„Ist durch Krieg etwas besser geworden?“
Norbert Arnold vom Sozialwerk der Communio in Christo war Festredner am Volkstrauertag in Mechernich: Appell für ein „gutes Land“, das aus der völligen Zerstörung heraus die Demokratie erlernte – und nun auch verteidigen muss
Mechernich – „Werden wir nicht müde, an unserer freiheitlichen demokratischen Grundordnung festzuhalten und aufrecht zu den Menschenrechten zu stehen“, appellierte Norbert Arnold, der Geschäftsführer des Sozialwerks der Communio in Christo, beim, Volkstrauertags-Gedenken am Ehrenmal an der Alten Kirche in Mechernich.
Dort hatten sich einmal mehr hundert Menschen, vor allem Fahnenabordnungen der örtlichen Vereine, des Roten Kreuzes, der Freiwilligen Feuerwehr und eine Ehrenformation der Bundeswehr zum Gedenken an die Gefallenen, Bomben- und Zivilopfer und die Opfer der Gewaltherrschaft eingefunden.
Norbert Arnold lenkte den Blick auf zeitgenössische Kriege und Konflikte, würdigte den Einsatz der Bundeswehrsoldaten in Afghanistan und beklagte gleichzeitig die menschlichen Tragödien und das Leid, das durch den überhasteten Truppenabzug der USA am Hindukusch ausgelöst wurde.
„Menschen als politische Waffe“
So aussichtslos und verfahren wie die Situation dort, in Syrien oder auch im zynischen Flüchtlingspoker von Lukaschenko in Belarus sei („Er setzt das Elend von Menschen als politische Waffe gegen Europa und somit auch gegen die Demokratie ein“), so lohne sich doch auch ein Blick in die eigene Geschichte, um Hoffnung zu begründen, so Arnold.
„Die Erfolgsgeschichte unseres Landes ist unfassbar, wenn man sich die Situation Deutschlands am 8. Mai 1945 vor Augen führt. Das Land war besiegt, zerbombt, moralisch vor aller Welt diskreditiert“, sagte der Geschäftsführer des Sozialwerks der Communio in Christo: „Das immerhin gibt Hoffnung auch jenen Ländern, deren Lage heute aussichtslos zu sein scheint.“
Zukunft nehme selten den erwarteten Verlauf und kenne im Schlechten, aber manchmal auch im Guten Wendungen, die unvorstellbar waren. Bei allem, was an der Bundesrepublik zu kritisieren sei, scheine ihm die jüngere Geschichte Deutschlands ein solches Wunder zu sein und er „möchte auch an unsere Kinder und jeden Mitbürger appellieren, sich dieses Glücks bewusst zu sein. Wir leben in einem guten Land…“
Pfarrer Erik Pühringer segnete die Gedenktafeln des Ehrenmals mit 523 Namen von Kriegstoten aus dem Kernort Mechernich, Bundeswehr-Kommandeur Dirk Hagenbach und Standortfeldwebel Stabsfeldwebel Rainer Paulsen legten einen Kranz für die Streitkräfte der Bundesrepublik und Bürgermeister Dr. Hans-Peter Schick und sein früherer Stellvertreter Wolfgang Weilerswist als Vertreter des Vereinskartells einen Kranz für die Zivilgemeinde Mechernich und ihre Bürger nieder.
Während die Bergkapelle unter der Leitung von Uli Poth das Lied vom guten Kameraden und die Nationalhymne anstimmte, senkten Werner Zeyen für die Kolpingfamilie sowie die Fahnenjunker der Feuerwehr, des Roten Kreuzes, der Barbarabruderschaft, von Prinzengarde, Festausschuss Mechernicher Karneval und KC „Bleifööss“ ihre Standarten zu Ehren der Gefallenen und Zivilopfer.
„Das wenige Gute zunichte gemacht“
Norbert Arnold gedachte in seiner Ansprache ausdrücklich nicht nur jener Mechernicher, deren Namen auf dem Ehrenmal verzeichnet sind: „Gleichzeitig haben wir Menschen vor Augen, die Opfer von Krieg und Gewalt geworden sind und deren Namen nicht aufgezeichnet werden.“ Er rief auch jene in Erinnerung, die sich und ihrem Schicksal selbst überlassen worden seien wie die 38 Millionen Afghanen.
Arnold zitierte den Kölner Schriftsteller Navid Kermani: „Ich kann mich nicht erinnern, dass mich in den letzten Jahren politisch etwas so sehr mitgenommen hätte wie die Bilder der Menschen, die sich an die abhebenden amerikanischen Flugzeuge klammerten und aus hunderten Metern wie Steine zu Boden fielen.“
„Der Krieg in Afghanistan ist beendet. Ist es deswegen besser geworden?“, fragte Norbert Arnold rhetorisch seine Zuhörer: „Nein, im Gegenteil, nun ist auch noch das wenige Gute zunichte gemacht worden, was der westliche Militäreinsatz ermöglicht hat: Frauenrechte, Zugang zu Bildung, freie Presse, internationaler Austausch, Entfaltung von Kunst, Literatur, Musik, um nur einiges zu nennen.“
pp/Agentur ProfiPress