Erinnern gegen Vergessen
Mechernichs Nachbargemeinde Blankenheim engagiert sich gegen neue Tendenzen zur alten Naziideologie mit vierzehntägiger Aktion – Mit der Anne-Frank-Kastanie wurde vor sechs Jahren in Uedelhoven ein erstes Zeichen gesetzt – Podiumsdiskussion unter der Leitung des Mechernicher Diakons und Redakteurs Manfred Lang mahnte zum Handeln: „Wehret den Anfängen“ – VR-Bank Nordeifel einer der Sponsoren
Blankenheim/Mechernich/Kreis Euskirchen – Unter nachmittäglicher Spätsommersonne versammelte sich am Montag im Eifelmuseum Blankenheim vor historischer Kulisse ein ebenso interessiertes wie nachdenkliches Publikum zu einer Podiumsdiskussion zum Auftakt der Kampagne „Erinnern und Engagieren vor Ort“.
Eingeladen zu dieser Aktion am Rande der aktuellen Anne-Frank-Ausstellung im Eifelmuseum hatte die Gemeinde Blankenheim, der Volksbund Deutsche Kriegsgräberfürsorge, unterstützt vom Heimatverein Uedelhoven, der das Erinnerungsmoment an die Gräuel der Nazizeit vor sechs Jahren mit der Pflanzung des Anne-Frank-Baums initiierte.

Auf dem Podium: Bürgermeisterin Jennifer Meuren, Landrat Markus Ramers, Stefan Schmidt vom Volksbund Deutsche Kriegsgräberfürsorge, sowie Olaf Ahrens für die Gesamtschule Eifel, Markus M. Schmitz als Sprecher der teilnehmenden Organisationen, flankiert von Yvonne Fürsatz, Ortsvorsteherin und im Namen des Heimatvereins Uedelhoven. Auch Konstanze Bauer (Volksbund) und Michelle Karschat (Gemeinde) kamen zu Wort. Die Idee und Gesamtleitung lag bei Erwin Stein, dem Vorsitzenden des Heimatverein Uedelhoven.
Moderator Manfred Lang, Diakon und Journalist aus Mechernich, leitete das Gespräch mit einer Reminiszenz an den 2019 in Uedelhoven gepflanzten Gedenkbaum ein – ein Ableger der weißen Rosskastanie, die Anne Frank aus ihrem Versteck in Amsterdam sah. Gemeinsam mit Gemeinde, Denkmalschutz, Kirche und Volksbund entstand damals ein Mahn- und Gedenkort in Uedelhoven, ergänzt durch das Symbol der Skulptur „Friedenssatellit“ des Künstlers Dietmar Hofmann aus Uedelhoven.
Erinnern ist mehr als ein Ritual
Yvonne Fürsatz erinnerte an die lange, beharrliche Arbeit des Heimatvereins – auch als Mahnung, dass Erinnerung Verantwortung schafft. Die Diskutierenden bekräftigten: Erinnern sei mehr als ein Ritual – es sei Voraussetzung für kritische Auseinandersetzung und demokratisches Miteinander. Jede/r auf dem Podium erläuterte dem Publikum, was der Ausspruch „Nie wieder!“ für ihn oder sie persönlich bedeutet.
Bürgermeisterin Meuren hob den kommunalen Auftrag hervor, Erinnerungskultur sichtbar zu verankern. Landrat Ramers betonte, wie wesentlich Toleranz und die Beteiligung junger Menschen seien. Und Stefan Schmidt mahnte: Gedenken müsse lebendig bleiben – durch Geschichten, Berichte, Verbindungen. Der größer werdende Abstand zu den Kriegen im eigenen Land dürfe nicht zu einer Verharmlosung des Nazisregimes führen.
Beziehung und Betroffenheit
„Sie sind wieder da – wir müssen uns wehren“, appellierte der aus Mechernich stammende Moderator – und die Gesamtschullehrer Olaf Ahrens und Markus M. Schmitz schilderten nachdrücklich, wie ihnen das mit ihren Schülern auch gelinge. „Wenn sie erfahren, was in ihrem Dorf praktisch vor der Haustür passiert ist, wie Menschen gedemütigt, verschleppt und ermordet wurden, dann schafft das Beziehung und Betroffenheit“, so Olaf Ahrens.
Nach der Ausstellungseröffnung und Podiumsdiskussion folgen noch weitere Veranstaltungen: Die Ausstellung selbst ist täglich von 10 bis 16 Uhr kostenlos zugänglich. Donnerstag, 4. September, um 19 Uhr liest Jennifer Teege, die Enkelin des Auschwitz-Lagerkommandanten Amon Göth, aus ihrem Buch „Amon. Mein Großvater hätte mich erschossen“.

Am Sonntag, 7. September, folgen um 11 Uhr Vortrag und Exkursion mit Historiker Markus M. Schmitz über „Zwangsarbeit an der Oberahr“. Am Dienstag, 9. September, um 19 Uhr findet in der katholischen
St. Mariä-Himmelfahrts-Kirche ein Ökumenisches Friedensgebet statt. Mittwoch, 10. September, um 19 Uhr referiert Manfred Jehnen über die letzten Kriegsmonate in Blankenheim.
„Ohne Krieg wäre ich nicht“
Donnerstag, 11. September, um 19 Uhr berichtet Nicole Gutmann über NS-historische Quellen im Gemeindearchiv Blankenheim. Freitag, 12. September, um 19 Uhr entspinnt sich ein Zeitzeugengespräch um den animierten Kurzfilm „Ohne Krieg wäre ich nicht“ von Mira Moroz über ihren polnischen Großvater. Außerdem gibt es schulinterne Veranstaltungen in der Ahr-Grundschule und der Gesamtschule Eifel im Rahmen des Gedenkprogramms.
Alle öffentlichen Veranstaltungen sind kostenfrei. Spenden zur Erinnerungskultur sind aber willkommen. Gefördert werden die Aktionswochen unter anderem durch die VR-Bank Nordeifel, das Landesprogramm „nrweltoffen“ und die Kreissparkasse Euskirchen. Fazit: Der Auftakt im Eifelmuseum war mehr als ein Appell gegen das Vergessen – er war ein lebendiger Aufruf zum Handeln.
pp/Agentur ProfiPress