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„Ich genieße es hier in Kall“

Hermann-Josef Esser wurde am 24. September 2017 zum Bürgermeister der Gemeinde Kall gewählt – 1000 Tage später zieht er eine erste Zwischenbilanz seiner bis 2025 währenden Amtszeit

Kall – Die meisten Bürgermeister ziehen bereits nach 100 Tagen eine erste Zwischenbilanz ihrer Arbeit. Für Hermann-Josef Esser wäre das nichts gewesen. „Nach 100 Tagen kann man doch noch kein umfassendes Fazit ziehen und man sollte auch nicht alles in kürzester Zeit umschmeißen“, meint er. Am 20. Juni ist es 1000 Tage her, dass er für acht Jahre zum Bürgermeister der Gemeinde Kall gewählt wurde.

Bürgermeister Esser, wie fällt Ihre Bilanz nach 1000 Tagen aus?

HERMANN-JOSEF ESSER: Wie nannte ich es zuletzt im Sonderheft zum 50-jährigen Bestehen der Gemeinde Kall? Es war eine lebhafte Startphase. Mein Fazit fällt aber durchweg positiv aus. Wir haben vieles auf den Weg gebracht, darunter auch Dinge, die unter meinem Vorgänger Herbert Radermacher geplant oder begonnen wurden, wie etwa das Haus der Begegnung. Zudem haben wir mit der Umsetzung des Integrierten Handlungskonzepts begonnen, mit dem Fassadenprogramm, dem Umbau des Bahnhofsvorplatzes und dem Urftbrückenbau. Die Entwicklungen sind sichtbar. Und auch die Förderzusagen für die Maßnahme „Sonne.Klima.Kall“, die aus insgesamt vier Projekten besteht, sowie für die Dorferneuerungen in Sistig und Sötenich können wir als Erfolg verbuchen.

Seit 1000 Tagen ist Hermann-Josef Esser als Bürgermeister der Gemeinde Kall im Amt. Er zieht eine positive Bilanz – und würde wieder kandidieren. Foto: Manfred Lang/pp/Agentur ProfiPress

Seit Ihrem Wahlkampf leben Sie in Kall, derzeit richten Sie ein Haus in Sötenich ein.

ESSER: Ich bin sehr froh darüber, dass ich nach Kall gezogen bin. So bin ich nahe dran am Geschehen. Man lernt nicht nur die Gemeinde kennen, sondern vor allen Dingen auch die Menschen. Und ich genieße es hier, gehe am liebsten im Gemeindegebiet wandern oder fahre Fahrrad. In Sötenich habe ich kürzlich Eigentum erworben und lebe deshalb demnächst mittendrin im Gemeindegebiet. Mein Ziel ist es, dann häufig die zwei Kilometer zur Arbeit und zurück zu Fuß oder mit dem Rad zurückzulegen.

Sie waren vorher als Prokurist bei der ene (Energie Nordeifel) beschäftigt. Wie unterscheidet sich ein Job in der freien Wirtschaft von dem in einer Verwaltung?

ESSER: Die Prozesse und Strukturen ähneln sich schon, deshalb gab es nicht viel Neues. Natürlich gibt es manchmal andere Begrifflichkeiten. Der Betriebsrat heißt hier im Rathaus Personalrat – mit dem ich übrigens gut und eng zusammenarbeite. Überhaupt wurde ich hier mit offenen Armen aufgenommen, es gab keinerlei Vorbehalte.

Bei Ihrer offiziellen Ernennung am 7. November 2017 riefen Sie für Kall die Agenda 2030 aus und nannten einige Schlagworte. Sie haben noch zehn Jahre Zeit, aber betrachten wir dennoch die einzelnen Bereiche. Sie wollten beispielsweise die Verwaltung kundenorientierter umstrukturieren.

ESSER: Wir haben diese Kundenorientierung noch stärker verankert. Das zeigte sich auch während der Corona-bedingten Schließung des Rathauses für den Publikumsverkehr. Die Mitarbeiter waren erreichbar, es gab durchweg eine ständige Präsenz. Des Weiteren haben wir neue Stellen geschaffen, etwa die eines Strukturentwicklers im Bereich Wirtschaftsförderung. Zudem werden die Auszubildenden von Beginn an erfolgreich integriert und mit verantwortungsvollen Aufgaben betraut.

