Großer Bahnhof im Bahnhof
Elf Millionen Euro wertvolle Modernisierung der Mechernicher Gleisanlagen inklusive überdachter Bahnsteige, Aufzüge und Fußgängerbrücken in Betrieb genommen – Seit Samstag rollen wieder die Regionalzüge auf der seit der Flut 2021 wieder aufgebauten Eifel-Eisenbahnstrecke
Mechernich – Großer Bahnhof im Bahnhof: Viel prominentes Fachpublikum fand sich zum Wochenbeginn im Mechernicher Bahnhof ein, um den Abschluss der fast elf Millionen Euro teuren Bahnsteig- und Anlagenmodernisierung einschließlich Fußgängerüberführung und Aufzugsanlagen zu feiern.
Dabei gab es viel Lob für die Stadt Mechernich, die einen barrierefreien Ausbau der völlig veralteten Gleisanlagen in Gang gesetzt hatte, obwohl sie originär gar nicht zuständig war. Und seitens der DB auch nicht an der Reihe gewesen wäre…
Mit dieser millionenschweren Initiative zogen Stadtrat, Erster Beigeordneter Thomas Hambach als Projektmanager und Bürgermeister Dr. Hans-Peter Schick letztendlich auch die Deutsche Bahn (DB), Nahverkehr Rheinland (NVR) und DB Station & Service AG mit.
Dazu allerdings bedurfte es unter anderem der politischen Unterstützung des von Bernd Kolvenbach geführten Zweckverbandes Verkehrsverbund Rhein-Sieg, in dem auch der Mechernicher Kommunalpolitiker Hans Schmitz sein gewichtiges Wort in die Waagschale warf, ebenso der Landtagsabgeordnete Klaus Voussem.
„Schneller als eine Großstadt“
„Dass wir nach gut zwei Jahren Bauzeit trotz aller Handicaps einschließlich Corona schon fertig sind bei einer überschaubaren Kostenüberschreitung“, lobte NVR-Geschäftsführer Dr. Norbert Reinkober: „Das ist das Verdienst der den Bau ausführenden Firmen, der Planungsbüros Schmidt und Gotthard & Knipper, vor allem aber der Stadtverwaltung Mechernich.“
„Mit einer Großstadt“, so Reinkober, wäre man nie und nimmer so zügig und konsequent zum Ziel gekommen.
Am Ende bleiben eine halbe Million oder auch noch etwas mehr der 10,8 Millionen Kosten am Mechernicher Stadtsäckel „hängen“, eine Summe, die politisch verantwortbar sei angesichts des Quantensprungs an logistischer Infrastruktur, Modernisierung und Bequemlichkeit für Bürger und Bahnnutzer, so Bürgermeister Dr. Hans-Peter Schick.
Einen großen Anteil, nämlich 500.000 Euro der Planungskosten, hatte die DB Station & Service der Kommune abgenommen. Die reinen Baukosten trägt der Betrieb Nahverkehr Rheinland (NVR) zu hundert Prozent.
Immerhin 60 Prozent der arbeitenden Bevölkerung am Bleiberg seien Pendler. Zurzeit nutzten auch dank der vielen kommunalen Park- & Ride-Parkplätze bereits etwa 3000 Ein- und Aussteiger den Mechernicher Bahnhof, so Dr. Schick. Ein Wert, den Dr. Norbert Reinkober gerne schnellstmöglich auf 5000 in Mechernich ein- oder aussteigende Bahnnutzer pro Tag steigern möchte.
Voraussetzung wäre die möglichst baldige Elektrifizierung der Eifelstrecke Köln-Trier-Saarbrücken. „Es wäre die Vollendung meines Lebenswerks“, so Reinkober: „Dann wäre das gesamte Rheinland oder jedenfalls der Großraum Köln umweltfreundlich an das überregionale Schienennetz angebunden.“
Das erklärte Reinkober vor der erheblichen Geräuschkulisse der seit Samstag wieder verkehrenden dieselbetriebenen Regionalexpresszüge, die auch während der Feierstunde alle halbe Stunde aus Richtung Köln, beziehungsweise Trier/Saarbrücken ein- und aus fuhren, so dass die Festredner ihre Ansprachen unterbrechen mussten. „Mit E-Loks wäre das nicht passiert“, so Reinkober.
