Neuer Anfang im Hospiz
Früherer Bonner Bundestags-Chauffeur und Kessenicher Schützenkönig erlebt in Mechernich eine völlig unerwartete Wende: „Watt fott öss, öss fott, aber jetzt bin ich glücklich, im Paradies zu sein“
Mechernich – „Hier hat mein Leben einen neuen Anfang genommen“, sagt Hans-Dieter Linden an seinem 80. Geburtstag. Der gebürtige Bonner und frühere Schützenkönig von Kessenich feiert ihn am 23. September 2021 in Mechernich. Und zwar an einem Ort, den viele mit Tod und Trauer in Verbindung bringen, der aber in Wahrheit oft auch ein Platz intensiver Lebenserfahrung – und, ja, auch Lebensfreude – sein kann.
Der Ort, an dem sein Leben noch einmal eine unerwartete und intensive Wende genommen hat, ist das Hospiz „Stella Maris“ des Ordo Communionis in Christo. Der Mann, der 47 Jahre Fahrer – zuletzt Cheffahrer – für den Deutschen Bundestag in Bonn war und nach und nach sieben Dienst-Mercedes der unterschiedlichsten Modelle verschlissen hat, meint es ernst, wenn er sagt: „Ich bin glücklich, hier in Freiheit zu leben, nachdem ich mein bisheriges Leben hinter mir gelassen habe.“
Schon am ersten Tag, als ihn Hospizleiterin Schwester Verena Izzo und „Eifel-Doc“ Dr. Franz-Josef Zumbé begrüßt hätten, habe er gespürt, „hier geschieht etwas völlig anderes mit Dir, als Dir in Deinem früheren Leben begegnet ist“. Das war am 22. Juli – wenige Tage nach der Flutkatastrophe, während der er am Morgen des 15. Juli mit anderen Gästen aus dem überschwemmten Euskirchener Hospiz zunächst ins Kreiskrankenhaus Mechernich evakuiert worden war.
„Dann sagte Schwester Elke am 22. Juli zu mir: Wir ziehen um!“ „Schon wieder?“, fragte Linden: „Es war das fünfte Mal.“ Dann kam der „austherapierte“ Krebspatient ins Hospiz „Stella Maris“ in Mechernich und damit „ins Paradies auf Erden“, wie Hans Dieter Linden betont: „Das meine ich sehr ernst!“ Obwohl er auch vorher „landläufig“, aber eher oberflächlich „katholisch war, aber längst nicht jeden Sonntag in die Kirche ging“, sei er im Eifeler Hospiz „Mutter Marie Therese und mit ihr Gott begegnet“.
Der Mann, der auch im Hospiz keinen Zweifel an seinem frohen rheinischen Naturell aufkommen lässt und als echter „Homo Sympathikus“ selbstredend der Liebling der haupt- und nebenamtlichen Hospizkräfte ist, steht nicht in dem Verdacht, ein Frömmler zu sein.
„Wenn was ist, melden!“
Aber die umwälzenden Erfahrungen, die er im Hospiz und im Kontakt mit den Schwestern der Communio in Christo machte, hauten ihn im positiven Sinne „vom Hocker“. Allein die „Begrüßungszeremonie“ werde er nie vergessen: „Und denken Sie daran, unsere Hausordnung zu beachten“, habe Dr. Franz-Josef Zumbé mit scheinbarer Strenge gesagt. „Wenn was ist, melden! – Das ist der einzige Punkt…“
Am nächsten Tag habe er von der aus Indien stammenden Samaritan-Schwester Rose Marpanathhukaran Kunjuvareed eine Broschüre des niederländischen Journalisten Jan Schuergers über das Leben der Communio- und Hospizgründerin Mutter Marie Therese erhalten: „Die Lektüre hat mein Leben verändert!“
Nach und nach habe er weitere Bücher gelesen, habe von dem Pfleger David Kanke ein Neues Testament geschenkt bekommen, Dr. Franz-Josef Zumbés „EifelDoc“ verschlungen, habe Mutter Marie Thereses Grab auf dem Mechernicher Friedhof besucht und eine geschlagene Dreiviertelstunde in ihrem Sterbezimmer im Mutterhaus verbracht. Zurzeit hat er sich die mehrhundertseitige Biographie „Weit über alle Grenzen“ Mutter Marie Thereses vorgenommen.
Aus seinem früheren Leben habe alles verloren, seine Familie, seine Heimat, seine Bindungen, statt im Dienst-Mercedes sitze er heute im Rollstuhl und seinen Krebs habe er beschlossen, auszublenden, sagte Hans Dieter Linden im Gespräch mit dem Journalisten und Diakon Manfred Lang: „Ich habe jetzt wie Mutter Marie Therese alles hinter mir gelassen, jetzt bin ich frei.“
Und in dieser neuen Freiheit, der leider auch die Abkehr von seiner Tochter, von deren Töchtern und einem Urenkelkind vorausgegangen war, komme er jetzt Tag für Tag Gott näher auf die Spur. So gesehen sei er glücklich, lebe „dort, wo man leben sollte, im Heute, nicht im Gestern oder Morgen“.
Hans Dieter Linden sagt: „Das Hospiz ist jetzt meine Familie“. Er habe alle vom Personal ins Herz geschlossen, auch die Schwestern Lidwina und Rose von der Kommunität im Mutterhaus des Ordo Communionis in Christo und die ehrenamtliche Hospizhelferin Margret Henk, die ihm zu seinem Ehrentag den Lieblingskuchen seiner Mutter – Käsekuchen mit Rosinen – gebacken hat. Fürs Wochenende erwartet der 80jährige Freunde aus dem Westerwald zum Wiegenfest.
Geheimnisse im Herzen
„Es ist mein Wunsch, dieses Interview zu geben, damit er dieses Hospiz »draußen« in den höchsten Tönen loben könne“, so der Mann, der viele Geheimnisse Bonner Abgeordneter und Minister in seinem Herzen verschlossen und niemals ausgeplaudert hat. „Sonst wäre ich über den Umweg der Bildzeitung reich geworden“, scherzt der 1941 im Bonner Elisabethkrankenhaus geborene Hospizgast.
„Hier wird zusammen Kniffel gespielt und Kuchen gebacken, gelacht und, wenn man kann und wenn es sein muss, auch getanzt“, das sei alles „so völlig anders, als man es landläufig von so einem solchen Ort erwarte. „Hier hat sich mein Leben von Grund auf verändert“, so Linden: „Watt fott öss, öss fott, aber ich spüre jetzt jeden Tag, was ich dafür bekommen habe. Zuneigung von lieben Menschen hier – und auch von Gott“
Seine Initialen übersetzt Hans Dieter Linden mit „Hab Dich lieb“ und für das Hospizpersonal hat er ein Quatschgedicht erfunden: „Im Hospiz – von A bis Z, sind alle nett!“ Der Bonner kann es aber auch sehr spirituell zum Ausdruck bringen, was ihm im Hospiz „Stella Maris“ begegnet ist: „Jesus – Gott – Frieden – Liebe“.
pp/Agentur ProfiPress