Wie ist es um die Entwicklung des Tourismus bestellt?

ESSER: Erst jüngst wurden die Eifelschleifen und Eifelspuren vorgestellt. Hier haben wir die Vorhaben der drei Eifelverein-Ortsgruppen, die wir im Gemeindegebiet haben, aktiv unterstützt, etwa durch unseren Bauhof.

Kall ist als starker Wirtschaftsstandort bekannt. Was ist in den vergangenen 1000 Tagen dort passiert?

ESSER: Wir haben das Gewerbegebiet III errichtet und erfolgreich vermarktet. Aktuell sind nur noch 6000 von 120.000 Quadratmetern frei. Dort entsteht ein interessanter Branchenmix, und die Angebotspalette für die Bürger wird sich merklich erweitern. Aber nicht nur die Grundstücke im Gewerbegebiet III sind fast komplett verkauft. Auch die Lücken im Gewerbegebiet II sind mittlerweile geschlossen. Und auch im Handel ist uns einiges gelungen. In Absprache mit der Gewerkschaft und den Verbänden haben wir es geschafft, verkaufsoffene Sonntage unter Berücksichtigung des Ladenöffnungsgesetzes zu veranstalten. Uns ist daran gelegen, dass der Ortskern Dienstleistungszentrum bleibt und die Nahversorgung der Bürger gewährleistet ist.

Hermann-Josef Esser bei einem Meilenstein für Kall: Anfang 2019 wurde das noch unter der Ägide von Essers Vorgänger Herbert Radermacher konzipierte Haus der Begegnung feierlich eröffnet. Es war der Auftakt für die Umsetzung des Integrierten Handlungskonzept, das in den nächsten Jahren eine gewaltige Umstrukturierung des Ortskerns vorsieht. Foto: Thomas Schmitz/pp/Agentur ProfiPress

Beim Blick aus dem Fenster fällt auf: Die Entwicklung der Verkehrsinfrastruktur ist im vollen Gange.

ESSER: Der Ortskern verändert sich. Das Gebiet rund um das Hallenbad wird demnächst von der Bahnhofstraße direkt zugänglich sein. Aber noch bedeutender bei der Agenda 2030 ist das Thema Elektrifizierung der Eifelstrecke. Insgesamt ist die Gemeinde Kall eine Kommune, die verkehrstechnisch gut angebunden ist und vieles ermöglicht.

Sie wollten Angebote für Familien schaffen. Was ist da passiert?

ESSER: Wir haben den Ausbau von Kindergärtenplätzen vorangetrieben. Die Einrichtung in der Kallbachstraße wurde um eine Gruppe erweitert, auch in Scheven kam eine neue Gruppe hinzu. Weiterhin wird ein Waldkindergarten in Kall eingerichtet und in Sötenich entsteht ein zweiter, zweigruppiger Kindergarten. Das größte Projekt, das komplett in meine bisherige Amtszeit gefallen ist, ist der Umbau der ehemaligen Hauptschule in eine Grundschule. Nach dem jetzigen Stand werden wir die geplanten Baukosten nicht überschreiten. Außerdem laufen Überlegungen zur Erweiterung der Grundschule Sistig. Zu erwähnen ist auch, dass mit dem Hermann-Josef-Kolleg in Steinfeld und dem Berufskolleg Eifel in Kall zwei weiterführende Schulen ansässig sind. Was uns derzeit in Kall fehlt, ist weiteres Bauland. Hier werden wir Perspektiven schaffen. Die Entwicklung eines neuen Baugebiets ist vor dem Hintergrund des deutschen Bau- und Planungsrechts allerdings ein zeitintensives Vorhaben. Mit der AG Wohnraum versuchen wir zudem, bestehende Gebiete zu verdichten und Leerstand zu vermeiden. Auch habe ich mich von Beginn an für unsere Vereine stark gemacht, die einen unverzichtbaren Beitrag zum kulturellen, sozialen und gesellschaftlichen Leben in der Gemeinde Kall leisten. Ich habe immer darauf geachtet, dass unsere Mittel für Vereinsförderung stets ausgeschöpft wurden. Ein besonderes Anliegen sind mir auch die Belange der Feuerwehr, mit der ich in engem Kontakt stehe. In Sistig konnten wir kürzlich ein neues, hervorragend ausgestattetes Tankfahrzeug anschaffen.

