Nach Schlagabtausch Zustimmung
Rat der Stadt Mechernich debattierte leidenschaftlich über den Haushalt 2025 – Viel Kritik am Kreis Euskirchen – FDP und Grüne stimmten gegen den Etat, der Rest machte den Weg frei für das 81 Millionen Euro schwere Ausgabenpaket
Mechernich – Wenn der CDU-Fraktionschef David Ricardo zitiert, die SPD prompt die „schwäbische Hausfrau“ aufs Tapet bringt und der FDP-Vorsitzende die Haushaltslage mit „Monopoly“ vergleicht, dann ist klar: Es geht um den Haushalt der Stadt Mechernich. Am Ende stimmte der Rat mit Mehrheit dem Etat für 2025 zu – bei Gegenstimmen von Grünen und FDP. Das Zahlenwerk weist bei einem Volumen von 81 Millionen Euro an Ausgaben ein Defizit von 4,2 Millionen Euro aus. Ein nicht ganz so schlimmes Defizit wie noch Anfang des Jahres befürchtet.

„Wir konnten den Haushalt gegenüber dem Entwurf um 2,57 Millionen Euro verbessern“, berichtete Kämmerer Ralf Claßen zu Beginn der Debatte über die Änderungen, die sich seit der Einbringung ergeben hatten. Vor allem die reduzierte Kreisumlage, um die in der Vergangenheit intensiv gestritten wurde, sorgte für diese Verbesserung.
Doch versöhnlich gestimmt war Ralf Claßen damit nicht. Er kritisierte erneut heftig die verspätete Mitteilung des Kreises Euskirchen über einen Jahresüberschusses von 17 Millionen Euro für das Jahr 2023: „Ich finde es sehr überraschend und bemerkenswert, dass dort erst 15 Monate später dieses Ergebnis bemerkt wird.“ Zuvor hatten die Kämmerer und Bürgermeister der Kreis Euskirchener Kommunen in einer gemeinsamen Aktion das Vorgehen des Kreises öffentlich kritisiert, erst danach kam beim Kreis Bewegung in die Haushaltsdebatte. Für Ralf Claßen steht jedenfalls fest: „Die Kreisumlage hätte noch deutlicher gesenkt werden können.“

Defizite von heute, Steuern von morgen
Anschließend war es an den Parteien, das Zahlenwerk der städtischen Kämmerei zu bewerten. Peter Kronenberg (CDU) zitierte dafür den Ökonomen David Ricardo: „Die Defizite von heute sind die Steuern von morgen.“ Für die CDU sei klar: „Wir können und sollten nur das ausgeben, was wir haben. Das sind wir den nachfolgenden Generationen schuldig.“
Im Fokus seiner Kritik stand der Kreis Euskirchen. Kronenberg erinnerte an die ursprünglich geplante Erhöhung der Kreisumlage um rund 55 Millionen Euro bis 2028. Für Mechernich hätte dies allein im kommenden Jahr eine Mehrbelastung von 4,2 Millionen Euro bedeutet. „Der Kreis bestellt die Musik und die Kommunen zahlen die Zeche“, formulierte Kronenberg prägnant.
Zum städtischen Haushalt bekannte sich die CDU klar: „Wir stehen für Investitionen in Schulen, Kindergärten, Hochwasserschutz und Dorfgemeinschaftshäuser.“ Besonders erfreulich sei, dass 2025 keine Steuererhöhungen notwendig würden: „Die CDU-Fraktion hat sich sehr lange gegen Steuererhöhungen gesperrt.“ Ob dieser Kurs angesichts der weiter steigenden Kreisumlage dauerhaft durchgehalten werden könne, bleibe allerdings fraglich.
Zuletzt verteidigte Kronenberg den vielfach kritisierten Kauf des Eifeltor-Areals. Die Stadt habe mit dem Erwerb die Chance, die Freizeit- und Tourismusanlage für die Öffentlichkeit zu sichern und weiterzuentwickeln. Die Suche nach privaten Betreibern für Hotel, Gastronomie und Sommerrodelbahn laufe bereits. Kronenbergs Fazit: „Wir leben in schwierigen Zeiten, aber wir in Mechernich behalten trotz allem die Zukunft unserer Stadt im Blick.“

