„Leider gibt es kein Gesetz…“
Bürger forderten eine Lösung für das zu klein gewordene Dorfgemeinschaftshaus – Neubau für AWO-Kita in Firmenich – „Feuerfest“ könnte zum Recyclinghof mutieren – Stadtverwaltung stand Rede und Antwort
Mechernich/Firmenich-Obergartzem – Wie entwickelt sich die Kindergartensituation im Doppelort? Was passiert mit dem Dorfgemeinschaftshaus? Wie geht man mit der ungeliebten Industriebrache Feuerfest um? Werden neue Wohngebiete ausgewiesen? Hält die Kreuzung an der B266 auch zukünftig den Verkehrsbelastungen stand?
Für die Bürgerversammlung in Firmenich-Obergartzem standen viele Themen und Fragen auf der Agenda. Das Interesse war groß, das Dorfgemeinschaftshaus daher prall gefüllt. Viel wurde die vergangenen Wochen im Doppelort diskutiert. Eingeladen hatten die Ortsvorsteher des Doppelortes, Franz Josef Keus und Toni Schröder. Von der Stadtverwaltung standen Bürgermeister Dr. Hans-Peter Schick, Beigeordneter Thomas Hambach, Kämmerer und Dezernent Ralf Claßen und Stadtplaner Thomas Schiefer Rede und Antwort.
Vorgestellt wurde der Neubau eines weiteren AWO-Kindergartens. Ursprünglich hatten Firmenicher und Obergartzemer gehofft, dass der Kindergarten das bestehende Dorfgemeinschaftsdomizil zusätzlich zum bisherigen Standort bezieht – und dafür dann ein neuer Bürgertreffpunkt an anderer Stelle gebaut werden könnte. Doch die Stadt hat nach Mitteilung der neusten Bedarfserhebung durch das Kreisjugendamt den Neubau einer viergruppigen Einrichtung an anderer Stelle in Firmenich vorgeschlagen. Ursprünglich war vorgesehen, die vorhandene dreigruppige Einrichtung um zwei weitere Gruppen zu ergänzen. Dazu sollte das Dorfgemeinschaftshaus entsprechend umgebaut werden. An anderer Stelle war dann der Neubau eines Dorfgemeinschaftshauses vorgesehen.
Notwendig sei die umfangreichere Erweiterung geworden, da der Bedarf an Kindergartenplätzen im Doppelort wie im Mechernicher Stadtgebiet insgesamt weiter steige, erklärte Claßen. Vier zusätzliche Gruppen sind am neuen Standort veranschlagt, vor allem weil der Anteil der U3-Kinder größer werde und deshalb weniger Kinder in einer Gruppe betreut werden können. Außerdem brauche man zusätzlich noch Wickelräume und Schlafräume für die Kleinsten. An der Satzveyer Straße auf rund 6.600 Quadratmetern Fläche soll das neue Kita-Gebäude entstehen. Eine Bürgerin bat um eine Verkehrsberuhigung in der Straße, weil dort grundsätzlich zu schnell gefahren werde. Das werde man sorgfältig prüfen, sicherte die Verwaltung zu.
Was des einen Freud, ist des anderen Leid, denn so bleiben Vereine und Bürger auf dem Dorfgemeinschaftshaus „sitzen“. Das sei zwar seinerzeit sicherlich großzügig gebaut worden, „aber als wir noch viel kleiner waren“, so Keus. Heute reicht der Raum für Großveranstaltungen wie Kirmes und Karneval nicht mehr aus. Derzeit hilft man sich im Doppelort mit einem geliehenen Zelt. Ein weiteres Problem ist der Investitionsstau des in die Jahre gekommenen Gebäudes. Küche und Toiletten müssten dringend erneuert werden. Deshalb forderten die Bürger eine „kurzfristige Lösung“.
Keine Bürgerhalle „à la Kommern“
Keus betonte: Firmenich-Obergartzem sei mit den Erweiterungen Gewerbegebiet und Baugebieten arg gebeutelt. Es wäre daher schön, wenn man „auch mal etwas Positives für den Ort machen würde“. Sicher wolle man keine Bürgerhalle „à la Kommern“, aber es müsse dringend etwas passieren.
