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„Man hilft – oder lässt es sein“

NRW-Heimatministerin auf Hochwasser-Wiederaufbau-Sightseeing in Mechernich – Umfassende Informationen und persönliche Begegnungen

Mechernich/Kommern/Satzvey – Seit Monaten hat Anita Thiemons (80) aus Kommern ihr Zuhause teilweise und tagsüber in ihre Garage verlegt. Sie ist seit dem verheerenden Bleibachhochwasser in der Nacht vom 14. auf den 15. Juli 2021 – zumindest was das von Schmutzwasser überflutete Erdgeschoss betrifft – teilobdachlos.

Bad und Schlafzimmer befinden sich im verschonten Obergeschoss, unten laufen Tag und Nacht die Bautrockner, um Fußboden und Wände zu entfeuchten – und heizen gleichzeitig die oberen Zimmer. Seit vier Monaten!

NRW-Heimatministerin Ina Scharrenbach (2.v.l.) in der „neuen Heimat“ der Kommerner Rentnerin Anita Thiemons (2.v.r.). Sie wohnt tagsüber in ihrer Garage, wo sie auch Söhne und Enkel bekocht, seit ihr Erdgeschoss in der Nacht auf den 15. Juli vom Bleibach überflutet wurde. Foto: Manfred Lang/pp/Agentur ProfiPress

Die Garage ist jetzt Küche und Wohnzimmer zugleich. Je nach augenblicklicher Familiensituation und Bedürftigkeit bekocht die rüstige 80jährige dort Söhne und Enkel. Am Samstag gesellten sich NRW-Heimatministerin Ina Scharrenbach und Mechernichs Bürgermeister Dr. Hans-Peter Schick zu Anita Thiemons in die mit einer durchsichtigen Plastikplane abgespannte neue Heimat.

Ortsbürgermeisterin Heike Waßenhoven und NRW-Ministerin Ina Scharrenbach an der Baustelle der neuen Satzveyer Brücke über den Veybach. Foto: Manfred Lang/pp/Agentur ProfiPress

Enkel und Freundin aus München waren gerade zu Besuch, auch der Kommerner Ortsbürgermeister Rolf Jaeck „setz sich erömm“, wozu ihn die bereits vom Kommerner Hochwasser 2016 schwer geschädigte Rentnerin einlädt.

Überblick am Puzzletisch

Ministerin Scharrenbach machte sich am Samstagmittag nach einer Wiederaufbaukonferenz in Bad Münstereifel vor Ort im Mechernicher Rathaus, in Kommern und Satzvey ein Bild von der Nach-Hochwasser-Lage am Bleiberg. Als leid- und beratungserprobte Guides dienten die Ortsbürgermeister Heike Waßenhoven (Satzvey) und Rolf Jaeck. Erster Beigeordneter Thomas Hambach hatte eine umfassende PowerPoint-Präsentation vorbereitet und gab einen Überblick.

Stadtbrandmeister Jens Schreiber zeigt das Feuerwehrgerätehaus Kommern, das nach der Flut ebenso wie das Feuerwehrhaus in Bleibuir abgerissen und an anderer Stelle (unterhalb des Kommerner Sportplatzes) neugebaut werden muss. Foto: Manfred Lang/pp/Agentur ProfiPress

Bürgermeister Dr. Hans-Peter Schick, der zuvor schon bei der Münstereifeler Hochwasserkonferenz mit dabei war, fügte die Puzzlesteine, die Ina Scharrenbach nach und nach sammelte, zu einem Gesamtbild in der Stadt Mechernich zusammen: „Wir sind diesmal sicher im Vergleich zu Nachbarkommunen mit einem blauen Auge davongekommen, aber 2016 gab es schon einmal ein starkes Hochwasserereignis im Stadtgebiet Mechernich. Viele Bürgerinnen und Bürger am Bleibach in Kommern sind heute noch mit der Abbezahlung der damaligen Schäden belastet, denn vor fünf Jahren gab es keine staatliche Wiederaufbauhilfe.“

Erster Beigeordneter Thomas Hambach hatte eine umfassende Powerpoint-Präsentation vorbereitet und gab der Ministerin einen Überblick der Schäden und Baustellen in der Stadt Mechernich. Foto: Manfred Lang/pp/Agentur ProfiPress

Schick sprach sich für schnelle und effektive Hilfen des Landes für einzelne betroffene Bürger und die Kommune aus. 2215 Soforthilfeanträge wurden bereits gestellt, rund 3,3 Millionen an Mechernicher Bürger ausgezahlt. Der Schaden an städtischer Infrastruktur wird auf zwölf Millionen Euro beziffert.