Was auffällt: Kall ist offen. Es gibt eine sehr gute Flüchtlingsarbeit, es gibt ein Engagement gegen Rassismus. Was hat sich unter Ihrer Führung getan?

ESSER: In der Flüchtlingsarbeit sind nach wie vor zwei Kräfte beschäftigt. Wir haben den Bedarf natürlich den Umständen angepasst. Aktuell sind wir bemüht, die Qualität der Unterkünfte zu erhöhen. Diese haben sich seit 2016, also seit der großen Flüchtlingswelle, bereits extrem verbessert. Die Geflüchteten werden zudem dezentral untergebracht. Und natürlich machen wir uns auch in Sachen Rassismus stark – und zwar mit Unterstützung und teilweise sogar auf Initiative der örtlichen Politik. Die Ratsfraktionen stehen beispielsweise geschlossen hinter der Euskirchener Erklärung. Und auch bei den jährlichen Gedenkveranstaltungen an die Pogromnacht gibt es immer viel Unterstützung seitens der Politik.

Bei Ihrem Antritt sprachen Sie auch davon, die Bürger am politischen Geschehen zu beteiligen.

ESSER: Wir hatten zwei Bürgerversammlungen bezüglich des Ausbaus der Aachener Straße in Kall und der Oberstraße in Golbach. Bei beiden ist es uns gelungen, mit den Bürgern auf einen gemeinsamen Nenner zu kommen. Wir sind für die Ideen und Anliegen der Bürger offen. Das zeigt beispielsweise der geplante Bau eines Mountainbike-Parcours in Kall. Die Idee hatten Jugendliche aus dem Ort. Wir haben uns das angehört und waren begeistert von dem Engagement der Jugendlichen. Der Bauantrag läuft, braucht aber natürlich ein bisschen Zeit.

Unter Ihrer Regie ist das Thema Klimaschutz wieder stärker in den Fokus gerückt. Wie kam es dazu?

ESSER: Das liegt auch an meiner Vergangenheit: Ich bin gelernter Energiewirtschaftler. In meinem alten Job habe ich mich schon vor vielen Jahren mit CO2-Emissionen beschäftigt. Wir beteiligen uns unter anderem am Kreisprojekt „Klimafolgen-Anpassung“. Unsere Schwerpunkte liegen zum einen im Bereich Forst, zum anderem im Bereich Hochwasser und Starkregenereignisse. Wir haben in meiner Amtszeit mit den Hochwasserschutzmaßnahmen in Scheven angefangen, das wurde vonseiten der Gemeinde aktiv vorangetrieben. Die beiden Rückhaltungen sind fertiggestellt und geben den Bürgern ein gutes Stück Sicherheit. Die Gemeinde Kall wurde für ihre zahlreichen Maßnahmen zum Klimaschutz bereits mit dem European Energy Award in Silber ausgezeichnet.

Wenn Sie heute entscheiden müssten: Würden Sie erneut kandidieren?

ESSER: Ja natürlich. Man lebt nur einmal und wenn so eine Chance sich ergibt, muss man zugreifen. Natürlich ist das Amt arbeitsintensiv. 50 Stunden pro Woche sind das absolute Minimum – Wochenendtermine noch nicht eingerechnet. Aber die Arbeit macht Freude und man kann etwas bewegen.

1000 Tage im Amt ist eigentlich ein Grund zu Feiern. Das wird durch Corona aber erschwert.

ESSER: Ich hoffe, dass wir bald wieder zur Normalität zurückkehren und in weiteren 1000 Tagen entspannt auf die jetzige Zeit zurückblicken.

Das Gespräch führte Thomas Schmitz
von der Agentur ProfiPress