„Zucht ist mehr als Vermehrung“
Kaninchenausstellung im Mühlenpark mit nur noch 17 Ausstellern – Mechernichs Bürgermeister Dr. Hans-Peter Schick übernahm Schirmherrschaft über dörfliche und bergmännische Tradition der Hauskaninchenhaltung
Mechernich-Kommern. „112 ist stumm – ein Kaninchen ist vor allem lautlos, wie es scheint. Was aber nicht stimmt. Hermann Josef Krupp aus Euskirchen weiß es besser: »Die sind ganz schön lebendig und sie quieken, wenn ihnen etwas nicht passt!« Der 69-Jährige ist seit 56 Jahren Rassekaninchenzüchter. Nummer 112 gehört ihm, ein Weißer Neuseeländer der Gewichtsklasse »Riesen« ab sieben und bis zehn Kilogramm Gewicht“.
Mit diesen Worten beginnt der Journalist Stefan Lieser seinen Report über die Rassekaninchenausstellung des Vereins R 189 Mechernich-Kommern im Glashaus des Mühlenparks der Stadt Mechernich. Am Ende wird der Züchter von Nr. 112 zufrieden sein. Hermann Josef Krupp, der schon von Kindesbeinen an den Umgang mit Tieren gewohnt ist („Wir waren Bauern zu Hause, da gehörten Tiere dazu“) wird mit seinen insgesamt drei Weißen Neuseeländern Vizekreismeister.
Nur Züchterkollege Stefan Windeck aus Stadtkyll kam mit einem Quartett aus Roten Neuseeländern noch höher aufs Treppchen. Hier alle Ergebnisse der Kreismeisterschaft 2021 und die Sieger der Kreisverbandsausstellung: Stefan Windeck, Stadtkyll vor Hermann Josef Krupp, Euskirchen und Daniel Bürling, Eiserfey (Rasse Zwerg Rex Dalmatiner schwarz-weiß).
Vereinsmeister Mechernich-Kommern
Den Vereinswettbewerb gewann der Rassekaninchenzuchtverein R 189 Mechernich-Kommern vor dem Verein R 171 aus Zülpich. Jungtier Meister wurde Winand Breuer aus Merzbach (Rasse Castor Rex). Das beste männliche Tier zeigte Theo Mastiaux, Eiserfey (Rex Zwerge weiß, Rotaugen). Das beste weibliche Tier kam aus der Zucht von Daniel Bürling (Zwerg Rex Dalmatiner schwarz-weiß).
Bei der angegliederten Clubausstellung der Spezialzüchter der Rassen Chinchilla und Blaue Holicer waren Club-Meister Großchinchilla Wolfgang Vogt aus Leichlingen und Club-Meister Blaue Holicer Manfred Kaulich aus Vussem erfolgreich. Jungtier-Meister wurde Hermann Josef Meyer aus Simmerath.
Mechernichs Bürgermeister Dr. Hans-Peter Schick hatte die Schirmherrschaft über die Ausstellung des Rassekaninchenzuchtvereins R 189 Mechernich-Kommern im Mühlenpark übernommen. Dort finden bereits seit der NRW-Landesgartenschau 1972 solche Ausstellungen statt.
„Die Züchter, die sich in diesem Verein zusammengeschlossen haben, sind Menschen mit langem Atem“, sagte Dr. Schick: „Nach dem Zweiten Weltkrieg wurden zwar in jedem verfügbaren Ställchen und Schuppen, auch in überdachten Kästen im Freien Kaninchen für den eigenen Verzehr gehalten und vermehrt. Zucht im Sinne einer gezielten Auslese und Artenverbesserung war das aber nicht.“
Tierzüchter, die diesen Namen verdienten – und dabei sei vom Grundsatz her unerheblich, ob sie Pferde, Rinder oder eben Kaninchen züchten – würden nicht bloß „vermehren“, schrieb Dr. Hans-Peter Schick in sein Grußwort: „Sie beurteilen und bewerten potentielle Elterntiere, suchen aus und fügen zusammen, was eine Verbesserung des Status quo in Aussehen, Rassemerkmalen und Fruchtbarkeit nach sich ziehen könnte.“
Schwierige Übergabe an die Jugend
Kaninchenzucht sei so wie die Kleintierzucht überhaupt in bergmännischen Gegenden und dörflichen Strukturen stark verwurzelte Tradition und sollte auch weiterhin Zuspruch und Unterstützung erfahren, so Dr. Schick: „Wobei ich mir darüber klar bin, dass es für die aktiven Züchter dieses Vereins keine leichte Übung ist, die Begeisterung und Langmut, die man für diese sinnvolle Freizeitbeschäftigung braucht, an kommende Generationen zu übertragen.“
Rund 163.000 Mitglieder hat der Zentralverband Deutscher Rassekaninchenzüchter e.V., die in rund 5000 örtlichen Vereinen organisiert sind, 34 davon in fünf Vereinen im Kreisgebiet: dem R 189 Mechernich-Kommern, Veranstalter am vergangenen Wochenende im Mühlenpark, sowie den Vereinen R 171 Zülpich, R 201 Kirchheim und dem R 383 Pesch.
Hermann Josef Krupp und Manfred Kaulich halten die Ziele des Zentralverbandes hoch: „Das ist die tierschutzgerechte Haltung, der Erhalt der Artenvielfalt und das alles nach Einheitsstandards wie die verschiedenen Rassen aussehen sollen“, so Kaulich. Er ist Schriftführer beim Mechernich-Kommerner Verein. Kaulich züchtet pro Jahr „an die 50 Tiere“, was ihn um die 800 Euro für Einstreu, Futter und Tierarzt kostet.
Er und Krupp sehen sich dabei vor allem als Retter der einzelnen Zuchtlinien, denn „wenn wir Rassekaninchenzüchter nicht wären, wären viele Rassen schon lange ausgestorben“, so Kaulich. Etwa die beliebte Rheinische Schecke, Wuchtbrummen je nach Gewichtsklasse in Weiß mit dunklen Flecken, die viele ältere Zeitgenossen mit dem Begriff „Stallhase“ verbinden.
Bei Auktionen können für Prachtexemplare heutzutage schon mal um die 900 Euro aufgerufen werden, meint Kaulich. Und wenn es ums Geld gehe seien Züchter, die gezielt an die Zoohandlungen verkaufen, ebenfalls nicht zu vergessen. Hermann Josef Krupp denkt anders. „Wissen Sie, so ein Kaninchen bringt einfach Leben in die Bude. Wenn Sie berufstätig sind, ist so ein Hobby ein schöner Ausgleich.“ Die rund 5000 nationalen Rassekaninchenzüchtervereine bilden den stärksten Landesverband weltweit. „70 Prozent der Züchter in Europa kommen aus Deutschland“, so Manfred Kaulich.
pp/Agentur ProfiPress