Kastanien haben keine Chance mehr
Kreis Euskirchen und Stadt Mechernich informierten Bürger in Wachendorf darüber, dass in der Kastanienallee nun andere Baumsorten gepflanzt werden sollen
Mechernich-Wachendorf – Die Kastanienallee in Wachendorf wird auf lange Sicht keine Kastanienallee mehr sein. Das ist das Ergebnis aus einer Bürgerinformationsveranstaltung, bei der der Kreis Euskirchen und die Stadt Mechernich die Dorfbewohner über die Zukunftspläne bezüglich der Allee in Kenntnis gesetzt haben.
„Die meisten von Ihnen kennen die Allee noch im gesunden Zustand“, sagte Ortsvorsteher Theo Wolfgarten in Richtung der rund 40 Besucher. Doch seit elf Jahren ist alles anders: 2008 befiel die Miniermotte die Kastanien, rund fünf Jahre später kam noch ein Bakterien- und Pilzbefall hinzu. Die kranken Rosskastanienbäume wurden von innen marode, brachen ab oder wurden gezielt gefällt, zuletzt erst wieder im Frühjahr.
236 Bäume zählt die Kastanienallee im Herbst 2017 laut Baumkataster, 59 Kastanien wurden und werden noch gefällt. Die dadurch entstandenen Lücken sollen nun aufgefüllt werden. Kreis und Stadt sind sich sicher: Das wird auf keinen Fall mit der Rosskastanie sein, weil diese im Klimawandel keine Chance hat.
Aus diesem Grund hat sich der Kreis fünf Baumsorten ausgesucht, die nun die Lücken füllen sollen, wie Axel Jakob berichtete: die Zerreiche, den Spitzahorn, die Silberlinde, den Herbstflammenahorn und die Purpur-Erle. „Das letzte Wort ist aber noch nicht gesprochen und das Ende der Fahnenstange ist damit noch nicht erreicht“, sagte Jakob. Denn wie sich die genannten Bäume im Klimawandel schlagen, ist derzeit noch unbekannt. „Es wird auf keinen Fall mehr eine Monokultur geben.“
Angelegt um 1900
Schlossherr Ulrich Müller von Blumencron, dessen Urgroßmutter die Kastanienallee um 1900 herum angelegt hatte, äußerte darüber Bedenken. „Ursprünglich wurde die Kastanienallee aus rein ästhetischen Gründen gepflanzt. Ihr Vorhaben ergibt aber kein ästhetisches Bild“, sagte Müller von Blumencron. Der momentane Anblick ergebe ein harmonisches und homogenes Bild mit Baumkronen in gleicher Höhe. „Das gibt es dann in zwei oder drei Generationen nicht mehr“, meinte er.
Die drei Abschnitte nach und nach zu roden, um ein einheitliches Bild zu erhalten, wie einige aus der Versammlung es dann vorschlugen, lehnte Jakob vehement ab. „Es wird keine radikale Lösung geben. Es ergibt keinen Sinn, einen Baum, der noch 50 Jahre steht, zu entnehmen“, sagte er und sprach den Artenschutz und die Artenvielfalt an. Und auch Christof Marx von der Stadt meinte klar: „Bei einer gebietsweisen Fällung ziehe ich nicht mit.“ Schließlich dauere es 60 Jahre, bis ein Baum all seine Funktionen ausfülle.
Weil es sich bei der im Stadtgebiet einzigartigen vierreihigen Allee, die Jakob als „wahren Schatz“ bezeichnete, um einen geschützten Landschaftsbestand handelt, ist die Nachpflanzung von Bäumen förderfähig. Pro Baum werden maximal 750 Euro bzw. 80 Prozent gefördert. Den Rest trägt die Stadt Mechernich. Ein junger Baum schlägt mit 50 bis 100 Euro pro Stück zugute. Hinzu kommen Kosten für das Pflanzen inklusive Bodenaustausch und Bewässerung, den Pflanzschnitt, die erste Pflege und die Entwicklungspflege in den ersten drei Jahren. „Im Schnitt hat ein Baum nach drei Jahren 1000 Euro gekostet“, rechnet Jakob vor.
Klar ist: Durch die Ausschreibung soll gewährleistet werden, dass das Unternehmen, das die Bäume pflanzt, für die ersten drei Jahre eine Gewährleistung übernimmt. „Nach einem Jahr erfolgt eine Abnahme, in den weiteren zwei Jahren gibt es eine Anwachsgarantie, dann ist der Unternehmer raus“, sagte Christof Marx. Aus diesem Grund wären auch Baumpaten, die nach drei Jahren beispielsweise in Dürreperioden die Bäume täglich mit 50 bis 60 Litern Wassern gießen, charmant.
Nach einer kurzen Begehung der Kastanienallee schlug Christof Marx folgendes Prozedere vor: Umgehend soll die Förderung für die Neubepflanzung der Lücken in der Kastanienallee gestellt werden. Sobald die Förderung genehmigt ist, soll der Auftrag ausgeschrieben werden. Denn wenn es nach den Beteiligten geht, sollte, wenn das möglich ist, schon im Herbst gepflanzt werden. „Der beste Pflanzzeitpunkt ist im Herbst, wenn kein Laub mehr am Boden liegt“, sagte Jakob. Denkbar wäre, wenn die Dorfgemeinschaft es möchte, noch eine weitere Bürgerinfo-Veranstaltung nach den Sommerferien, wo über die Anzahl der einzelnen Baumsorten diskutiert werden könne.
pp/Agentur ProfiPress