen und schon ist man auf Flügeln“, sagte Sabine Söller-Muth vom Förderverein. Es bleibe nur noch abzuwarten, ob sich das Publikum beim nächsten Festival in größerer Anzahl trauen werde, mitzuschwingen.

Stephan Everling schilderte in den Kölner Tageszeitungen das Freitagabendkonzert, das ganz im Zeichen der Intuitiven und der Neuen Musik stand. Wie unterschiedlich diese beiden Ansätze sind, wurde besonders beim Konzert am Abend in der Strempter Pfarrkirche St. Rochus deutlich. Rund 40 Zuhörer saßen dabei im Kirchenschiff. Viele, angesichts des anspruchsvollen Programms.

Die Klarinettistin Tara Bouman nähert sich – Haydns Musik interpretierend – der Bühne, auf der das Minguet Quartett „Die letzten Worte des Erlösers am Kreuz“ intoniert. Foto: Manfred Lang/pp/Agentur ProfiPress

Wie anders könnte ein Konzert zum Thema Stille eröffnet werden als mit dem sagenhaften „4’33“ des amerikanischen Komponisten John Cage. Das Minguet-Quartett präsentierte es in einer Version für Streichquartett und machte damit deutlich, worum es an diesem Abend gehen sollte: Um das Wesen der Musik, manifestiert durch ihre Abwesenheit.

Denn gespielt wird in dem Stück nicht. Annette Reisinger, Aroa Sorin, Ulrich Isfort und Matthias Diener betraten die Bühne und taten, was der Komponist in der Partitur anweist: Tacet – er schweigt, und das drei Sätze lang. Schweigen, Konzentration auf die Stille, die es natürlich nirgendwo gibt. Das Rascheln eines Fußes, eine Sirene, die von weither bis in den Kirchenraum dringt, der zarte Tinnitus, der den Raumklang mit seiner Harmonie überschreibt, das alles wird zu Musik und macht jede Aufführung einzigartig und unwiederholbar.

„Von der Stille zum Klang“

Stephan Everling: „Mit »Fragmente – Stille, an Diotima« des italienischen Komponisten Luigi Nono gingen die vier Musiker noch einen Schritt weiter. Das 40-minütige Stück ist schwierig, sowohl für die Musiker als auch für die Zuhörer. Ein fast quälend langsames Tempo mit langen Pausen, aus denen zarte Flageolett-Töne erwachsen, um sich immer wieder in jähen, eruptiven Clustern zu lösen. Extreme Spieltechniken, die so ziemlich alles umfassen, was einem Instrumentalisten in langen Unterrichtsstunden abtrainiert wird, erschaffen eine musikalische Welt, die den Weg von der Stille zum Klang ausformuliert und sich nur dem öffnet, der bereit ist, seine Hörgewohnheiten aufs Spiel zu setzen.“

Vor dem Konzert ein Talk mit den Künstlern: Wunderbare Gelegenheit, Dinge aus der Welt der Interpreten zu fragen und zu erfahren. Foto: Vassil Svechtarov/KStA/KR/pp/Agentur ProfiPress

Damit war das Feld für „Moving Sounds“ mit der Klarinettistin Tara Bouman und dem Trompeter Markus Stockhausen bereitet. Ihr musikalisches Sprachrohr ist die Intuitive Musik, fast versöhnlich nach dem ersten Teil. Sie begannen ihren Auftritt im hinteren Teil der Kirche, nahmen die Energie des Raumes und des Publikums auf und verwandelten sie in Musik. Langsam spielend, gleichsam durch ihre Instrumente atmend, gingen sie zur Bühne, wo das Konzert im virtuosen Zusammenspiel der beiden Musiker weiterging.

„Musik, die aus sich selbst geschieht“

Stephan Everling: „Intuitive Musik wird nicht gemacht, sie geschieht aus sich selbst, aus dem Augenblick heraus. Deutlich sind die Verbindungen zu Meditation, Atem- und Konzentrationsübungen, die letztendlich den Anstoß zur Musik geben. Für jeden erlebbar hatte Markus Stockhausen dieses Konzept in einem Workshop am Nachmittag gemacht. Mit 25 Teilnehmern bewegte er sich „zwischen Singen und Stille“, wie er es beschrieb. Rund 80 Minuten ging es darum, dass alle körperlichen Gefühle, Empfindungen und Gedanken bewusst wurden.“

Zwei Matineen mit Konzerten und Vorträgen am Freitag und Samstag bieten zudem die Vertiefung ins Thema. Vor den Abendkonzerten gibt es einen „Pre Concert Talk“, also Gespräche über den Hintergrund der Musik, die später zu hören sein wird.

Anmut und Verzauberung: Ewa Matejewska an der Harfe. Foto: Vassil Svechtarov/KStA/KR/pp/Agentur ProfiPress

Samstagmittag rezitierte und meditierte der Mechernicher Diakon und Autor Manfred Lang bei einer Matinee in der Kommerner Bürgerhalle „Die Sieben letzten Worte Jesu am Kreuz“, musikalisch in sehr einfühlsamer Weise unterstützt von der Harfenistin Ewa Matejewska, die unter anderem auch an der Musikschule Euskirchen unterrichtet.

Abends führte das Minguet-Quartett das komplette gleichnamige musikalische Werk Joseph Haydns auf, unterbrochen von musikalischen Kommentaren und Interpretationen der Musiker. Zum Abschluss fand ein Essen mit den Künstlern statt.

pp/Agentur ProfiPress