Da eine Entscheidung aber politischer Beschlüsse bedarf, Konnte Bürgermeister Schick „heute keine Zusage machen“. Er sehe aber sehr wohl, dass mit der zunehmenden Bebauung ein Bedarf an einem größeren Gemeinschaftsraum besteht. Ein größeres Gebäude müsse allerdings auch wirtschaftlich von der Dorfgemeinschaft getragen werden können. Er sicherte zu, dass die Stadtverwaltung eine mögliche Erweiterung prüfen werde. An ihn sei auch schon die Idee herangetragen worden, dass die Stadt ein Festzelt für alle Orte im Stadtgebiet anschaffe, für Spitzenzeiten, in denen der Saal zu klein ist, wie etwa an Kirmes und Karneval. Schick: „Eine Variante über die man auch nachdenken muss.“
„Leider gibt es kein Gesetz, das vorgibt, wieviel Quadratmeter ein Bürger für Sozialleben braucht“, bedauerte Elke Kläser, Vorsitzende des Vereinskartells. Dann würde man nicht lange hin und her diskutieren, sondern schnell ein größeres Gebäude bekommen. Thomas Wolff, Feuerwehrchef im Doppelort, warnte: „Wenn die Dorfgemeinschaft kaputtgegangen ist, dann brauchen wir das Gebäude nicht mehr.“ Mit einem moderneren Bau könne man sicher auch Zugezogene für die Gemeinschaft gewinnen.
Was wird aus „Feuerfest“?
Als dritter Siedlungsschwerpunkt nach Mechernich und Kommern wird der Doppelort vermutlich zukünftig sogar noch weiter wachsen. Die Stadtverwaltung berichtete davon, dass dem Zwangsverwalter der Feuerfest Siegburg, einer Industriebrache im Süden Firmenichs, Anfragen zur „gewerblichen Nutzung“, in dem Fall sogar zum Recycling von Kunststoff vorliege.
„Da gehen bei uns die Alarmglocken an“, konstatierte Schiefer. Feuerfest liege nur zweihundert Meter von einer Wohnbebauung entfernt. Die Stadt habe bereits Gespräche mit dem zuständigen Zwangsverwalter geführt, um die Fläche selbst zu erwerben. Das Problem seien die Altlasten des bis Mai 2013 tätigen Betriebes, der zuletzt spezielle Stoffe zur Auskleidung von Hochöfen produzierte.
Allein der Abriss und die Entsorgung des Hochbaus könnten einem Gutachten zufolge rund 1,3 Millionen Euro kosten, so Hambach. Damit wisse man aber noch nicht, was unter dem Gebäude alles vorzufinden ist. Umso wichtiger also, dass man einen erfahrenen Partner an der Seite habe, betonte Hambach. Man sei in Gesprächen mit dem „AAV“, einem landeseigenen Partner für Kommunen in Nordrhein-Westfalen, die häufig in Ballungsräumen tätig sind, um Industriebrachen zu rekultivieren.
Allerdings sei Voraussetzung für deren Einsatz, dass die Kommune Eigentümer der Fläche ist und außerdem zwingend ein Entwicklungskonzept für die Fläche vorliege. Denkbar wäre, die alte Industriebrache für Wohnbebauung zu nutzen und die Lücke zwischen der bisher im Flächennutzungsplan ausgewiesenen Wohnbauflächen zu schließen. Ortsvorsteher Keus zeigte sich zufrieden: „Wenn wir maßvoll ein weiteres Baugebiet hinzubekommen, dann ist das eine gute Sache.“
„B266“ hat reichlich Reserven
Fragen stellten die Bürger auch zum Bau von Hochwald im Gewerbegebiet III. Annahmen, dass die Kreuzung an der B266 verkehrstechnisch mit der Ansiedlung, die 300 Lkw-Anfahrten täglich mit sich bringt, überlastet sein könnte, konnte Schiefer jedoch mit einem Gutachten widerlegen. Die prognostizierten Verkehrszahlen für 2030 zeigten, dass trotz einem höheren Verkehrsaufkommen, reichlich Reserven an der Stelle bestehen.
Die Stadtverwaltung wird allerdings erneut Kontakt zu dem für den Bereich zuständigen Landesbetrieb „Straßen.NRW“ in Euskirchen aufnehmen, auf Bitten einer Bürgerin, die eindringlich warnte: „Fußgänger sind dort an der Ampel wirklich sehr gefährdet.“
pp/Agentur ProfiPress