Neues Bündnis: SPD mit Die Linke
Die parteiübergreifende Zusammenarbeit ist ein Novum in der Mechernicher Politiklandschaft
Mechernich – „Die Abstimmung war einstimmig“, berichtet SPD-Fraktionsvorsitzender Bertram „Beppo“ Wassong und meint damit die Zustimmung seiner Genossen, eine Fraktionsgemeinschaft mit Daniel Decker, die Linke, einzugehen. Der ist mindestens genauso glücklich über seinen Anschluss: „Das passt sehr gut mit uns“, konstatiert der Ratsherr der Linken, der bisher, seit der Kommunalwahl im September 2020, alleiniger Vertreter seiner Partei im Mechernicher Rat und in deren Ausschüssen war.
Die parteiübergreifende Zusammenarbeit zwischen SPD und Linke ist ein Novum in der Mechernicher Politiklandschaft. „Wohl gab es schon mal zu Peter Schüllers Zeiten ab 1989 eine Kooperation der SPD mit der UWV. Beide waren damals aber eigenständige Fraktionen geblieben“, berichtet Wassong.
Um das vereinte Vorgehen schriftlich zu besiegeln, wurde eine Vereinbarung unterschrieben. Decker wird damit zum gleichberechtigten Fraktions-Mitglied. Gemeinsam zählt das neue Bündnis acht Sitze im Stadtrat – der am Dienstag, 23. Februar das erste Mal mit der Fraktionsgemeinschaft und das dritte Mal überhaupt in der Legislaturperiode tagen wird. Die CDU bleibt mit 16 Sitzen stärkste Fraktion, die UWV und Grünen haben je fünf Sitze, die FDP und AfD je zwei.
Vorbehalte gegenüber „Linken“
Der 40-jährige IT-Kaufmann Daniel Decker aus Katzvey war bis dato auf sich allein gestellt. Über den neuen Partner an seiner Seite ist er froh: „Die SPD-Fraktion ist breit aufgestellt“, lobt er, ist sich aber bewusst, dass er „der kleinere Partner“ ist. Natürlich habe man sich gegenseitig beschnuppert und geprüft, ob es tatsächlich passen würde. Decker dazu: „Es gibt doch den ein oder anderen, der dann Vorbehalte hat, weil man von den Linken ist.“ Er führt die „Hufeisen-Theorie ins Feld, nach der die AfD und Die Linke rechts und links außen verankert sind. Skeptikern entgegnet Decker aber: „Ich bin kein Links-Extremist. Ich zähle mich eher zu den Real-Politikern innerhalb der Linken.“
Schon in der Probephase, die man sich nach der Kommunalwahl im September 2020 und großer Fraktionsrunde auferlegt hatte, habe man sich wohlgefühlt und für gut befunden. Über die politische Ausrichtung sei man sich schnell einig gewesen, schließlich deckte sich schon das Wahlprogramm, wie Wassong feststellte: „Das sah so aus, als ob man voneinander abgeschrieben hat. Wir haben die gleichen Kernaussagen.“
Decker gefällt, dass die SPD eine „sehr lebhafte Diskussionskultur“ pflegt. Er verspricht sich davon einen konstruktiven Austausch, den er als „essentiell“ für eine „qualitativ hochwertige Ratsarbeit“ betrachtet. Konsens und Kompromisse gehörten ohne Zweifel dazu. „Ich sehe den großen Vorteil, dass man als Gemeinschaft im Rat stärker auftreten kann“, so Decker.
Gemeinsam Impulse setzen
Jedenfalls will man das Heimatstädtchen weiter voranbringen und Impulse setzen: „Wir wollen uns massiv dafür einsetzen, dass bezahlbarer und altersgerechter Wohnraum geschaffen wird. Das liegt uns am Herzen“, so Wassong. Decker geht sogar noch einen Schritt weiter und schlägt vor: „Eine kommunale Wohnungsbau-Gesellschaft in Händen der Stadt zu gründen.“ Das habe den Vorteil, dass man als Kommune größeren Einfluss auf die Mietpreise hat und sozial-schwachen Menschen günstigen Wohnraum anbieten kann. Verstärkt auch im Zentrum Mechernichs.
Einsetzen will sich die neue Fraktionsgemeinschaft aber auch dafür, dass die Ausweisung von Neubaugebieten sehr behutsam stattfindet. „Und noch stärker als bisher ökologische Aspekte mit berücksichtigt werden müssen“, so Wassong weiter. Außerdem stehe das Thema „Verkehrspolitik“ ganz oben auf der Agenda. Voranbringen will man zum Beispiel den Anschluss an das S-Bahn-Netz nach Köln mit Elektrifizierung der Eifelstrecke und sowie bessere Parkmöglichkeiten an Bahnhöfen schaffen. Wassong: „Was nützt uns der schönste Bahnhof, wenn man dort nicht parken kann?“
Für ihn gehört der parallele Ausbau des Radwegenetzes zwingend zur Entwicklung Mechernichs dazu: „Optimal wäre doch, wenn die Leute mit dem E-Bike zum Zug kommen und erst gar nicht mit dem Auto.“ Schritt für Schritt wollen die Fraktionspartner noch andere Kernthemen angehen. „Aber nicht alles auf einmal. Rom ist auch nicht an einem Tag erbaut worden“, so der 64-jährige SPD-Fraktionschef und Vermögensberater aus Gehn schmunzelnd.
Gültigkeit soll das Bündnis mindestens noch für die Dauer der Legislaturperiode besitzen, demnach bis 2025. Ins Rollen gebracht wurde die Entwicklung letztlich von außen. „Wir sind im Prinzip von anderen angesprochen worden: Warum macht ihr nicht eine Fraktionsgemeinschaft?“, so Wassong. Der daraufhin pragmatisch handelte: „Da hab ich ihn mal angerufen.“
pp/Agentur ProfiPress