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Feridun Zaimoglu und seine Frauen

Der Bestseller-Autor katapultiert die Lit.Eifel-Gäste mit seinem feministischen Manifest in die Zeit und das Leben von Lore Lay und Leyla

Nideggen – Es sind nicht allein die literarisch ausgewogenen Zeilen und Wörter der Werke, vorgelesen von den Autoren selbst, die einen solchen Lit.Eifel-Abend wie den von Feridun Zaimoglu im Nideggener Burgenmuseum ausmachen. Sondern es sind auch die Zwischenzeilen, das Lupfen eines Vorhangs, der den Blick auf ein Dahinter freigibt und die Geschichte hinter der Geschichte entdecken und den Abend zu einem feinen Juwel werden lässt.

Zaimoglu hat zwei Frauen mit nach Nideggen gebracht. Nicht wirklich real, sondern nur sprichwörtlich, genauer gesagt mit den ausgewählten Kapiteln seines jüngsten Werkes „Die Geschichte der Frau“. Die er nicht nur einfach so zu Gehör bringt, nein, Zaimoglu inszeniert und zelebriert seine Lesung, wählt ungewöhnliche Melodien und Pausen für seine Sätze – passend abgestimmt auf seine Figuren und auf die Zeit, in der sie lebten. Er hebt die Hände, schwingt sie mit den Zeilen mit.

Feridun Zaimoglu begeisterte die Zuhörer bei der Lit.Eifel-Lesung im Nideggener Burgenmuseum. Foto: Kirsten Röder/pp/Agentur ProfiPress

Ehrlich gesagt ist man zu Beginn ein wenig irritiert angesichts der andersartigen Betonung, es ruckelt einen die ersten Sätze innerlich auf und durch, wie in einer Zeitmaschine. Lässt man sich darauf ein, fragt man sich noch – doch längst ist man schon angekommen, wahrscheinlich genau da, wo Zaimoglu einen hinbringen wollte: Nah dran.

An Lore Lay und Leyla. Die eine Wäscherin aus Bacharach am Rhein, die andere Gastarbeiterin in Berlin. Zaimoglu erzählt in der Ich-Perspektive die Geschichten hinter den Namen der Protagonisten. Als ein „feministisches Manifest“ und „ein unverfrorenes Bekenntnis zur Notwendigkeit einer neuen Menschheitserzählung“.

Mit der Identität brechen

Das sei schon längst überfällig gewesen. Frauen taugten in früheren Zeiten der Literatur „nur als Assistenzfigur oder Randfigur“, erklärte er.

Ehrlich gesagt ist man ein wenig irritiert angesichts der andersartigen Betonung Zaimoglus, es ruckelt einen die ersten Sätze innerlich auf und durch, wie in einer Zeitmaschine – und so führt er direkt in vergangene Zeiten zu Leyla und Lore Lay. Foto: Kirsten Röder/pp/Agentur ProfiPress

Er habe in seinem Werk, das am Weltfrauentag erschien, eine andere Sicht einzunehmen versucht – quasi mit Haut und Haar. „Ich bin tatsächlich davon überzeugt, dass man mit den Mitteln der Literatur, mit den Mitteln der deutschen Sprache und der Sprachpracht, mit seiner Identität und seinem Geschlecht brechen kann.“

Man spürte, dass er die Sprache liebt. Aus Liebe habe er auch mit dem Kapitel „Leyla“ die Lebensgeschichte seiner eigenen Mutter widergegeben, die er zunächst auf Tonband aufgenommen und dann schriftlich für die Ewigkeit festgehalten hatte. Nicht eins zu eins, sondern gestrafft und ein bisschen fiktionalisiert. „Nichts ist langweiliger als Identität“, betont der Autor.

Auch nach der Lesung ging es gemütlich weiter: Feridun Zaimoglu plauderte noch lange und angeregt mit den Lit.Eifel-Gästen. Foto: Kirsten Röder/pp/Agentur ProfiPress

Die Zuschauer lauschen dem Autor gespannt. Nach der Lesung werden sofort einige Handys gezückt, um noch schnell ein Foto mit Zaimoglu zu ergattern. Etliche seiner Bücher wurden ihm vorgelegt, damit er sie noch alle signiert. „Ich freu mich schon auf das nächste Buch“, sagte dabei Anne Cerebe, die mit ihrem Lebensgefährten Achim Jaeger zur Lesung gekommen ist – und sowieso freiwillig keine Veranstaltung in der Region des Schriftstellers ausfallen lässt.   

Ganz privat plauderten die Lit.Eifel-Gäste noch lange mit ihm – über Gott und die Welt, sein Autorenleben, seine Werke, die Macht der Herkunft, differenzierte Ansichten und über das, was Heimat ausmacht.

Man gab ihm sogar Anregungen für neue Bücher („sie könnten ja auch mal über die zehn Frauen aus dem jetzigen Buch aus Sicht der Männer schreiben“) mit auf den Heimweg. „Darüber denke ich definitiv mal nach“, prophezeite er.  

pp/Agentur ProfiPress