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Lebensretter aufgehängt

Öffentliche Defibrillatoren jetzt auch am Feuerwehrgerätehaus in Bleibuir und an der Jugendhalle Bergbuir

Bleibuir/Bergbuir – Zwei weitere der für das Stadtgebiet Mechernich vorgesehenen 35 Defibrillatoren haben ihre angestammten Plätze in Bleibuir und Bergbuir eingenommen – und zwar einstweilen am Feuerwehrgerätehaus Bleibuir, das demnächst nach Lückerath umzieht, und an der Jugendhalle Bergbuir.

Löschgruppenführer Guido Esser und Ulrich Breuer von der Freiwilligen Feuerwehr sowie Klaus-Peter Peter Hoss vom Förderverein Alte Schule, dem nach der Renovierung vorgesehenen Stationierungsort des Bleibuirer Defibrillators, stellten den Herzimpulsgeber am Mittwochabend dem Mechernicher „Bürgerbrief“ vor.

Freuen sich über die Installation eines öffentlichen Defibrillators am Feuerwehrgerätehaus Bleibuir (v.r.): Klaus-Peter Hoß, Dorfgemeinschaft Bleibuir, Ulrich Breuer und Guido Esser, Freiwillige Feuerwehr. Foto: Manfred Lang/pp/Agentur ProfiPress
Freuen sich über die Installation eines öffentlichen Defibrillators am Feuerwehrgerätehaus Bleibuir (v.r.): Klaus-Peter Hoß, Dorfgemeinschaft Bleibuir, Ulrich Breuer und Guido Esser, Freiwillige Feuerwehr. Foto: Manfred Lang/pp/Agentur ProfiPress

„Wir hoffen, dass wir ihn nie brauchen werden, sind aber nun für den Notfall gerüstet“, sagte Guido Esser. „Dieses Projekt kann im doppelten Sinne als »Herzensangelegenheit« bezeichnet werden“, so Stadtbrandmeister Jens Schreiber bei der Vorstellung der großangelegten Defibrillatoren-Aktion im Stadtgebiet Mechernich vergangenen Herbst. Dem schloss sich auch Mechernichs Bürgermeister Dr. Hans-Peter Schick an.

„Wenn das Herz eines Menschen zu schlagen aufhört, geht es um jede Sekunde. Es ist ein Kampf gegen die Uhr, denn bereits nach vier Minuten können irreversible Schäden bei den Betroffenen entstehen“, sagte Jens Priewe, Facharzt Innere und Kardiologie und einer der ärztlichen Leiter des Rettungsdienstes im Kreis Euskirchen, damals im Mechernicher Stadtrat.

60.000 Tote jährlich

Jedes Jahr sterben dem Notfallmediziner zufolge deutschlandweit 60.000 Menschen am plötzlichen Herz-Kreislauf-Stillstand: „Das ist, als ob täglich ein Airbus abstürzt.“ Im Kreis seien pro Jahr rund 180 Bürger von diesem Schicksal betroffen. Dem Vorurteil, dass es sich bei den Betroffenen ausschließlich um betagte Menschen handelt, widersprach Priewe: „Da sind auch viele Jüngere dabei. Der letzte, den ich hatte, war 39. Das empfinde ich als einen Rieseneinschlag.“ Der Verstorbene sei Familienvater von drei kleinen Kindern gewesen.

„Es geht um Zeit“, betonte Jesko Priewe. Der Rettungsdienst habe die Richtlinie, in acht bis neun Minuten am Einsatzort zu sein, im ländlichen Mittel seien elf Minuten vorgegeben. „Wir wissen aber auch, dass die irreversiblen Schäden ab »Minute 3« einsetzen“, so der Facharzt: „Wenn elf Minuten nichts gemacht wurde, haben wir keine Chance, den Patienten zu retten.“ Deshalb komme gerade den Ersthelfern am Kollaps-Ort eine immense Bedeutung zu.

Dänemark, die Niederlande und Schweden seien Vorzeigebeispiele in Sachen Reanimation durch Ersthelfer und Laien. „Diese Länder haben Laienhelferquoten von rund 70 Prozent“, so Priewe. Dänemark zum Beispiel habe mit eigentlich „banalen Maßnahmen“ die Überlebensquote verdoppelt und damit einen medizinischen Meilenstein gesetzt.

In Deutschland habe die Laienhelferquote 2013 bei 27 Prozent gelegen. „Das war der vorletzte Platz in Europa“, so der Facharzt. 2019 habe der Wert zumindest schon bei 40 Prozent gelegen. Zufrieden könne man damit aber längst noch nicht sein. Im Kreis Euskirchen habe man 2019 trotz eines hervorragend aufgestellten Rettungsdienstes nur 22 von 180 Betroffenen retten können. „Also nicht richtig viele“, so Priewe.

Würde man einen Wert vergleichbar Dänemarks erreichen, so könne man im Kreis Euskirchen „jedes Jahr 30 Menschen mehr retten“. Priewe will das Thema mehr ins Bewusstsein der Bevölkerung rücken.

14-Jähriger rettet seinen Vater

„Machen“, sei eben wichtig. Jesko Priewe berichtet von einem 14-Jährigen, der seinem Vater mit der Herz-Lungen-Massage an einer Raststätte das Leben gerettet hat, wo alle anderen nur hilflos zugeschaut hätten. Er betonte: „Wenn das ein 14-Jähriger kann, dann kann das keine Raketenwissenschaft sein, auch körperlich nicht.“

Seit einem Jahr ist im Kreis Euskirchen die Corhelper-App verfügbar, die registrierte Ersthelfer in der Nähe eines solchen Notfalles alarmiert und an den Einsatzort lotst. „Seitdem haben wir 130 Mal diese App ausgelöst“, berichtete der Facharzt. Inzwischen seien 504 Ersthelfer registriert, darunter 140 Angehörige der Feuerwehr, plus 210 Menschen die beim Rettungsdienst arbeiten, zudem 52 Helfer aus Pflegeberufen, 25 Ärzte und andere. Das Ziel laute letztlich 1500 Laienhelfer zu generieren, noch besser seien 2000, so Priewe: „Dann wissen wir, dass wir gut aufgestellt sind, selbst auf großer Fläche.“

Die Ersthelfer müssen mindestens 18 Jahre alt sein und einen zertifizierten Erste-Hilfe-Schein vorlegen können, der nicht älter als zwei Jahre ist. Außerdem gebe es eine jährliche Unterweisung durch den Rettungsdienst des Kreises, der die Helfer auch betreut, etwa zum Abfangen belastender Erlebnisse.

pp/Agentur ProfiPress