Geschichte(n) gesammelt
DRK-Museum Vogelsang erhält 100 Alben mit Briefen und Dokumenten – Unerschöpfliche Quelle für Historiker, um über die Geschichte des Roten Kreuzes zu forschen – Sammlung gilt als eine der weltweit größten – Ältestes Stück stammt aus dem Jahr 1800 – Das Rote Kreuz im Kreis Euskirchen macht Dokumente für Öffentlichkeit zugänglich
Schleiden-Vogelsang – Jahrzehntelang schlummerten die historisch wertvollen Dokumente in Kartons. Jetzt werden sie der Öffentlichkeit durch das Rote Kreuz im Kreis Euskirchen zugänglich gemacht.
Es ist ein wahrer Schatz, den das Rotkreuzmuseum in Vogelsang vor kurzem übernehmen durfte. Dabei ist es nicht allein der Umfang der Sammlung von Rotkreuz-Briefmarken, der dem Konvolut eine besondere Bedeutung gibt. Denn die 100 Alben enthalten viel mehr als nur kleine bunte Zettelchen, sondern auch Feldpostbriefe, Dokumente, Briefe und vieles anderes mehr. Sie sind damit eine unerschöpfliche Quelle für Historiker, die über die Geschichte des Roten Kreuzes forschen.
Die Sammlung, die als eine der weltweit größten gilt, wurde zusammengestellt von dem niederländischen Philatelisten Cecil David Ricardo. Ab den 1920-er Jahren hatte er begonnen, Briefmarken zu sammeln und dabei auch das Thema „Rotes Kreuz“ gewählt. Bis zum 100. Geburtstag des Roten Kreuzes im Jahr 1963 setzte er seine Sammlung fort. Dann gab er den größten Teil seiner Sammlung an das Museum für Kommunikation und Postwesen in Den Haag und alles, was sich mit dem Roten Kreuz befasste, an das niederländische Rote Kreuz. Daran knüpfte er die Maßgabe, die Sammlung zu bewahren, sie zu vervollständigen und der Öffentlichkeit zugänglich zu machen.
„Der letzte Punkt war für das niederländische Rote Kreuz nicht möglich“, berichtet Rolf Zimmermann, Spiritus rector des DRK-Museums in Vogelsang, der seit sieben Jahren enge Kontakte zu den Kollegen im Nachbarland pflegt. Deshalb seien dessen Vertreter im vergangenen Jahr auf ihn zugekommen, um zu fragen, ob er die Sammlung für das Vogelsanger Rotkreuz-Museum übernehmen wolle.
Auf nach Den Haag
So machte sich Zimmermann im vergangenen November auf den Weg nach Den Haag. „Ich dachte, jetzt kommen lange Verhandlungen, doch ich wurde dann in ein Büro geführt, in dem einige Kartons standen, bereit zum Mitnehmen“, schmunzelt er. Eine recht unfeierliche Übergabe, die eigentlich beim Rotkreuztag am 8. Mai mit offiziellen Vertretern in würdigem Rahmen nachgeholt werden sollte. Doch Corona machte diese Planung zunichte. Nun solle der offizielle Akt im nächsten Jahr nachgeholt werden, kündigte Zimmermann an.
Auch die Entstehungsgeschichte der Hilfsorganisation spiegelt sich in den Dokumenten des Philatelisten. Ältestes Stück ist ein Brief aus dem Jahr 1800, der aus der Zeit der Napoleonischen Kriege stammt. Verfasst hat ihn der damalige französische Kriegskommissar Bénard und befasst sich mit dem Unterhalt der Militärhospitale in Schongau, Bayern.
Briefe aus dem Krimkrieg 1856 oder von der berühmten englischen Krankenschwester Florence Nightingale oder Clara Barton finden sich ebenfalls in der Sammlung, deren humanitäres Engagement auf den Schlachtfeldern des amerikanischen Bürgerkrieges berühmt wurde. „Allein im Ersten Weltkrieg wurden 14 Millionen Gefangenenbriefe über das Rote Kreuz ausgetauscht“, beschreibt Zimmermann die Dimensionen.
Seiten halten Überraschungen bereit
Natürlich sind diese nicht alle in der Sammlung enthalten. Doch die Seiten halten viele Überraschungen bereit. Außer der Mitteilungen der Menschen, die es in Krisenzeiten gibt, sind auch Rotkreuzbriefmarken aus aller Welt zu sehen. Dazu gehören nicht nur die deutschen Besatzungsgebiete aus dem Zweiten Weltkrieg, sondern auch Länder wie die Bahamas oder die Caymans. Hinzu kommen alle die Arbeitsgebiete, auf denen das Rote Kreuz in der Welt aktiv ist. Und sogar die Eifel findet sich in der Sammlung. Zwei Postkarten aus dem Ersten Weltkrieg stehen in den liebevoll arrangierten Album-Seiten nebeneinander, die nach Trier und nach Gemünd adressiert sind.
Die Sammlung Ricardo soll nicht unbeachtet in den Regalen im Rot-Kreuz-Museum in Vogelsang ruhen. „Wir fangen jetzt an, die Karten historisch aufzuarbeiten“, kündigt Rolf Zimmermann an. Bisher seien die Alben gescannt und teilweise auch sortiert worden. Doch gerade im musealen Kontext gebe es viele Ansätze zu einer weitergehenden Recherche, denn hinter den dürren Worten, die ein Kriegsgefangener mittels des Roten Kreuzes an seine Angehörigen schreiben durfte, verbirgt sich oft eine Geschichte.
Sonderausstellungen sollen folgen
Zu sehen ist aktuell ein kleiner Teil der Sammlung in einem Raum des Humanitariums in Vogelsang. Weitere Sonderausstellungen sollen folgen, so Zimmermann. Geöffnet ist das Humanitarium, Vogelsang 70, genau wie das DRK-Museum im „Haus Nordrhein“ samstags, sonntags und an Feiertagen von 10 bis 17 Uhr.
pp/Agentur ProfiPress