Als Packer im Hafen Studium finanziert
Zum Tode von Jakob Bister (90), 35 Jahre Pfarrer und Pfarrverweser an St. Severinus in Kommern, Pfarrer von St. Hubertus Obergartzem und Krankenhausseelsorger in Euskirchen
Mechernich-Kommern/Neuss – In einem Altenheim seiner Geburtsstadt Neuss ist am Mittwoch der langjährige Kommerner Pfarrer und Pfarrverweser Jakob Bister gestorben. Das teilte Pfarrer Erik Pühringer, der Leiter der Gemeinschaft der Gemeinden St. Barbara Mechernich, dem Mechernicher Bürgerbrief mit.
Bister war an Mariä Lichtmess 1959 im Kölner Dom von dem ebenfalls aus Neuss stammenden Josef Kardinal Frings zum Priester geweiht worden. 2009 feierte er in Kommern Goldenes und am 3. Februar 2019 Diamantenes Priesterjubiläum. Pfarrer Pühringer lobte den 90-Jährigen als verlässlichen Nachbarpfarrer und Mitbruder über Bistumsgrenzen.
In die Wiege gelegt war das Priesteramt dem am 20. August 1932 in Büttgen bei Neuss geborenen Sohn eines Eisenbahn-Lademeisters nicht. Er sollte Eisenbahner werden wie der Vater. Geld war in der nicht besonders begüterten Familie kostbar, den Besuch eines Gymnasiums oder der Unterhalt für ein Studium schienen unmöglich.
Doch Vater Bernhard Bister hasste die Nazis und wollte seinen Sohn von den typischen Kaderschmieden fernhalten, daher wurde Jakob Bister im Herbst 1943 zur Höheren Schule nach Neuss geschickt, unter Aufbringung aller finanziellen Mühen. Zugeraten hatte den Eltern des katholisch erzogenen Jungen vor allem Heimatpfarrer Josef Rennekes und Kaplan Alfred Scholten.
„Diese beiden waren für mich große Vorbilder. Das waren ausgezeichnete Kinderseelsorger, die die Begeisterung für den Glauben in mir entfacht hatten“, erzählte Jakob Bister in einem Zeitungsinterview mit der Journalistin Gudrun Klinkhammer. Das Studium finanzierte sich Jakob Bister durch „Jobben“ als Packer im Neusser Hafen.
1972 an den Greesberg
Nach dem Besuch der Universität Bonn und des Priesterseminars in Bensberg kam der frisch geweihte Priester über Wevelingenhoven bei Grevenbroich und Euskirchen 1972 nach Kommern. Jakob Bisters Vater war immer überzeugt, dass sein Sohn kein Priester werden würde, seine Mutter, eine sehr gläubige Christin, sah die Sache anders.
2006 wurde der 74jährige Jakob Bister in Kommern sein eigener Nachfolger. „Der König ist tot, es lebe der König“, schrieb damals der Mechernicher „Bürgerbrief“, um damit anzuzeigen: Egal wer an St. Severinus die Messen liest, es bleibt alles beim Alten.
Pfarrer Jakob Bister wurde offiziell aus dem Amt verabschiedet – und nur einen Tag später nahm der rüstige Seelsorger seine Tätigkeit zum Wohle der Pfarrgemeinde St. Severinus und ihrer Schäflein wieder auf. Und zwar hochoffiziell als „Pfarrverweser“.
Ein Nachfolger für Bister als neuer Kommerner Pfarrer war damals noch nicht in Sicht. Eigentlich „eine Farce“, wie Jakob Bister selbst befand. „Doch es passt. Mein Leben verlief schon immer anders.“ „Ich wurde in einer Umbruchzeit Priester“, so der neue Pfarrverweser von Kommern: „Das Konzil kam, doch wir Priester haben meiner Meinung nach zu wenig getan, um den Menschen die Neuerungen des Konzils verständlich zu machen.“
Keine „Schafe“ mehr in der Herde
Er und seine Mitbrüder im Priesterseminar seien noch erzogen worden nach dem Motto „Der gute Hirt und seine Herde“. Heute dagegen sei Teamarbeit angesagt: Priester und Laien, Hauptamtliche und Ehrenamtler, Profis und Autodidakten – „und der Priester steht mittendrin. Schaf will keiner mehr sein. Und wie soll es auch eine einzige Herde geben bei der Betreuung von sechs Pfarreien gleichzeitig?“, fragte sich Bister schon 2006.
„Es ist ein Unterschied, ob man immer wieder in die Gemeinden einfliegt oder ob man darin lebt und das Leben dort teilt“, so der damals 74jährige Pfarrverweser. Insgesamt 35 Jahre war er als Priester der katholischen Kirchengemeinde St. Severinus Kommern tätig. 1994 übernahm Bister zudem die Leitung der Pfarrei St. Hubertus Obergartzem. Sein Goldenes Priesterjubiläum feierte er 2009 mit 76 Jahren ebenfalls in Kommern. Damals war er allerdings bereits Hausgeistlicher im Altenzentrum des Marienhospitals in Euskirchen.
Im Interview fand es Pastor Jakob Bister eigenartig, dass er im Laufe der Jahre immer wieder für Dinge gelobt worden sei, die ihm entweder nicht lägen oder für die er nichts könne. Zum Beispiel das Bauen. Kaum in Kommern angekommen sei es schon losgegangen: Die alte Schule wurde zum Pfarrhaus umgestaltet, das alte Kloster zum Pfarrzentrum und das Kirchberghaus zur Bücherei.
Viele Aktionen unterstützte und förderte Bister während seiner dreieinhalb Jahrzehnte am Greesberg: Altentage, Jugendtreffs, Pfarrfeste und Vorträge. Noch lange nach seinem Ausscheiden wurden seine legendären Karnevalseinsätze gelobt. Dabei liege ihm „der Karneval eigentlich gar nicht“. Zwar sei er ein sehr humorvoller Mensch mit Hang zur Situationskomik, doch Humor und Karneval seien durchaus unterschiedliche Paar Schuhe…
Mit Selbstüberwindung in die Bütt
Die Frauengemeinschaft, der harte und verlässliche Kern vieler Christengemeinden, lagen Pastor Bister am Herzen. Für sie ging er auch mit Selbstüberwindung in die Bütt. Er zeichnete etwa das Leben in der Gemeinde nach, nahm Bezug auf „Knies“ und Zank um diverse Vorstandspöstchen und stellte sich vor, der Papst käme persönlich nach Kommern. Der ausgeschiedene Pfarrer und frischgebackene Pfarrverweser sagte im Pressegespräch: „Auf meine alten Tage fange ich noch an und werde Pendler. Dabei fahre ich überhaupt nicht gerne Auto. Den Führerschein habe ich nur gemacht, um auf dem Land nicht zu verratzen.“
pp/Agentur ProfiPress