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Die Initialzündung gab ein Märtyrer

25 Jahre Pogromgedenken in Mechernich mit Gedenkgang am Sonntag, 10. November, um 15 Uhr ab Bahnstraße 49, wo am 9.11.1938 das Geschäft des katholischen Bäckermeisters und Judenfreunds Andreas Girkens zerstört und er selbst misshandelt wurde

Mechernich – Der 25. Gedenkgang für die Opfer der Pogrome 1938 und der Naziherrschaft generell in Mechernich, beginnt am Sonntag, 10. November, um 15 Uhr an der ehemaligen Bäckerei Girkens

in der Bahnstraße 49. Dort lebte der als „Judenfreund“ diskriminierte und diskreditierte Bäckermeister Andreas Girkens.

Am 11. November 1938 wurde ihm das Geschäft zerstört und er selbst Opfer massiver körperlicher Tätlichkeiten. Er erlitt jahrelang weitere Drangsalierungen, wurde am 3. September 1944 wegen Abhören eines Feindsenders verhaftet und über das Gefängnis Klingelpütz in das KZ-Außenlager Köln-Deutz gebracht und gefoltert. Dort starb er am 3. Oktober 1944.

Franz-Josef Kremer führt die Pogromgedenkgänge in Mechernich seit 25 Jahren an. Im Angesicht wiedererstehender rassistischer Ressentiments und Sympathien für totalitäre Herrschaft würde er sich 2024 über eine demonstrativ hohe Beteiligung der Eifeler freuen. Foto: Kirsten Röder/pp/Agentur ProfiPress
Franz-Josef Kremer führt die Pogromgedenkgänge in Mechernich seit 25 Jahren an. Im Angesicht wiedererstehender rassistischer Ressentiments und Sympathien für totalitäre Herrschaft würde er sich 2024 über eine demonstrativ hohe Beteiligung der Eifeler freuen. Foto: Kirsten Röder/pp/Agentur ProfiPress

Die zweite Station des diesjährigen Pogromgedenkmarschs ist der Gedenkstein am Standort der ehemaligen Synagoge in der Straße „An der Linde“. Von dort geht es zum Brunnenplatz und von dort zum Dietrich-Bonhoeffer-Haus, wo der diesjährige Gedenkgang enden soll.

Initiator Pfarrgemeinderat

Vorbereitet und angeführt wird das Gedenken wie seit Anbeginn am 9. November 1999 von Franz-Josef Kremer. Initiator war damals der Pfarrgemeinderat Mechernich, dem Kremer angehörte. Die weiterführenden Schulen und christlichen Kirchen beteiligten sich von Anfang an.

Franz-Josef Kremer: „Der Erfolg hat uns dann bewegt, diese Veranstaltung regelmäßig abzuhalten. Dabei hatten wir nicht nur die Verbrechen an den Juden im Fokus, sondern alle Gruppen, die Opfer der Gewaltherrschaft des Nationalsozialismus geworden sind. Wir haben diese Veranstaltung nie nur als Erinnerungsveranstaltung gesehen, sondern auch immer den aktuellen Bezug auf die heutige Zeit betont. Wir erinnern an die Schrecken der Vergangenheit, damit sie nicht die Schrecken der Gegenwart werden können.“

Nach einer Gedenktafelenthüllung am früheren Wohnhaus von Gustav und Elvira Kaufmann und ihrer Töchter Eva und Lilly in Kommern stellten sich Mechernichs Bürgermeister Dr. Hans-Peter Schick (v.r.), Günther Schulz, Gisela Freier, die inzwischen verstorbene Christine Hiller, Helen Stone, Rainer Schulz und Robert Stone zum Gruppenbild zusammen. Foto: Manfred Lang/pp/Agentur ProfiPress.
Nach einer Gedenktafelenthüllung am früheren Wohnhaus von Gustav und Elvira Kaufmann und ihrer Töchter Eva und Lilly in Kommern stellten sich Mechernichs Bürgermeister Dr. Hans-Peter Schick (v.r.), Günther Schulz, Gisela Freier, die inzwischen verstorbene Christine Hiller, Helen Stone, Rainer Schulz und Robert Stone zum Gruppenbild zusammen. Foto: Manfred Lang/pp/Agentur ProfiPress.

Vieles in Mechernich sei letztlich durch das regelmäßige Pogromgedenken angestoßen worden, die Benennung der Andreas-Girkens-Straße, der Gedenkstein für die Mechernicher Bürger jüdischen Glaubens und für die Opfer des Holocaust an neuem Ort, ein Gedenkstein für erschossene Zwangsarbeiter in der Marienau und die rostige Skulptur Anna von Laufenbergs vor dem Rathaus, die an Zwangsarbeiter, Kriegsgefangene und alle Opfer des Nationalsozialismus und des Krieges erinnert.

Eine Gedenktafel weist auf den ehemaligen Standort der Synagoge hin. Kremer: „Und es gab 1999 in der Stadt Mechernich keinen einzigen Stolperstein vor den Wohnstätten unserer früheren jüdischen Mitbürger.  Heute sind es über fünfzig.“ Was vor allem ein Verdienst der Arbeitsgruppe Forschen-Gedenken-Handeln um Gisela Freier und Rainer Schulz sei.

Wie Franz-Josef Kremer berichtete, sei 1999 im Jahr des ersten Pogromgedenkens am Bleiberg das moderne Martyrologium „Zeugen für Christus“ des Euskirchener Herausgebers Prälat Helmut Moll erschienen – darin auch die Vita des Mechernicher Märtyrers Andreas Girkens: „Eigentlich hat uns das im damaligen Pfarrgemeinderat so bewegt und angestachelt, dass die Idee eines Pogrommarschs entstand.“

Kampf gegen das Vergessen

„Wir haben uns zusammengefunden, damit die Erinnerung an diese tapferen Menschen, die für Recht und Gerechtigkeit ihr Leben aufs Spiel setzten, nicht verloren geht“, so Franz-Josef Kremer heute. Vieles sei seitdem im Kampf gegen das Vergessen am Bleiberg bewirkt worden. Am 10. November 2024 finde der Gedenkgang für die Opfer von Verfolgung und Gewaltherrschaft zum 25. Male statt. Viele Teilnehmer seien seit Anfang an dabei.

Franz-Josef Kremer: „Bei allem, was schon erreicht worden ist, die aktuellen Ereignisse der letzten Jahre zeigen sehr deutlich, dass man nicht nachlassen darf in dem Bestreben, aufzuzeigen, welches Unheil und welche Not Rassismus und Nationalismus über Deutschland und die Welt gebracht haben. Ein Rassismus und Nationalismus, der unverständlicher Weise in unserem Lande wieder auf dem Vormarsch ist.“ Deshalb würden sich die Veranstalter dieses Jahr besonders darüber freuen, wenn zahlreiche Mitbürger/innen mitgehen und gedenken.

pp/Agentur ProfiPress