Die Delegation um NRW-Heimatministerin Ina Scharrenbach auf der bereits neugebauten Fußgängerbrücke in Satzvey. Foto: Manfred Lang/pp/Agentur ProfiPress

Dass das Online-Formular speziell für ältere Leute zu kompliziert auszufüllen sei, wie die Satzveyer Ortsbürgermeisterin Heike Waßenhoven bemerkte, brachte die Heimatministerin in Rage: „Sagen Sie mir, welche Seite oder welchen Punkt ich weglassen soll – und ich tue es…“ Auch ältere Leute seien „meistens nicht allein auf der Welt“ und niemand brauche sich einen PC oder Laptop anzuschaffen, um den Antrag auszufüllen, so Ina Scharrenbach. Dabei gebe es sicher Hilfe im Bekanntenkreis…

Mit Laptop von Haus zu Haus

„In Kommern ist es der Ortsbürgermeister, der mit seinem Laptop unter dem Arm von Haustür zu Haustür geht“, berichtete der Bürgermeister der Ministerin. Rolf Jaeck winkte bescheiden ab: „Entweder man hilft oder man lässt es sein…“

Zur kleinen Begleitmannschaft der NRW-Politikerin gehörte auch Stadtbrandmeister Jens Schreiber, der unter anderem vor Ort das Feuerwehrgerätehaus Kommern zeigte, das ebenso wie das Feuerwehrhaus in Bleibuir von der Juli-Flut so stark in Mitleidenschaft gezogen wurde, dass es abgerissen und an anderer Stelle (unterhalb des Kommerner Sportplatzes) neugebaut werden muss.

Beim Neubau eines in Kommern weggeschwemmten Gebäudes hilft auch dieser freundliche Nachbar… Es ist der bekannte Kinderliedermacher Uwe Reetz. Foto: Manfred Lang/pp/Agentur ProfiPress

Insgesamt sind 30 kommunale Gebäude von Flutschäden betroffen, so Erster Beigeordneter Hambach, die Schadenssumme belaufe sich auf knapp fünf Millionen Euro. An Wasserläufen, im Leitungsnetz und auf Wirtschaftswegen – insbesondere Totalschäden an Brückenbauwerken – bezifferte der stellvertretende Verwaltungschef rund 200 Schadstellen mit Wiederherstellungskosten von ebenfalls knapp fünf Millionen.

Ohne Umschweife macht sich NRW-Heimatministerin Ina Scharrenbach im überfluteten Erdgeschoss dieses Fachwerkhauses ein Bild von den Überschwemmungsfolgen in Kommern. Christoph Thiemons gibt ihr bereitwillig Auskunft. Foto: Manfred Lang/pp/Agentur ProfiPress

Allein mit „sieben bis zehn Millionen“ gab Patricia Gräfin Beissel der NRW-Heimatministerin und dem Bürgermeister in Satzvey die Schäden an der historischen Wasserburg an. Genau wie auch die Stadt Mechernich ist die gräfliche Familie allerdings gegen Elementarschäden versichert. Bürgermeister Dr. Hans-Peter Schick sprach sich für eine solche Versicherung aller Städte und Gemeinden aus.

Pflichtversicherung

Er hatte unmittelbar nach der Flut keinen Hehl daraus gemacht, dass er für eine Pflichtmitgliedschaft aller Immobilieneigentümer und Nutzer in einer solchen Versicherung plädiert – einer Art Solidaritätsfonds, in die alle einbezahlen und aus der Sturm- und Hochwasseropfer entschädigt werden.

Lebhaft plädierte Mechernichs Bürgermeister Dr. Hans-Peter Schick für Mittel aus dem Aufbaufonds für private Vorsorgemaßnahmen und eine Solidarversicherung aller gegen Elementarschäden. Foto: Manfred Lang/pp/Agentur ProfiPress

Gegenüber Ministerin Scharrenbach sprach sich Dr. Hans-Peter Schick am Samstag zusätzlich für umfassende Hochwasserschutzmaßnahmen entlang der Bachläufe  aus – „und zwar vor den Ortslagen“. Durch die Orte und Dörfer selbst solle man hingegen einen möglichst raschen und unbehinderten Durchfluss ermöglichen.

Auf der historischen Wasserburg Satzvey berichtet Patricia Gräfin Beissel von Millionenschäden. Aber man ist versichert – ebenso wie die Stadt Mechernich. Foto: Manfred Lang/pp/Agentur ProfiPress

Retentionsflächen müssten die Gebietskörperschaften nicht zwangsläufig erwerben, sondern die Landwirte, denen sie gehören, im Nutzungsfall, also nach Hochwasser, „großzügig entschädigen“. Schick fragte bei der Ministerin auch ausdrücklich nach, dass auch private Vorsorgevorkehrungen gegen Hochwasser aus dem Wiederaufbaufonds gedeckt werden – ebenso der Grunderwerb für die Feuerwehrhausneubauten in Bleibuir und Kommern.

Bürgermeister Dr. Hans-Peter Schick, der zuvor schon bei der Münstereifeler Hochwasserkonferenz Ina Scharrenbachs mit dabei war, sagte der Ministerin in der Stadt Mechernich: „Wir sind diesmal sicher im Vergleich zu Nachbarkommunen mit einem blauen Auge davongekommen, aber 2016 gab es schon einmal ein starkes Hochwasserereignis im Stadtgebiet Mechernich. Viele Bürgerinnen und Bürger am Bleibach in Kommern sind heute noch mit der Abbezahlung der damaligen Schäden belastet, denn vor fünf Jahren gab es keine staatliche Wiederaufbauhilfe.“ Foto: Manfred Lang/pp/Agentur ProfiPress

Es dauert aber alles, manchen geht es nicht schnell genug. Anita Thiemons (80) hat das Leben hingegen Geduld gelehrt, sagt sie ohne Klagen der Ministerin in ihrer Wohnküchengarage: „Die Bautrockner laufen jetzt seit vier Monaten Tag und Nacht, aber es ist noch immer feucht. Ich rechne damit, dass es Juni wird, ehe wir unten wieder einziehen und alles ist wie vorher…“

pp/Agentur ProfiPress