Nicht vergessen und engagieren
Blankenheim erinnert an die menschenverachtende Nazizeit und versucht, Geschichte erlebbar zu machen – Initiative ging vom Heimatverein Uedelhoven aus, wo man vor zehn Jahren den Anne-Frank-Baum pflanzte
Blankenheim/Mechernich – Zwischen Fachwerk und Burgpanorama öffnet sich in Mechernichs Nachbarkommune Blankenheim für zwei Wochen ein Fenster in die Vergangenheit – und in die Zukunft unserer Erinnerungskultur. Vom 1. bis 14. September zieht die interaktive Wanderausstellung „Erinnern und engagieren digital“ des Anne-Frank-Zentrums Berlin ins Kreismuseum ein.
Die Ausstellung ist mehr als eine Abfolge von Schautafeln – sie ist eine Einladung, sich einzumischen: in die Debatte um das, was Krieg, Diktatur und Verfolgung für Menschen bedeuten, und in die Frage, wie wir als Gesellschaft diese Erfahrungen weitergeben.

Dass dieser Rahmen nicht zufällig gewählt ist, versteht sich: 2025 jährt sich das Ende des Zweiten Weltkriegs zum 80. Mal. Das Eifelmuseum wird zum Ort der Begegnung von Geschichte und Gegenwart, getragen vom Heimatverein Uedelhoven, der Gemeinde Blankenheim, dem Volksbund Deutsche Kriegsgräberfürsorge und engagierten Bürgern.
Ramers und Meuren diskutieren mit
Schon der Auftakt am 1. September um 17 Uhr verspricht eine dichte Atmosphäre: Landrat Markus Ramers, Bürgermeisterin Jennifer Meuren sowie Vertreter aus Stadt- und Zivilgesellschaft diskutieren mit dem Moderator Manfred Lang über die Bedeutung lokaler Erinnerungsarbeit – ausgehend von Anne Franks sehr persönlichem Blick auf das Leben im Schatten des Nationalsozialismus.
Das Begleitprogramm liest sich wie ein vielschichtiges Mosaik aus Stimmen und Perspektiven: Am Donnerstag, 4. September, liest Bestsellerautorin Jennifer Teege um 19 Uhr aus ihrem Buch „Amon. Mein Großvater hätte mich erschossen“ – eine intime, erschütternde Spurensuche zwischen Familiengeschichte und historischer Schuld. Die Enkelin des Lagerkommandanten Amon Göth von Auschwitz war vor einiger Zeit auch in Mechernich mit hoher Zuhörerresonanz Gast beim Arbeitskreis um Gisela Freier, Rainer Schulz und Elke Höver.
Am Sonntag, 7. September, 11 Uhr, führt Lokalhistoriker Markus M. Schmitz die Besucher nicht nur in einen Vortrag über „Zwangsarbeit an der Oberahr“, sondern auch hinaus zum ehemaligen Zwangsarbeiterlager in Blankenheim. Dienstag, 9. September, lädt ein ökumenisches Friedensgebet in der katholischen Kirche am Zuckerberg ab 19 Uhr ein, innezuhalten.
Es folgen weitere Abende, die tief in das regionale Gedächtnis eintauchen: Heimatforscher Manfred Jehnen rekonstruiert am 10. September um 19 Uhr die letzten Kriegsmonate in Blankenheim, während am 11. September Archivleiterin Nicole Gutmann ebenfalls um 19 Uhr bislang wenig bekannte NS-Zeitquellen aus dem Gemeindearchiv öffnet.
Liebesgeschichte mit Zwangsarbeiter
Den Abschluss am Freitag, 12. September, um 19 Uhr bildet ein „Zweitzeugengespräch“ mit Mira Moroz, bei dem die Geschichte einer verbotenen Liebe zwischen einem polnischen Zwangsarbeiter und einer deutschen Frau in einem animierten Kurzfilm erzählt wird – ein Schicksal, das ohne den Krieg nicht geschrieben worden wäre.
Zwischen den Veranstaltungen werden auch die Blankenheimer Schulen in das Projekt eingebunden – denn Erinnerungskultur lebt davon, dass sie nicht nur archiviert, sondern weitererzählt wird. Alle öffentlichen Veranstaltungen sind eintrittsfrei, Spenden zur Unterstützung der Erinnerungsarbeit sind willkommen. Gefördert wird das Programm unter anderem von „nrweltoffen“, der Sparkasse Euskirchen und der VR-Bank Nordeifel.
Erwin Stein, einer der Initiatoren: „Blankenheim zeigt in diesen zwei Wochen: Geschichte ist kein fernes Archiv. Sie ist Gesprächsstoff, Auftrag und – vielleicht am wichtigsten – ein gemeinsamer Ort, an dem wir lernen, was »Nie wieder« im 21. Jahrhundert bedeuten kann.“
pp/Agentur ProfiPress