„Hier schaut Gott uns an“
Pontifikalamt mit Weihbischof Dr. Johannes Bündgens zum 100jährigen Bestehen der Pfarre St. Margareta Vussem/Breitenbenden – Helmut Mehren fragte, und alle Vereine machten mit – Maß nehmen an den Fragenden und Suchenden und an Jesus, der keine Berührungsängste kennt
Mechernich-Vussem – Mit einem von Weihbischof Dr. Johannes Bündgens geleiteten Pontifikalamt und anschließendem Pfarrfest beging die katholische Kirchengemeinde St. Margareta Vussem/Breitenbenden am „Tag der deutschen Einheit“ ihr hundertjähriges Bestehen.
Idee und Organisation des Festes stammten von Helmut Mehren: „Ich habe die Vereine angesprochen und habe offene Türen eingerannt.“ Auch Mechernichs Bürgermeister Dr. Hans-Peter Schick feierte den Gottesdienst mit und gratulierte.
Die Musik kam von Toni Ladlow an der Orgel, Resl Veyens „Feybachfinken“ und einem Zusammenschluss von Kirchenchormitgliedern aus Mechernich, Floisdorf und Nöthen. Konzelebranten des Bischofs waren Pfarrer Erik Pühringer, dessen priesterlicher Mitarbeiter Dr. Innocent Dim und Pater Josef Danne von der „Genossenschaft vom Heiligsten Herzen Jesu“, der um 1960 Novize im Vussemer Missionshaus war.
In seiner Einleitung erinnerte Pfarrer Pühringer an die Loslösung der neuen Pfarrei Vussem/Breitenbenden nach Ende des Ersten Weltkriegs aus der Gemeinde St. Lambertus Holzheim. Ein finanzstarker Industrieller am Ort, Paul Girards, habe die Separation der damals noch zum Erzbistum Köln gehörenden Dörfer Vussem und Breitenbenden möglich gemacht.
„100 Jahre Pfarre St. Margareta, 80 Jahre Kirchenneubau, 75 Jahre Befreiung, 70 Jahre Grundgesetz, 30 Jahre Mauerfall“: Weihbischof Dr. Johannes Bündgens ging in seiner Predigt auf die geistliche Seite der „kompakten Geschichte ein, die uns heute entgegenweht“: „Hier ist seit hundert Jahren getauft und gebetet worden, Menschen sind zur Ersten Heiligen Kommunion gegangen und in Exequien verabschiedet worden.“
Freudentränen und Trauer
Der Aachener Hirte sah vor sich „Tränen der Freude und Tränen der Trauer“, eben jene Dinge, die das Leben der Menschen auch im Feytal existenziell erfüllen.
Bündgens erinnerte daran, dass über die Hälfte der heute 900 Kirchen und Kapellen im Bistum Aachen am Ende des Zweiten Weltkriegs zerstört waren. Die Amerikaner hätten einen Prestigeerfolg gebraucht und im Oktober 1944 Aachen nach verheerenden Bombardements und Beschuss im ganzen Umland als erste deutsche Großstadt vom Nazijoch befreit.
Kirchen stünden bei den Menschen als Versammlungsplätze im Angesicht Gottes in hohem Ansehen. Sie hätten sie nach dem Krieg wiederaufgebaut und heute unterhielten sie sie, obwohl das Bistum oft selbst nicht wisse, wie. Freude und Dankbarkeit seien vermutlich die Motive.
Eine Vermutung, die Helmut Mehren im Zeitungsinterview bestätigte. Es habe nur einer einzigen Anfrage bedurft, und alle Vereine hätten selbständig die Dinge für die Feierlichkeiten am 3. Oktober vorbereitet und durchgeführt.
Interesse am Volk Gottes
Für das hundertjährige Pfarreijubiläum hatten die Geistlichen das Evangelium vom Zöllner Zachäus ausgesucht, den Jesus buchstäblich von seinem Aussichtsposten in einer Baumkrone abberief, um bei ihm zu Gast zu sein.
Diese Perikope hat auch der Aachener Diözesanbischof Dr. Helmut Dieser zum Leitmotiv seines synodalen „Heute-bei-Dir“-Prozesses gemacht: Die Kirche, so behauptet er, interessiere sich in diesem Prozess für eventuelle Anregungen aus dem Volk für das Kirchenbild von morgen.
Weihbischof Dr. Johannes Bündgens griff das Zachäus-Bild in Vussem auf: „Jesus hat keine Berührungsängste, er geht zu den Menschen in die Häuser, auch wenn es, wie bei Zachäus möglicherweise Spelunken mit zwielichtigen Gestalten darin sind.“ Jesus mache suchende und fragende Menschen zu seinen Ansprechpersonen. Sie seien auch heute noch das Maß für eine missionarische Pastoral.
Statt sich an den Gott und der Kirche gegenüber Feindseligen abzuarbeiten, sei es sinnvoller, sich derer anzunehmen, die Ziel, Weg und Orientierung in ihrem Leben verloren hätten. Den Kirchen im Dorf, so Bündgens („Sie sind in der Fläche verwurzelt“), komme dabei eine ganz besondere Bedeutung zu: „Hier versammeln wir uns, hier schaut Gott uns an und wir schauen Gott an.“
pp/Agentur ProfiPress