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„Buntes Volk, das zusammenhält“

Reporterbesuch bei dem aus der Ukraine stammenden Mechernicher Berufsmusiker Fedor Volkov und seiner Frau Uschi: Angst um Sohn und hochschwangere Schwiegertochter in Charkiw – „Krieg Diktatur gegen Demokratie – Meine Landsleute werden niemals aufgeben“

Mechernich – Fedor Volkov ist als Musiker und Mensch am Bleiberg und darüber hinaus eine bekannte Persönlichkeit. Er stammt aus der Ukraine – und bangt zur Zeit um seine Familie, darunter seinen Bruder und seinen Sohn Andrij mit Schwiegertochter, die in Charkiw leben, der momentan heftig umkämpften Stadt im ukrainischen Nordwesten.

Der Journalist und Autor Stephan Everling hat Fedor Volkov und seine Frau Ursula dieser Tage zu Hause besucht – und schildert im „Kölner Stadt-Anzeiger“ dessen Nervosität: „Unablässig kneten seine Hände den kleinen Anti-Stressball, und er kann eigentlich gar nichts dafür. Doch immer wieder wird er gestaucht, gequetscht, gedrückt, von den kräftigen Fingern geknautscht. Wenn Fedor Volkov innehält, dann zittern sie leicht, die eigentlich so sensiblen und sicheren Gitarristen-Finger.“

„Die Ukrainer wollen nicht in einer Diktatur leben“, sagten Uschi und Fedor Volkov im Interview: „Das Volk ist bunt, fröhlich und frei … Es sind Menschen wie wir, eigentlich erinnern sie einen sehr an die Eifeler!“ In Weißrussland sei es ganz anders, dort hätten die Menschen nur hinter vorgehaltener Hand miteinander gesprochen. Foto: Stephan Everling/KR/KStA/pp/Agentur ProfiPress

Nach seinen augenblicklichen Gefühlen befragt, sagt Volkov: „Hass, purer Hass auf das Böse“, das Wladimir Putin in Volkovs Heimat getragen hat: Krieg, Tod, Zerstörung und Vernichtung. Als Putins Truppen die Grenze überschritten, hätten sich sein Sohn und die im achten Monat schwangere Schwiegertochter auf die Datscha eines Freundes im Umland von Charkiw geflüchtet.

„Raketen auf Krankenhäuser“

Doch die Schwiegertochter sei inzwischen zurückgekehrt, um in der Nähe eines Krankenhauses zu sein. Ob sie dort in Sicherheit sind, bezweifeln Ursula und Fedor Volkov: „Die Russen beschießen mit Raketenwerfern alles, auch Kindergärten und Krankenhäuser…“

Am Tag des Kriegsausbruchs flog ein rohes Ei gegen Volkovs Haus. „Man dachte wohl, ich sei Russe“, sagte Fedor Volkov den in Mechernich erscheinenden Kölner Tageszeitungen. Zur Klarstellung hat er die ukrainische Nationalflagge ins Fenster gestellt. Foto: Stephan Everling/pp/Agentur ProfiPress

„Wir haben ihnen gesagt, kommt zu uns, doch sie wollten nicht, sie wollen kämpfen“, sagt Uschi Volkov. Auch der Bruder von Volkov ist in der Ukraine, eigentlich Journalist, aber jetzt beim Militär, wie so viele, die sich zur Verteidigung ihres Vaterlandes freiwillig gemeldet haben. Was er genau tut, sei geheim, so der Mechernicher: „Täglich eine kurze Nachricht, »es geht mir gut“ oder »die Nacht war ruhig«, darauf beschränkt sich der Kontakt…“

Eine Cousine des seit Jahrzehnten in der Eifel wirkenden Berufsmusikers und Musiklehrers ist mit ihrer Familie in Kiew. Zwei Tage habe sie sich in einer Metrostation in Sicherheit gebracht, dann sei sie wieder in ihre Wohnung gegangen. „Jetzt ist dort Ausgangssperre bis Montag, keiner darf auf die Straße“, schildert er die Lage.

Fedor Volkov ist als Musiker und Mensch am Bleiberg und darüber hinaus eine bekannte Persönlichkeit. Er stammt aus der Ukraine – und bangt zur Zeit um seine Familie, darunter seinen Bruder und seinen Sohn Andrij mit Schwiegertochter, die in Charkiw leben, der momentan heftig umkämpften Stadt im ukrainischen Nordwesten. Foto: Archiv/pp/Agentur ProfiPress

„Donnerstagmorgen hat Putin der Ukraine den Krieg erklärt, und Donnerstagmittag hat jemand ein Ei gegen unser Haus geworfen“, berichtet Ehefrau Uschi. „Vielleicht hat jemand meinen Namen gelesen und gedacht, ich sei Russe, deshalb habe eine ukrainische Nationalflagge ins Fenster gestellt, die mir mein Bruder Wodomir mitgebracht hat“, ergänzt Fedor.

Volkov ist gebürtiger Ukrainer, allerdings mit weißrussischem Pass, weil er in Minsk seine Ausbildung als Konzertgitarrist erhielt und seinerseits an der dortigen Akademie unterrichtete, bevor er seine Frau kennenlernte und mit ihr nach Mechernich zog. Egal, welches Wappen sein Pass trage, er sei durch und durch Ukrainer – und Putin werde sein Heimatland niemals in die Knie zwingen: „Sie geben niemals auf!“

Fedor Volkov auf einer Konzertankündigung mit WDR- und DLF-Moderatorin Katia Franke, mit er mehrfach Themenabende mit Versatzstücken aus Klassik und Literatur bestritt. Foto: Archiv/pp/Agentur ProfiPress

„Ukrainer, Tataren, Russen und Juden“

„Das ist der Krieg einer Diktatur gegen die Demokratie“, sagt der Gitarrist aus der Mechernicher Weierstraße den Kölner Tageszeitungen: „Putin hat gedacht, die Russischsprachigen unterstützen ihn und er wird mit Blumen empfangen…“ Doch das sei nur seine eigene Propaganda gewesen. „Im Gegenteil, in der Ukraine leben Tataren, Russen, Juden, das ganze Volk hält zusammen“, setzt Fedor Volkov dagegen.

„Die Ukrainer wollen nicht in einer Diktatur leben“, ergänzt die aus Bleibuir stammende Uschi Volkov. Sie habe die Menschen dort als bunt, fröhlich und sehr freiheitsliebend erlebt: „Es sind Menschen wie wir, eigentlich haben sie mich sehr an die Eifeler erinnert!“ In Weißrussland sei es ganz anders gewesen, dort hätten die Menschen nur hinter vorgehaltener Hand miteinander gesprochen.

Es ist zurzeit sehr schwer, sich auf seinen Beruf zu konzentrieren. Wegen Corona seien die meisten Konzerte abgesagt worden. Stolz ist der Musiklehrer auf ein Schülerduo, das er an der Musikschule Euskirchen unterrichtet und das den Regionalwettbewerb „Jugend musiziert“ gewonnen hat.

pp/Agentur ProfiPress