Mechernichs Bienenflüsterer
Dennis Oesterling und Ludwig Schmitz teilen die Leidenschaft für die fleißigen Honigsammler – Als Bienensachverständige behandeln sie Krankheiten und unterstützen den Amtsveterinär bei der Bekämpfung von Seuchen
Mechernich/Kommern – Kurze Hose, gelbes T-Shirt, Sandalen. Ludwig Schmitz ist auf dem Weg zu seinen Bienen. Schutzkleidung? „Das ist meine Schutzkleidung“, sagt der 71-Jährige lächelnd und zieht sich eine grüne Schürze an. Wenig später tritt er den Beweis an, dass er die charakteristische Imkerkleidung in der Tat nicht benötigt. Hinter der Mechernicher Grundschule schließt er den Zaun zu seinen 120.000 Haustieren auf, öffnet einen Bienenkorb und hält sich eine Wabe nur wenige Zentimeter neben das Gesicht. Die Bienen nehmen es gelassen hin und sind brav. Stiche? Fehlanzeige.
Kurze Hose, gelbes T-Shirt, Sandalen. Die Szenen gleichen sich. Auch Dennis Oesterling verzichtet gänzlich auf eine Schutzleidung als er sich den Bienenstöcken nähert. Ein Teil seiner 25 Völker stehen bei ihm zuhause in Kommern direkt am Bleibach. Das Summen ist unfassbar beruhigend. Auch der 42-Jährige kann eine Wabe einfach in die Hand nehmen, die Königin suchen, ganz viel über Bienenvölker erklären und bleibt trotzdem unbehelligt von den offenbar handzahmen Honigsammlerinnen.
Krankheiten behandeln
Das ist nicht die einzige Gemeinsamkeit von Oesterling und Schmitz. Beide sind Bienensachverständige. Eine Aufgabe, bei der sie Krankheiten behandeln und den Amtsveterinär bei der Bekämpfung von Seuchen unterstützen.
Ludwig Schmitz ist froh, dass er nach Jahren im Amt mit Dennis Oesterling einen jungen Nachfolger gefunden hat, „der mit dem Computer umgehen kann“. Denn die Arbeit bringt eine gewisse Bürokratie mit sich. Aber das muss sein, damit sich Krankheiten wie die amerikanische Faulbrut nicht ausbreiten können.
Früher war sie unter Imkern noch mehr gefürchtet, als heute. Denn befallene Stöcke wurden laut Dennis Oesterling einst abgeschwefelt. Die Angst war groß, alle Völker zu verlieren. „Heute können wir Völker sanieren und saubere Beuten können sich regenerieren“, weiß der Kommerner Bienenexperte.
Beruhigender Ausgleich zur Arbeit
Er selbst ist zu dem Hobby gekommen, weil er bei einem Arbeitskollegen immer so viel Honig gekauft hat. „Werde doch selbst Imker“, hat der einst zu ihm gesagt und mit zwei Stöcken und einem Grundkurs in Düren fing 2014 seine Geschichte mit den Bienen an. Heute hat er 25 Völker, eine magische Grenze für das Steuerrecht.
Als Schichtarbeiter in der chemischen Industrie liebt er die beruhigende Arbeit mit den Bienen. Den Honig liebt er sowieso, entweder aus den selbst kreierten Gläsern oder aus den charakteristischen Gläsern des Deutschen Imkerbunds. „Das ist ein Qualitätsmerkmal. Denn Honig aus diesen Gläsern darf maximal 18 Prozent Wassergehalt haben“, so Oesterling, der sein Wissen auch gerne am Bienenstand im Freilichtmuseum weitergibt.
1976 mit dem Hobby angefangen
Gleiches macht Ludwig Schmitz mit den Kindern der katholischen Grundschule in Mechernich. „Wenn die sich freuen, freue ich mich auch“, sagt der 71-Jährige über die erfüllende Arbeit mit den Schülerinnen und Schülern. Während er alles über sein Hobby erklärt, merkt man richtig, wie er in seinem Element ist. „Wenn ich bei den Bienen bin, bin ich glücklich“, ist so ein Satz, den man ihm nicht nur glaubt, sondern auch ansieht.
Er strahlt dann ein besonderes Selbstbewusstsein aus. Das war auch der Grund dafür, dass er 1976 mit dem Bienenhobby angefangen hat. „Ich war in Rechtschreibung nicht so gut und hatte mitunter Minderwertigkeitskomplexe. Mit den Bienen bin ich immer selbstbewusster geworden“, sagt der Mechernicher, der vor seiner Rente jahrzehntelang Post-Lkw gefahren ist.
Daher war die Bienenhaltung und -zucht auch immer ein willkommener Ausgleich in der Natur. Und sein Wissen ist über die Jahrzehnte enorm angewachsen. Daher weiß er auch, dass die aktuelle Jahreszeit ganz wichtig ist für die Entwicklung der Bienen. „Wer den Herbst versäumt, hat im Frühjahr nichts mehr“, weiß Schmitz, der seit Jahrzehnten auch selbst Königinnen züchtet. Auch dadurch seien die Völker über die Jahre immer ruhiger geworden. So ruhig, dass er eben auf Schutzkleidung verzichten kann und nach getaner Arbeit lediglich die grüne Schürze ablegen muss.
pp/Agentur ProfiPress