Gottesdienst „Fest der Freude“
Traditionelle Kräutersegnung im Freilichtmuseum Kommern schuf eine Verbindung zwischen Himmel und Erde
Mechernich-Kommern – Am Hochfest Mariä Himmelfahrt hat das LVR-Freilichtmuseum Kommern heute den traditionellen Krautwischtag begangen. Vor dem kleinen Kapellchen aus Schützendorf in der Baugruppe Eifel wurden die frisch gebundenen Kräutersträuße – im lokalen Zungenschlag „Krockwösch“ – im Rahmen eines kurzen Freiluftgottesdienstes gesegnet. Damit setzt das Museum einen überlieferten Ritus fort, der im Rheinland seit dem Mittelalter belegt ist.

Zwischen 11 und 16 Uhr zeigten die Museums-Hauswirtschafterinnen Monika Blaeser, Anita Wolfgarten, Petra Spürkel und Jenny Zimmermann, wie und was nach altem Brauch gebunden wird, erklärten Herkunft und Sinn der Pflanzen – und gaben die kleinen Sträuße an Besucherinnen und Besucher weiter. Den Segen spendete Diakon Manni Lang – wie in den Vorjahren – vor der Schützendorfer Kapelle; der Krautwischtag war im Museumseintritt enthalten.

„In dem Brauch treffen zwei Heilstraditionen aufeinander“, so der Geistliche: „Das Wissen um die Heilkräfte der Natur und das Vertrauen auf den Segen Gottes. Mit den Blumen und Kräutern bringen wir die Schönheit der Schöpfung in den Gottesdienst, der so zu einem Fest der Freude wird.“
Sieben, neun, zwölf, 14
Zur Komposition des „Krockwösch“ gehören in Kommern neben Wild- und Heilkräutern wie Johanniskraut, Schafgarbe, Rainfarn, Weidenröschen, Dost/Oregano und der Königskerze auch vier Getreidearten (Roggen, Gerste, Weizen, Hafer). Die Zahl der Kräuter variiert regional – häufig sieben, neun, zwölf oder 14 –, und spiegelt die Symbolik „heiliger Zahlen“.

Der Brauch gilt als Haus- und Viehschutz: Der geweihte Strauß wurde traditionell auf dem Dachboden oder im Obergeschoss aufbewahrt, bei Gewitter verräuchert oder – nach einem Jahr – verbrannt. Mit dem Einbinden von Getreide ist seit jeher die Bitte um eine gute Ernte verbunden. Das Freilichtmuseum erinnert damit bewusst an ein Stück Eifeler Alltags- und Frömmigkeitskultur, das vielerorts in Vergessenheit geraten ist.

Glaube, Natur, regionale Identität
Die Resonanz war auch diesmal groß: Schon in den Vorjahren zog die Weihe zahlreiche Gäste an; lokale Berichte verweisen auf gut gefüllte Reihen vor dem St.-Michaels-Kapellchen und auf die kontinuierliche Pflege des Brauchtums durch Museum und Seelsorge. Auch für dieses Jahr war die Kräuterweihe als offenes Angebot für Familien und Feriengäste angekündigt.

Mit der heutigen Feier knüpft das LVR-Freilichtmuseum an sein Profil als Rheinisches Landesmuseum für Volkskunde an – ein Ort, an dem nicht nur historische Gebäude zu sehen sind, sondern gelebte Tradition erfahrbar bleibt. Oder, um den Tag zusammenzufassen: Ein Strauß zwischen Himmel und Erde, der Naturwissen, Glaube und regionale Identität bündelt.
pp/Agentur ProfiPress