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Ein Brunnen zum Plaudern

Elisabeth Servaty war als Besitzerin des Gemischtwarenladens in Rinnen 45 Jahre lang erste Anlaufstelle für Neuigkeiten aus dem Ort

Von Steffi Tucholke

Kall-Rinnen – „Na, was gibt’s Neues?“ Diese Frage bekommt Elisabeth Servaty immer zu hören, wenn sie Freunde und Bekannte trifft. 45 Jahre lang war sie als Betreiberin des einzigen Gemischtwarenladens in Rinnen auch die dörfliche Nachrichtenzentrale. Im Geschäft hatte sie immer ein offenes Ohr für Freud und Leid ihrer Kunden, war jederzeit zu einem Schwätzchen bereit – und erste Anlaufstelle für Neuigkeiten aus dem 335-Seelen-Ort.

Statt hinter der Ladentheke ihres früheren Gemischtwarenladens findet man Elisabeth Servaty heutzutage am Brunnen in der Ortsmitte – immer bereit für einen Plausch. Foto: Steffi Tucholke/pp/Agentur ProfiPress

Das hat sich bis heute gehalten – obwohl Elisabeth Servaty ihren Laden einigen Jahren zugemacht hat. Treffpunkt ist seitdem der Brunnen in der Ortsmitte. „Dort kann man schön sitzen, das Plätschern des Wassers beruhigt, und im Sommer lasse ich die Füße darin baumeln“, erzählt die Rinnenerin und fügt hinzu: „Hier treffen sich die Leute – Freunde, Bekannte, Spaziergänger, Wanderer – und dann wird erzählt.“

Schönste Zeit im Leben

Obwohl sie gebürtig aus Köln stammt, kennt Elisabeth Servaty Rinnen seit ihrer Kindheit. Oft verbrachte sie dort gemeinsam mit ihrer Schwester die Ferien auf dem Hof ihrer Tante. Sie begleiteten den Kuhhirten auf die Weide und fuhren mit in die Heuernte. 1960 zog die Familie schließlich ganz nach Rinnen, nachdem die Eltern dort eine Gaststätte gekauft hatten.

In der Gaststätte Mäder nahm so mancher Weg, den das Leben von Elisabeth Servaty einschlug, seinen Anfang. So lernte sie dort ihren Mann Edmund kennen, mit dem sie später zwei Kinder bekam. Er war es auch, der den Rohbau an der Rinnener Hauptstraße, in dem unten der Lebensmittelladen und oben die Wohnräume für die Familie entstanden, in ein fertiges Haus verwandelte.

Die Ruheständlerin erinnert sich gerne zurück: „Der Kontakt und das Miteinander mit den Leuten haben mir immer gefallen. Ich konnte so viele Freundschaften schließen, wir haben zusammen gefeiert und zur gleichen Zeit unsere Kinder bekommen – das war wohl die schönste Zeit in meinem Leben.“

Die Michaelskapelle, die 1942 eingeweiht wurde, ist mit einem Sgraffito des heiligen Erzengels Michael geschmückt, dem Schutzpatron von Rinnen. Foto: Steffi Tucholke/pp/Agentur ProfiPress

Bis heute ist der Kontakt zu vielen Freunden geblieben, sie treffen sich regelmäßig und gehen gemeinsam Kaffee trinken, schwimmen oder wandern – zumindest war das vor dem Corona-Lockdown so. Spaziergänge führen die Rentnerin häufig zu einer nahegelegenen Quelle im Wald oder zu einem Biotop mit Seerosen-Teich.

Auf dem Weg zum Friedhof, wo sie das Grab ihres leider zu früh verstorbenen Ehemanns besuchen geht, macht Elisabeth Servaty manches Mal Halt in der Michaelskapelle. „Das ist ein guter Ort, um sich zurückzuziehen, wenn man mal »das arme Tier hat«“, so Elisabeth Servaty schmunzelnd mit einer Eifeler Mundart-Umschreibung für Gram.

Viele Erinnerungen verbindet die frühere Einzelhändlerin auch mit der katholischen Kirche: Sie heiratete dort und ließ auch ihre beiden Kinder in der Rinnener Kapelle taufen, die dem heiligen Erzengel Michael geweiht ist.

Bretter, die die Welt bedeuten

Noch älter als die Kapelle ist der Theaterverein „Einigkeit“, der 2020 sein 100-jähriges Bestehen feierte. Viele Stücke der Theatergruppe wurden auf der Bühne im Saal der Gaststätte Mäder aufgeführt – und so kam Elisabeth Servaty als 16-Jährige auch zum Theater. Seitdem habe sie ununterbrochen mit geschauspielert, ganz gleich, ob sie schwanger war oder kleine Kinder hatte. „Die Theatertruppe ist eine zweite Familie für mich.“

Rinnen im Überflug, im Hintergrund Golbach/Straßbüsch. Luftbild: Felix Lang/pp/Agentur ProfiPress

Inzwischen ist Elisabeth Servaty in dem Verein, der aktuell 130 Mitglieder zählt, darunter 20 Aktive, die Älteste auf der Bühne. Im Februar 2020 führte das Ensemble die Premiere ihres Stückes „Die Gedächtnislücke“ auf. Darin spielte sie sich sozusagen selbst, erzählt Elisabeth Servaty mit einem Schmunzeln: „Ich verkörpere eine Kauffrau mit eigenem Laden, die immer wieder das Büro des Bürgermeisters besucht, um dort Neuigkeiten zu erfahren, die sie ihren Kunden dann weitererzählen kann.“

pp/Agentur ProfiPress