Aktuelles

ProfiPress

Agentur für Kommunikation und Öffentlichkeitsarbeit, journalistische und redaktionelle Dienstleistungen.

AllgemeinStadt Mechernich

„Wir hatten uns“

Seit 65 Jahren verheiratet – Doris und Dieter Bertram aus Lorbach feierten ihre Eiserne Hochzeit – Kennengelernt haben sie sich an der Garderobe nach einem Tanzabend im rheinland-pfälzischen Thalfang  

Mechernich-Lorbach – Es ist ein wildromantisches Bild, das Dieter Bertram zum Ende seiner Rede zeichnet. „Meine Frau und ich lebten meist in einsamen Jagd- und Forsthäusern“, so der Wildmeister vor den geladenen Gästen im Kommerner Hotel Eifeltor, wo Doris und Dieter Bertram ihre Eiserne Hochzeit feierten: „Wenn ich an einem kalten Wintermorgen aus dem Revier kam, durchfroren und hungrig, und ich sah von weitem eine dünne Rauchfahne aus dem Kamin steigen, dann war das nicht nur ein Zeichen, dass der Ofen schon brannte, die Küche nach Holzfeuer und Kaffee roch, es waren Gefühle, die so alt sind wie die Menschheitsgeschichte.“

Die Gefühle, von denen er spricht, sind Wärme, Geborgenheit und Partnerschaft, eine, die im Fall des Ehepaars bereits 68 Jahre zurückreicht. Kennengelernt hat sich das Paar am Neujahrsabend 1956 in Thalfang im Hunsrück. Das haben sie dem Journalisten Stephan Everling berichtet. „Während Doris Bertram 1945 mit ihren Eltern vor der heranrückenden russischen Front aus Schlesien geflohen war, hatte Dieter Bertram dort seine erste Stelle als Wildmeister angetreten und war für zwei Jagdreviere zuständig. Für beide war das Kennenlernen so eindrücklich, dass sie heute noch genau davon berichten können“, ist im Artikel zu lesen, der in Kölnischer Rundschau und Kölner Stadt-Anzeiger erschienen ist.

Die weitere Geschichte wird wie folgt nacherzählt: Zum ersten Mal überhaupt durfte die 17-Jährige ausgehen. Gegen 22 Uhr wollte sie sich beim Tanzabend in Thalfang an der Garderobe ihren Mantel holen, da sie nach Hause gehen musste. Dort begegnete sie Dieter Bertram, der seinen Hut suchte. „Wir waren dann noch eine Stunde zusammen und haben auch noch einmal getanzt“, erzählt sie.

Zehn Kilometer zu Fuß

Er ließ den letzten Bus, der ihn nach Hause gebracht hätte, davonfahren und blieb lieber bei seiner neuen Bekanntschaft. Er brachte sie nach Hause, wo die Mutter bereits auf sie wartete, und machte sich dann auf den rund zehn Kilometer langen Fußmarsch nach Hause. „Ich war so verliebt, ich konnte nicht schlafen und nichts essen“, so schwärmt er gegenüber den im Mechernicher Stadtgebiet erscheinenden Tageszeitungen heute noch von seiner Liebe.

Blicken nach 65 Ehejahren auf ein ereignisreiches Leben mit Höhen und Tiefen zurück: Doris und Dieter Bertram, die in Lorbach ihr zu Hause gefunden haben. Foto: Stephan Everling/pp/Agentur ProfiPress
Blicken nach 65 Ehejahren auf ein ereignisreiches Leben mit Höhen und Tiefen zurück: Doris und Dieter Bertram, die in Lorbach ihr zu Hause gefunden haben. Foto: Stephan Everling/pp/Agentur ProfiPress

In seiner Rede berichtet der Jubilar, dass seine Doris später im Vorzimmer des Firmenchefs bei den Hochwald-Milchwerken in Thalfang arbeitete, wo in den 1950er Jahren die Bauern mit Pferdegespannen allmorgendlich ihre Milch ablieferten. Mit dem Standort in Obergartzem verfügt das heutige Großunternehmen „Hochwald“ über eine der modernsten Molkereien Europas.

