Ein Dorfbackes für Kallmuth
Jana Orrin möchte mit Gleichgesinnten gemeinschaftlich Brot backen und so an altes Dorfleben anknüpfen – Über Spendenaufrufe soll ein Holzbackofen finanziert werden
Mechernich-Kallmuth – Archäologen haben die Angewohnheit, sich in die Tiefen vergangener Zeiten zu graben. In Kallmuth brauchte es dafür nur den Gang in den Keller des über 180 Jahre alten Dorfgasthauses in der Sankt-Georg-Straße 1. Dort entdeckten die studierten Feldarchäologen Jana und Joel Orrin einen alten Holzbackofen.

„Eine heute zugemauerte Tür deutet daraufhin, dass der vermutlich auch als Dorfbackes genutzt wurde“, sagt Jana Orrin auf dem Weg zum Fundstück. Dort angekommen leuchtet sie mit ihrer Taschenlampe in den Backraum und es hat den Anschein, als würde die Hausherrin am liebsten sofort einige Laibe Brot einschieben. „Leider ist der Backofen nicht mehr zu retten – zu aufwändig und zu teuer“, sagt die 42-Jährige mit einer gehörigen Portion Wehmut in der Stimme.

Backen mit viel Herzblut
Nur allzu gerne hätte die leidenschaftliche Hobby-Bäckerin den alten Ofen wieder in Betrieb genommen, um gemeinsam mit Nachbarn und Freunden die Tradition des Dorfbackes wiederzubeleben – also an einem festen Tag in der Woche gemeinsam Brote oder jahreszeitliche Kuchen zu backen. Das wird im Keller zwar nicht gehen, aber so leicht wollen die Kallmuther nicht aufgeben. Daher hat Nachbarin Henrike Berners eine Crowdfunding-Aktion gestartet (https://www.ecocrowd.de/projekte/janas-dorfbackofen/), damit ein Holzbackofen für das Dorf angeschafft werden kann. Auch ein Spendenkonto wurde eingerichtet (IBAN: DE95 3826 0082 0214 2400 33).

Noch sind die rund 3.650 Euro für den Backes zwar noch nicht zusammen, aber viele im Dorf rühren kräftig die Werbetrommel. Vor allem die, die von den köstlichen Broten und Brötchen bereits kosten durften, die Jana Orrin seit Jahren mit sehr viel Herzblut backt. Dabei setzt sie auf Sauerteig, der bereits eine Art Familienmitglied geworden ist. „Der war sogar mit im Urlaub auf einem Campingplatz in Kroatien“, sagt die vierfache Mutter lächelnd.

„FC Bolz Brötchen“
Man spürt, dass das Brotbacken wirklich ihre Leidenschaft ist. Über Jahre hat sie sich viel Wissen über das althergebrachte Backen angeeignet. Vieles von dem, was sie weiß, hat sie aus dem Plötzblog. Dort nähert sich der Geologe Lutz Geißler sehr akribisch und nahezu wissenschaftlich der Kunst des alten Brotbackens. Was dort Schwarz auf Weiß steht, setzt Jana Orrin in Kallmuth nach Lust und Laune um. So entstehen dunkle Bauernbrote, Dinkel-Kastenbrote oder Wurzelbrote. Auch Brötchen werden in der urigen Küche im einstigen Thekenbereich der ehemaligen Dorfgaststätte gebacken.

Für eine Sorte gibt es sogar schon einen Namen. Sie heißen „FC Bolz Brötchen“, weil sie von all denen gerne genascht werden, die sich freitags zum Fußballspielen in Kallmuth treffen. Ballspiele und Backkünste scheinen eine gute Mischung zu sein. Ansonsten mischt Jana Orrin, die an drei Tagen in der Woche in der Freien Feytal Schule in Satzvey kocht, vor allem regionale Biomehle zusammen, auch wenn es nicht immer ganz leicht ist, gutes Mehl zu bekommen. Kein Wunder also, dass die Holzkiste neben der Küche, in denen große Säcke mit verschiedenen Mehlen lagern, wie ein kleiner Schatz gehütet wird.

Das Wissen über den Inhalt und darüber, wie mit diesen Mehlen, mit Wasser und Sauerteig köstliche Backwaren entstehen, würde sie künftig aber gerne teilen. Dafür soll der Holzbackofen im Hof des ehemaligen Gasthauses Wirklichkeit werden. Dann möchte Jana Orrin gemeinsam mit der Dorfgemeinschaft Brot, Brötchen und Kuchen backen und so gemeinsam an altes Dorfleben anknüpfen.

pp/Agentur ProfiPress