Wie sie wurden, was sie sind
„Talk op Platt“ mit Manni Lang, Stefan Pütz und Günter Hochgürtel im ausverkauften PAPSTAR-Präsentationsraum kam sehr gut an – Publikum verlangt Fortsetzung beim nächsten von der VR-Bank Nordeifel gesponserten Mundartfestival „Mir kalle Platt“
Kall/Kreis Euskirchen – Auch nach zwei Stunden „Talk op Platt“ hatte das Publikum vom „Talk op Platt“ mit Manni Lang, Günter Hochgürtel und Stefan Pütz keineswegs genug. „Zugabe-Forderungen“ sind bei einer Frage- und Erzähl-Show zwar eher die Ausnahme, aber bei dieser Runde auf Eifeler Platt kam am Donnerstagabend im Präsentationsraum der Firma PAPSTAR in Kall brillante Laune auf.
Die drei Protagonisten plauderten locker vom Sessel, was sie in Kindheit und Jugend so alles erlebt haben, wie sie wurden, was sie sind, und was es mit dem eigenen Glücklichsein so auf sich hat. „Eifel-Troubadour“ Günter Hochgürtel stimmte mit seinen Liedern in Nordeifeler Mundart auf den lustigen, aber auch nachdenklichen verbalen Schlagabtausch mit drei Liedern aus dem Dorf seiner Kindheit ein.
Das waren die bekannten Titel „En de Kakushöll“ und „Ahle Möllsteen, wenn du vezälle könnts“ und die Neukomposition „Ongem Ühle-Bersch“, drei markante Punkte in und um Vollem, einem kleinen bis winzigen Dorf im Mechernicher Feytal, wo Hochgürtel aufwuchs. „Trenge Steff“, wie der Dorfschmied von Sistig, Stefan Pütz, in seinem Heimatdorf genannt wird, beschrieb die Sehnsucht, die ihn immer wieder in die Heimat seiner Mutter führte, die aus dem Westerwald kam.
Platt, westerwäldisch, bayerisch
Schon als Zwölfjähriger radelte er die 80 Kilometer unbegleitet und ohne Landkarte, nur markante Punkte im Gedächtnis, die er von Familienausflügen im gecharterten VW-Büschen in Erinnerung hatte. Später ließ er sich auf der anderen Rheinseite auch zum Schlosser und danach gleich weiter zum Technischen Zeichner ausbilden. „Ich war da in allen Vereinen, außer in der Frauenkongregation…“
Für ein Zusatzstudium zum Maschinentechniker verschlug es „Steff“ zeitweise sogar nach München, sodass er heute nicht nur in Eifeler und Westerwälder Platt, sondern auch auf Bayerisch ordentlich schwadronieren kann. „Ich komme aus der Nähe von Köln“ sage er seit der Münchner Zeit nicht mehr, als er bei einer Fete im Mädchenpensionat gegenüber dem Kolpingheim mit einem Aachener und einem Bayern an einem Tisch zu sitzen kam, denen beide Sistig in der Eifel ein Begriff war.
Das Publikum krümmte sich zuweilen vor Lachen, auch als Günter Hochgürtel mit Wortwitz und Direktheit von ersten Annäherungsversuchen ans andere Geschlecht berichtete. Den Namen seiner ersten Liebschaft, mit der er im Gebüsch hinter der Vollemer Mühle verschwunden sei, habe er im Lied allerdings verfälscht.
Beiden Gesprächspartnern von Mundartkolumnist Manfred Lang („Manni kallt Platt“) gemeinsam war die Ahnung, dass sie eigentlich noch was anderes werden wollten als das, was ihnen beruflich in den Schoß gelegt wurde. Hochgürtel sollte Pastor werden, winkte aber ab, als er vom Zölibat erfuhr, schwenkte um auf Lehramt, wurde aber Redaktionsvolontär bei der „Aachener Volkszeitung“ und schließlich, wie Manni Lang, Tageszeitungsredakteur beim „Kölner Stadt-Anzeiger“.
Dabei hatte er schon als Abiturient als Berufswunsch „Poet“ angegeben, während „Pötze Steff“ nie was anderes wirklich wollte, als die 1908 von Großvater Stefan Pütz gegründete Schmiede seines Vaters Josef in Sistig weiterzuführen, was ihm nach beruflichen Ausflügen unter anderem ins Betonwerk Milz in Kall und eine Maschinenbaufirma in Euskirchen 1976 auch tatsächlich gelang.
Glück an Amboss und Gitarre
„Von da an war ich glücklich“, berichtete der Talker aus Sistig in der Kaller Veranstaltung des diesjährigen Mundartfestivals „Mir kalle Platt“, das von der VR-Bank Nordeifel („Mit der Eifel verwachsen“), dem Kreis und dem NRW-Kulturministerium gesponsert und von der Nordeifel-Tourismus GmbH (NeT) in Kall veranstaltet wird. Hochgürtel fand seine Erfüllung in der Musik.
Er hat sich sowohl als Komponist und Texter als auch als Interpret einen Namen gemacht, nicht zuletzt als Frontmann der Rockband „Wibbelstetz“ und Mitglied der berüchtigten „Eifel-Gäng“, in der auch Manni Lang und Krimilegende Ralf Kramp mitmischen. Stefan Pütz sattelte auf sein Schmiedehandwerk noch eine kunsthistorische Ausbildung zum „Restaurator im Handwerk“ auf und schmiedet und ersetzt seither nach alten Motiven und Methoden.
Am Schluss sang Günter Hochgürtel „Mir john lang noch net heem“, und Manni Lang rezitierte ein Gedicht von Dr. Jacob W. Flosdorff aus Kall mit dem Titel „Die Klocke fleje no Rom“. Dazu philosophierte der Diakon aus Mechernich mit seinen Zuhörern über die Zeit („Chronos“), die unaufhörlich verrinnt, und die Zeit, die „Kairos“ genannt wird und ihren Wert nicht aus der Dauer, sondern aus der Intensität des Erlebten bezieht. „Wenn Ihr su wollt, e Stöck konservierte Iewigkeet“, so der in Bleibuir geborene Plattperfektionist.
Die Gäste bei „Talk op Platt“ hätten noch gerne weiter zugehört, obwohl es inzwischen fast 22 Uhr war. Man einigte sich aber auf einen Kompromiss: „Beijm nächste Festival schwaade me widde de Muhl!“ Patrick Schmidder, mit Iris Poth Geschäftsführer der NeT Eifel, und Bernd Born, PR-Chef von PAPSTAR, begrüßten und verabschiedeten das begeisterte Publikum nicht nur, sie ließen auch Getränke und Brezeln servieren und verschenkten Tüten mit Recyclinggeschirr des Hauses. Die Regie bei dieser erfolgreichen „Mir kalle Platt“-Veranstaltung führte einmal mehr Nicole Habrich.
pp/Agentur ProfiPress