Zustimmung mit Bauchschmerzen
Daniel Decker (SPD) griff das Ricardo-Zitat von Kronenberg direkt auf – und stellte ein anderes Denkmodell dagegen: „Das ist die Denkweise der schwäbischen Hausfrau – aber wenn man sich das als Staat anschaut, dann ist der gezwungen, Schulden zu machen.“ Schulden seien nicht per se schlecht, sondern Grundlage gesamtwirtschaftlicher Entwicklung.
Anschließend trug Decker die Rede vor, die der SPD-Fraktionsvorsitzende Beppo Wassong bereits verfasst hatte, bevor die Ratssitzung verlegt werden musste und dadurch seine Teilnahme unmöglich wurde. Für einen kurzen Überraschungsmoment sorgte die Rede als Decker die guten Straßen, den bedarfsgerechten öffentlichen Personennahverkehr, funktionierende Schul- und Sozialeinrichtungen, Sport- und Freizeitangebote lobte und das mit dem Satz verknüpfte: „Wir hatten das Glück, mit Dr. Hans Peter Schick einen fähigen und umtriebigen Bürgermeister an der Spitze der Stadt Mechernich zu haben.“
Aber natürlich blieb anschließend auch die Kritik nicht aus, die eine Opposition schließlich auszeichnet. „Wir wollen Dinge in Mechernich besser machen und müssen Themen neu denken lernen“, so Decker. Kritisch bewertete die SPD daher die fehlenden Fortschritte bei der Innenstadtentwicklung und die dauerhafte Belastung durch die städtische Freizeitgesellschaft: „Ein Konglomerat aus Geschäftsfeldern, das ohne Alimentierung der Stadt nicht überleben würde.“
Am Ende rang sich die SPD-Fraktion zu einer Zustimmung durch – nicht ohne Verweis auf ihre Verantwortung: „Wir haben uns auf eine Zustimmung geeinigt – mit dem Versprechen, den Weg zum Wohle aller Bürgerinnen und Bürger weiter mitzugehen.“

Zeitenwende erfordert Verantwortung
Für die UWV machte Dr. Manfred Rechs klar: „Jammern nützt nichts. Stattdessen gilt, da, wo wir Einfluss nehmen können, müssen wir aktiv Verantwortung übernehmen.“ Er richtete den Blick über die reinen Zahlen hinaus: „Wir befinden uns in einer Zeitenwende. Zusätzlich haben Fehlentscheidungen auf nationaler und internationaler Ebene die wirtschaftliche Lage erheblich verschlechtert.“ Preissteigerungen, Bürokratielasten und sinkende Fördermittel träfen Kommunen wie Mechernich besonders hart.
Die UWV plädierte deshalb für eine klare Priorisierung: „Noch gründlicher als bisher gilt es zu überlegen, wofür wir das geborgte Geld investieren.“ Sicherheit, Bildung, Gesundheit, Hochwasserschutz und die Instandhaltung der Infrastruktur müssten an oberster Stelle stehen.
In der Siedlungspolitik betonte Rechs, dass die Stadt weiterhin bezahlbaren Wohnraum entwickeln wolle – inklusive neuer Wohnformen wie Tiny Houses. Auch im Gewerbebereich verwies er auf Erfolge: „Wir haben neue Gewerbeflächen generiert und Gewerbesteuerzahler angesiedelt, die unsere Einnahmen maßgeblich erhöhen.“
Mit Blick auf die Zukunft regte Rechs an, alternative Finanzierungsmodelle wie Crowdfunding oder Kooperationsprojekte im Bereich erneuerbare Energien zu prüfen: „Photovoltaik-Anlagen sollten auf allen Dächern und dort gebaut werden, wo der Eingriff in die Natur minimal ist.“ Sein Fazit: „Die Zeitenwende hat uns fest im Griff. Stellen wir uns der Herausforderung und übernehmen aktiv die Verantwortung.“ Die UWV-Fraktion stimmte dem Haushalt 2025 zu.

Klima und Klimaschutz Fehlanzeige
Für die Fraktion von Bündnis 90/Die Grünen kritisierte Gerd Altmeier nicht nur die aktuellen Zahlen, sondern grundsätzlich die politische Richtung des Haushaltsentwurfs. „Der Haushalt einer Kommune ist immer ein Spiegelbild der Politik, die ihn prägt“, sagte Altmeier eingangs – und räumte ein, dass Investitionen in Schulen, Feuerwehr und Hochwasserschutz von seiner Fraktion mitgetragen würden.
Doch es gebe Schattenseiten. „2024 wurde, mit der Mehrheit von CDU und UWV, der Kauf des Hotels Eifeltor inklusive Sommerrodelbahn noch schnell unter Dach und Fach gebracht“, so Altmeier. Das sei eine Millioneninvestition, „die mit der originären städtischen Aufgabe der Daseinsvorsorge so überhaupt nichts zu tun hat“. Auch andere Projekte wie die zwischenzeitlich eingestellte „städtische Frittenbude“ seien Symptome einer konzeptlosen Entwicklung.
Besonders scharf kritisierte er die ungebremste Ausweisung neuer Baugebiete. Die geplanten 750 neuen Wohneinheiten könnten laut Altmeier die Einwohnerzahl von Obergartzem und Firmenich „wohl verdoppeln“ – mit negativen Auswirkungen auf die Dorfgemeinschaften und die Umwelt. „Bei der Starkregenkatastrophe 2021 waren die Äcker gesättigt. Mit der Flächenversiegelung in den sogenannten Siedlungsschwerpunkten wird dieser Zustand dann permanent.“
Auch beim Klimaschutz fand Altmeier klare Worte: „Haben Sie schon einmal den Haushaltsentwurf nach den Begriffen Klima oder Klimaschutz durchsucht? Auf hunderten Seiten kommen sie nur zweimal vor.“ Dass CDU, FDP und UWV im Kreistag auch noch die Stellen der Klimaschutzkoordination gestrichen hätten, sei für ihn nicht nachvollziehbar. Kein Wunder also, dass die Grünen den Haushaltsentwurf ablehnten.