Für Dieter Bertram ging es zur nächsten Stelle auf einen Einödhof in Niederemmel im Landkreis Bernkastel-Wittlich. Mit dabei war eine kleine Landwirtschaft mit Kuh Rosa und zehn Hektar Land. „Ich bin dann zu einem Bauern gegangen, um dort das Melken zu lernen“, so Doris Bertram gegenüber Journalist Stephan Everling. Auch das Buttern und Heu machen habe zu den Aufgaben gehört. „Im Winter waren wir oft acht bis zehn Tage eingeschneit“, berichtet ihr Mann. Auch das Telefon habe bei Stürmen nicht funktioniert.

Nicht nur blauer Himmel

Im Rückblick steht für Dieter Betram fest: „Immer spielte Doris eine Schlüsselrolle, im Krieg aufgewachsen, musste sie bereit im Kindesalter Verantwortung übernehmen.“ Es habe in der jungen Familie nicht immer nur blauen Himmel gegeben, sondern auch Gewitterwolken, auch mit finanziellen Engpässen. „Nie und zu keinem Zeitpunkt haben wir staatliche Hilfe in Anspruch genommen, weil ich mich ausschließlich für meine Familie verantwortlich fühlte“, sagte der Berufsjäger.

Eine Familie, die später nach Kommern umziehen sollte, wo sich Dieter Bertram für die August-Thyssen-Hütte um das Wild kümmerte. Bis in die 1980er-Jahre lebten die Bertrams mit ihrer Tochter und den beiden Söhnen in einem Haus gegenüber dem Eingang zum Freilichtmuseum.

Als das Revier aufgegeben wurde, siedelten sie ins Sauerland über, wo er bei der Forstverwaltung des Ruhrverbands für Wildbestand, Ökologie und Naturschutz zuständig war. Eine Herzensaufgabe für den passionierten Naturfreund, der im Zeitungsbericht wie folgt zitiert wird: „Ich konnte Bachtäler renaturieren und auch ein Projekt zum Schutz einer Restpopulation des Auerwildes ins Leben rufen.“ Bis heute ist er in der „Gesellschaft zur Erhaltung der Raufußhühner“ aktiv.

Nach der Pensionierung ging es zurück in die Eifel. „Ich kann mir keinen Platz vorstellen, wo ich lieber leben würde“, sagte Dieter Bertram dem Journalisten Stephan Everling. 1998 zogen sie in das alte Fachwerkhaus im Mechernicher Ortsteil Lorbach, das Doris Bertram in ihrer Kommerner Zeit liebevoll und mit viel persönlichem Einsatz renoviert hatte.

Ein Weg durch dick und dünn

Ihre Familie, der Garten und Pflanzen seien ihre Hobbys, sagt Doris – vor allem aber ihr Mann und die Unterstützung seiner vielfältigen Betätigungen „mit allem, was mit Maschinen und Computern zu tun hat“. In Kölnischer Rundschau und Kölner Stadt-Anzeiger war nachzulesen, dass Dieter Bertram noch in verschiedenen Organisationen aktiv ist, etwa dem Bundesverband Deutscher Berufsjäger, dem Verein hirschgerechter Jäger und dem Forum lebendige Jagdkultur.

Auch ist er Mitherausgeber der Zeitschrift „Der Wildhüter“. Als „Anwalt des Wildes“ habe ihn sein Berufsverband mit der höchsten Auszeichnung ausgestattet, verrät er dem Tageszeitungs-Journalisten nicht ohne Stolz. „Mein oberstes Anliegen war immer, mich für die Natur und das Wild einzusetzen“, betont er.

In seiner Rede konnte er zudem festhalten: „Ein ereignisreiches Leben liegt hinter uns mit der Natur, mit dem Wild und mit ‚hohen Tieren‘ aus Wirtschaft und Politik.“ Es sein ein Weg gewesen durch dick und dünn, der die beiden Jubilare haben reifen lassen, auch durch Ereignisse, an denen sie zu zerbrechen drohten. „Wir hatten uns“, formuliert er eine wunderbare Liebeserklärung an seine Frau und an die gemeinsam verbrachte Ehezeit.

„Sorgen und Schicksalsschläge und schlaflose Nächte lassen sich besser ertragen, wenn man jemanden neben sich atmen hört“, sagte Dieter Bertram, der sein eingangs erwähntes Bild vom müden Jäger, der hungrig an den heimischen Herd zurückkehrt, so zu Ende gehen ließ: „Ich wünsche uns und unseren Gästen, dass jeder dem anderen so etwas wie ein Bullerofen an einem kalten Wintermorgen bedeutet, an dem es sich leben und leiden und lieben lässt.“

pp/Agentur ProfiPress