„Nicht nur geredet, sondern gehandelt“
„Egal, welche Probleme aufgetreten sind, wir haben alles sehr unkonventionell lösen können“, berichtete der Nahverkehrschef: „Dann hat Bürgermeister Schick angerufen und hat gesagt: »Wir müssen reden« – und dann haben wir uns umgehend zusammengesetzt und nicht nur geredet, sondern nach Lösungen gesucht…“
Bürgermeister Dr. Hans-Peter Schick nutzte die Gunst der Stunde, um Mechernich, das moderne aufstrebende Mittelzentrum im Herzen der linksrheinischen Provinz, als Haltepunkt für den Regionalexpress RE 12 zu empfehlen. Damit wäre der Bleiberg-Hauptbahnhof, den die Unternehmer-Familie Rolf („Schäfer Reisen“) und Christoph Schäfer (Autohaus Schäfer GmbH) vor mehr als zehn Jahren gekauft und modernisiert hat, Schnellzughalt auf der bald elektrifizierten und möglicherweise in ihrer Bedeutung stark aufgewerteten linksrheinischen Eisenbahnstrecke.
Nach dem verheerenden Unwetter im vergangenen Sommer war die Eifelstrecke an mehreren Stellen unterspült und verschüttet worden. Züge von Köln und bis Mechernich sowie in umgekehrter Richtung verkehren erst seit vergangenem Samstag, 23. April, wieder.
Zum Zeitpunkt der Feierstunde bereits fertig gestellt sind unter anderem der Hausbahnsteig und der neue Mittelbahnsteig, die beide 170 Meter lang sind und mit Bahnsteigdächern versehen wurden. Auch die Fußgängerbrücke mit Treppenanlagen und drei Aufzugstürmen steht bereits, kann aufgrund von Restarbeiten aber voraussichtlich erst ab Juli genutzt werden, hieß es.
„Aufzug geht erst im Juli in Betrieb“
Die Stadt habe im Umfeld mehrere P+R-Anlagen mit 488 Stellplätzen gebaut. Genutzt werden könnten zudem 25 Fahrradboxen, mehrere Bike-und-Ride-Anlagen sowie eine e-Bike-Station, so Bürgermeister Dr. Hans-Peter Schick: „Unser Ziel ist es, dass bis Ende Mai die Personenüberführung fertiggestellt ist. Die drei Aufzüge können voraussichtlich Ende Juli in Betrieb genommen werden.“
NVR-Geschäftsführer Dr. Norbert Reinkober betonte die Wichtigkeit des barrierefreien Ausbaus: „Durch die Modernisierung werden alle Menschen in Mechernich – ob mit Handicap oder ohne – die Züge einfach und bequem nutzen können.“ Für die beschleunigte Elektrifizierung der Eifelstrecke sei bereits eine Finanzierungsvereinbarung mit dem NRW-Verkehrsministerium unterzeichnet worden.
Kai Rossmann, Bahnhofsmanager bei der DB Station & Service AG, bedankte sich bei Bürgermeister Dr. Schick: „Durch das Engagement der Stadt mit eigenen finanziellen Mitteln und dem Einsatz bei Planung und Bau ist ein wahres Schmuckstück entstanden. Alle Bürger können stolz darauf sein, ein so modernes Tor zum Schienenverkehr zu haben.“
Jens Schäfer, Leiter S-Bahnen Köln der DB Netz AG, zeigte sich erfreut darüber, dass der Betrieb auf dem Streckabschnitt von Euskirchen nach Mechernich gut angelaufen ist: „Jetzt können die Menschen aus der Region den Bahnhof Mechernich nach langen Monaten des durch die Flut erzwungenen Stillstands endlich wieder nutzen. Es mussten und müssen im weiteren Verlauf der Strecke zerstörte Gleise, Bahnkörper, Bahnsteige und die Signaltechnik wiederhergestellt werden.“
Im Sommer dieses Jahres soll der sich anschließende Abschnitt bis Kall wieder befahrbar sein. Die Arbeiten am Abschnitt bis Nettersheim werden voraussichtlich bis Ende 2023 dauern. Auf der Voreifelstrecke zwischen Bonn und Euskirchen kann ab dem 1. Mai dieses Jahres wieder die komplette Strecke genutzt werden. Dann soll auch das letzte von den Hochwasserschäden betroffene Teilstück zwischen Rheinbach und Euskirchen instandgesetzt sein.
pp/Agentur ProfiPress