„Wir spielen Monopoly“
Genauso wie die FDP-Fraktion, für die Oliver Totter griff tief in die bildhafte Rhetorikkiste griff: „Es entsteht der Eindruck, dass sich mit fremdem Geld – nämlich unser aller Steuergeld – gut spielen lässt.“ Die Situation erinnere ihn an das Brettspiel Monopoly: „Man könnte glatt von einem Kreislauf sprechen, bei dem immer über den Nutzen, aber nie über die Kosten gesprochen wird – man geht zwar über Los, erhält aber keine 4.000 Euro.“
Er kritisierte, dass der Haushalt auf altbekannten Einnahmequellen beruhe, ohne neue Perspektiven zu schaffen. Besonders problematisch sei die fortlaufende Abhängigkeit von Grundstücksverkäufen: „Alleine auf die Ereigniskarte ‚Grundstücksverkäufe‘ zu setzen, führt zum Verbrauch endlicher Flächen und ignoriert die Folgekosten.“ Diese Folgekosten für Infrastruktur – etwa Nahverkehr, Kitas und Energieversorgung – würden in der Debatte oft ausgeblendet.
Totter ging auch hart mit der städtischen Freizeitpolitik ins Gericht. Der Erwerb der Eifeltor-Anlage sei ein finanzielles Risiko: „Man weiß schon jetzt, dass selbst wenn sich jemand finden lässt, die zu erzielenden Einnahmen die Kosten sicher nicht decken werden.“ Frühere Versuche, etwa der städtische Foodtruck und das Bistro, hätten ebenfalls nicht den erhofften Erfolg gebracht.
Einen klaren Appell richtete die FDP an die Mehrheit im Rat: „Die Verwaltung fordert den Kreis zu Recht auf, Ausgaben zu kürzen. Aber die Ereigniskarte ‚Sparen‘ wollen in Mechernich weder Verwaltung noch die Mehrheit der Politik ziehen.“ Der FDP-eigene Antrag, zwei Prozent der Ausgaben einzusparen, sei ohne ernsthafte Diskussion abgelehnt worden.

Ausufernde Bürokratie, hohe Schulden
AfD-Fraktionssprecher Heinz Fürkötter eröffnete seine Rede mit einem Dank an die Verwaltung: „Die AfD-Fraktion bedankt sich bei allen Bediensteten der Stadt Mechernich für die hervorragend geleistete Arbeit.“
Trotz der schwierigen Haushaltslage betonte Fürkötter die bislang solide Finanzpolitik der Stadt: „Solides Haushalten mit Augenmaß führte seit vielen Jahren zu ausgeglichenen Haushalten und zu Rücklagen, von denen andere Städte nur träumen können.“ Die aktuellen finanziellen Herausforderungen führte er nicht auf kommunales Versagen zurück, sondern auf politische Entscheidungen auf Bundesebene.
„Während wir hier jeden Euro zweimal umdrehen müssen, werden anderswo Milliarden verschwendet – für ideologische Projekte, chaotische Finanzpolitik, weltfremde Klimaprojekte und eine gescheiterte Migrationspolitik“, kritisierte Fürkötter. Besonders monierte er eine ausufernde Bürokratie und hohe Schuldenberge: „Doch wenn es um die Finanzierung der Städte und Gemeinden geht, dann heißt es plötzlich: Das Geld reicht nicht.“
Sein Fazit: „Die Bürgerinnen und Bürger haben es verdient, dass ihre Steuergelder endlich wieder dort ankommen, wo sie hingehören: in ihre Heimat, in ihre Städte, in ihre Sicherheit und in ihre Zukunft.“ Die AfD werde dem Haushaltsentwurf zustimmen – „für eine Politik mit gesundem Menschenverstand“.
pp/Agentur ProfiPress