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„Ein Abend der Symbiose“

Gemeinsame Veranstaltung von Lit.Eifel und Montjoie Musicale: Karl-Heinz Ott las aus „Rausch und Stille“, Dominic Chamot spielte Werke Beethovens

Monschau – Stille? Auch die gab es bei der Lit.Eifel-Veranstaltung mit Karl-Heinz Ott und Dominic Chamot im Aukloster Monschau. Besonders vonseiten des Publikums. Andächtig lauschte es zu Beginn und am Ende den Klängen des Pianisten Chamot, der die Eroica-Variationen und die 1. Klaviersonate op.2 Nr. 1 in f-Moll spielte und die fast 60 Zuschauer verzückte. „Dass das Publikum schweigend dasitzt und zuhört, das gab es früher nicht. Musik hatte damals eine Funktion wie heute das Radio, es wurde dabei geredet. Aber Beethovens Musik nervte, sie störte beim Reden“, weiß Autor Karl-Heinz Ott – und war damit auch direkt im Thema des Abends.

Karl-Heinz Ott in seinem Element: Wie im Rausch berichtete er aus der Zeit Beethovens und über das Standing von Musik in der Gesellschaft. Foto: Thomas Schmitz/pp/Agentur ProfiPress

Ott sorgte für den Rausch. Enthusiastisch, fiebrig, mitreißend berichtete er über Beethoven und das musikalische Verständnis in dessen Epoche. Um Unterschiede zwischen einzelnen Komponisten oder Eigenarten und Besonderheiten in Werken von Beethoven und anderen Komponisten der damaligen Zeit zu verdeutlichen, begab er sich auf einen Parforceritt am Flügel im Aukloster.

Wie im Rausch sprang er von Beispiel zu Beispiel, in Otts pädagogischem Übereifer war es stellenweise schwer, ihm zu folgen. Mehrere Gedanken schienen sich zu überlappen. Er gab zwischendurch Nachhilfe in Akkorden, in Tonlagen und -geschlechtern, in Harmonien, in Rhythmik und in Musikbegrifflichkeiten. Dazu passte dann folgender Satz: „Bei Beethoven ist von Anfang an gleich Stress, es gibt keine Schlenzer wie bei Mozart. Beethoven kann sich dann nur manchmal nicht mehr steigern.“

Die Lit.Eifel kooperierte mit Montjoie Musicale. Pianist Dominic Chamot trug zwei Werke Beethovens vor: eines zur Eröffnung, eines zum Abschluss der Veranstaltung. Foto: Thomas Schmitz/pp/Agentur ProfiPress

„Rausch und Stille“, so heißt Karl-Heinz Otts literarisches Werk über Beethovens Sinfonien. Aus dem Buch trug er nur in der zweiten Hälfte der insgesamt rund 2,5-stündigen Veranstaltung vor, die damit eine der längsten in der Lit.Eifel-Historie wurde, was auch an der Zusammenarbeit mit der Musikreihe Montjoie Musicale lag. Margareta Ritter, Bürgermeisterin der Stadt Monschau und Vorsitzende der Lit.Eifel, sprach in ihrer Begrüßung deshalb von einem „Abend der Symbiose“.

In der ersten Hälfte lieferte Ott Hintergrundinformationen, damit die Zuschauer Beethovens Sinfonien einordnen konnten. „Liebe, Eifersucht, Tod, Drama: das war eine Oper. Leiden, Hoffnung, Traurigkeit, Gott, diesseits und jenseits: das war Kirchenmusik“, so Ott. Doch das, was Beethoven gemacht habe, der Verzicht auf Text in seinen Sinfonien (zur Ausnahme kommt Ott am Ende), das sei pure Kühnheit gewesen.

Knapp 60 Zuschauer waren ins Aukloster Monschau gekommen, um dem Zusammenspiel von Lit.Eifel und Montjoie Musicale beizuwohnen. Foto: Thomas Schmitz/pp/Agentur ProfiPress

„Die niedrigste aller Künste“

Dafür gab es auch reichlich Kritik. Der große Aufklärer Jean-Jacques Rousseau führte einen regelrechten Kampf gegen Instrumentalmusik, sie sei „gegen die Natur“. Ott ist sich sicher: Hätte Rousseau, der 1778 starb, Beethoven gekannt (geboren 1770), „er wäre sein Hauptfeind gewesen“. Laut Immanuel Kant ist die Musik die niedrigste aller Künste, hinter der Literatur und der Malerei, weil „sie die Nachbarn stört“ – und Musik ohne Text sei „das Schlimmste für den Geist“.

Es war durchaus keine leichte Zeit für Komponisten. Dabei ging es Beethoven doch „nicht um Griffe, es geht um die Wahrheit der Musik“, zitiert ihn Karl-Heinz Ott. Da konnte es durchaus vorkommen, dass der in Bonn geborene Musiker wutentbrannt den Klavierdeckel zuschlug, wenn „das noble Pack nicht zuhört“.

Um Beethovens Besonderheiten und Unterschiede zu anderen Komponisten zu demonstrieren, setzte sich Karl-Heinz Ott auch an den Flügel. Foto: Thomas Schmitz/pp/Agentur ProfiPress

Kurz vor der Pause kam Karl-Heinz Ott dann auch endlich auf die Sinfonien Beethovens zu sprechen. Diese seien „ein eigener Kosmos für sich“. Wenn Mozart und Haydns Musik ins Grüne führten, wie E.T.A. Hoffmann es ausdrückte, führen Beethovens Sinfonien ins Ungewisse.

Nach der Pause widmete sich Karl-Heinz Ott einem Kapitel aus seinem Buch, in dem es um die 9. Sinfonie geht. „Man wundert sich, dass sie wieder einen Text hat“, stellte er fest und verwies auf Schillers Gedicht „An die Freude“. „Beethoven kehrt zur Sprache und zur einfachen Melodie zurück. Und die Musik lässt Schillers Verse unendlich hinter sich“, meinte Ott. Für Richard Wagner war das Finale der 9. Sinfonie nicht weniger als „die Zukunft der Musik“.

Karl-Heinz Ott signierte bereitwillig seine Bücher und kam mit dem ein oder anderen Zuschauer ins Gespräch. Foto: Thomas Schmitz/pp/Agentur ProfiPress

Am Ende des berauschenden Abends signierte Karl-Heinz Ott Exemplare seines Buches und tauschte sich im kleinen Kreis mit dem Publikum aus. Anschließend entließ er die Zuschauer … in die Stille.

pp/Agentur ProfiPress