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„Rau, aber herzlich…“

Zum Tode des früheren Journalisten und Redaktionsleiters Wolfgang Rau (72) aus Kommern/Eicks – Investigativer Aufdecker und kritischer Kommentator des lokalen Zeitgeschehens

Mechernich-Eicks/Euskirchen – „Datt Schwazze senn de Buchstabe“ war einer seiner Lieblingssätze: Guckt genau hin, was da steht. Es gilt das geschriebene Wort, aber das Entscheidende war bei ihm oft zwischen den Zeilen zu finden. Wolfgang Rau (72), der langjährige Redaktionsleiter des „Kölner Stadt-Anzeiger“ im Kreis Euskirchen, Meister des geschriebenen Wortes und geschliffener Kommentare, ist tot.

Er erlag am Sonntagmorgen einer kurzen schweren Krankheit. Die Nachricht verbreitete sich in der Stadt Mechernich und im Kollegenkreis wie ein Lauffeuer. Der am 21. Juni 1951 in Kommern geborene und in Eicks lebende Journalist und Redakteur hinterlässt Ehefrau Marinette und seine Söhne Alexander und Ferdinand. Seine sterblichen Überreste werden am Donnerstag, 19. Oktober, auf dem Kommerner Friedhof beigesetzt. Die Trauerfeier beginnt um 15 Uhr im Bestattungshaus Ernst.

Journalist mit Leib und Seele: Wolfgang Rau nahm 2015 Abschied von der schreibenden Zunft. Über 35 Jahre diente er dem Kölner Traditionsmedienhaus Neven-DuMont-Schauberg, die meiste Zeit dem „Kölner Stadt-Anzeiger“. