Teures Trinkwasser für grünen Rasen?
Stadtwerke Mechernich appellieren an Bürger im Garten bewusster zu wässern, um Wasserverbräuche in heißen Sommermonaten nicht auf die Spitze zu treiben – Zahl der Gartenwasserzähler steigt – In langen Trockenzeiten könnte Löschwasser fehlen – Beschluss im Ausschuss für langfristige Trendumkehr
Mechernich – „Wissen Sie, wie viel da durch geht, wenn Sie den nur eine Stunde laufen lassen? Mario Dittmann, Betriebsleiter der Mechernicher Stadtwerke, hält den Mitgliedern des Betriebsausschusses einen handelsüblichen Rasensprenger entgegen und schiebt die passende Antwort gleich hinterher: „Rund 800 bis 1.000 Liter pro Stunde.“
Und das sei nicht irgendein Wasser, sondern in der Regel „teuer produziertes, hochwertiges Trinkwasser“, das da aus der Leitung, respektive aus dem Schlauch fließe. Das Fatale: Wer eigens zum Wässern einen Gartenwasserzähler installiere, bekomme das hohe Gut sogar noch billiger, erklärt der Betriebsleiter. Weil über diesen Weg die Kanalabwassergebühren entfallen. Pro Kubikmeter Wasser bedeute das für den Kunden 3,40 € pro Kubikmeter an Ersparnis. So aber werde fleißig noch mehr gewässert.
Und nicht zu knapp, das macht Dittmanns Praxisbeispiel deutlich: „Der Spitzenreiter hat 1.048 Liter Wasser pro Quadratmeter über den Garten-Wasser-Zähler verbraucht. Hier waren dies 493.000 Liter für 470 Quadratmeter Gartenfläche. Dieser Garten muss ein Feuchtbiotop sein“, so Dittmann. Insbesondere wenn man berücksichtigt, dass in einem extrem kurzen Zeitraum, nur während der heißen Sommermonate das kühle Nass im Garten verteilt wird.
Für Dittmann ein Unding: „So viel zu wässern ist überhaupt nicht notwendig. Das hochwertige Trinkwasser versickert einfach ungenutzt im Erdreich.“ Ein Baum beispielsweise brauche in harten Dürrezeiten maximal 60 bis 80 Liter pro Woche – mehr nicht. Gras erhole sich meist schon mit dem nächsten Regenschauer. Er appelliert, wenn überhaupt, bewusster oder sogar besser noch mit Regenwasser zu wässern.
50.000 Gießkannen
„Es kann nicht sein, dass ein Einfamilienhaus mit vier Personen durchschnittlich 120 Kubikmeter Trinkwasser innerhalb eines Jahres verbraucht – zum Beispiel für Kochen, Waschen, Duschen und Toilettenspülungen – und weitere 500 Kubikmeter in den Garten gehen. Das sind 50.000 prall gefüllte 10-Liter-Gießkannen“, macht Dittmann die Ausmaße deutlich. Die Menge sei einfach unverhältnismäßig und das Maß bei vielen überschritten.
Die Zahl der Gartenwasserzähler in Mechernich ist den vergangenen zwei Jahren stetig gestiegen. Von 11.000 Haushalten im Stadtgebiet haben laut Stadtwerke aktuell 1.000 Haushalte einen Zwischenzähler. Der Einbau kostet rund 300 Euro durch einen Installateur und muss alle sechs Jahre erneuert werden. „Das Problem sind aber nicht die Wasserzähler an sich, sondern der Verbrauch in diesen Spitzenzeiten selbst zwingt uns in die Knie“, erklärt der Betriebsleiter.
Bei seinem Appell, bewusster mit Trinkwasser umzugehen, hat er deshalb die Versorgungssicherheit im Blick: „Wenn der Wasserverbrauch weiter steigt, könnte es passieren, dass zu einem Zeitpunkt X nicht genügend Löschwasser zur Verfügung. Vor allem morgens und abends.“ Die üblichen Zwischenspeicher, mit denen nicht nur Trink- und Löschwasser für den kurzfristigen Mehrbedarf vorgehalten werden, reichen dann nicht mehr aus. „Wenn der Pegel zu schnell sinkt, kommen die Pumpen in den Wassergewinnungsanlagen nicht mehr hinterher und die Zwischenspeicher laufen für kurze Zeit leer“, erklärt er die Not. Die trockenen Sommer würden das Problem zusätzlich verschärfen.
Die Stadtwerke Mechernich können die Entwicklung mit konkreten Zahlen belegen. An Verlaufsdiagrammen, die tages- und stundengenau abgerufen werden können, sind die Verbräuche und Spitzenzeiten exakt zu orten. Dittmann sagt: „Die Diagramme zeigen uns klar, dass wir in den langen Trockenzeiten mit unserer Wasserkapazität in Grenzbereiche reinkommen und somit Engpässe auftreten könnten.“ Mechernich stünde nicht alleine da. Auch andere Kommunen im Kreis Euskirchen hätten das Problem der Verbrauchsspitzen.
Trendumkehr erzielen
„Wir müssen jetzt an zukünftige Jahre denken und eine Trendumkehr erreichen“, konstatiert Dittmann. Durch den Mechernicher Betriebsausschuss wurden jetzt einstimmig erste Maßnahmen für 2021 beschlossen. Die maximal anerkannte Menge, die über den Gartenzähler laufen darf, wird demnach auf 25 Kubikmeter Wasser pro Jahr pro Grundstück festgelegt. Was darüber liegt, wird dann mit dem normalen Preis abgerechnet, also mit 1,11 Euro für Trinkwasser pro Kubikmeter zzgl. 3,40 € Kanalbenutzungsgebühr pro Kubikmeter.
Auch der Betrieb von Ringleitungen oder Rasensprenganlagen über den Gartenwasserzähler ist grundsätzlich untersagt. „Was viele nicht wissen ist, dass auch die Befüllung von Swimmingpools oder Teichen über den extra Zähler laut Landeswassergesetz verboten ist“, so Dittmann. Mit dem Beschluss bleiben in Mechernich außerdem weiterhin nur die festinstallierten Gartenwasserzähler erlaubt.
pp/Agentur ProfiPress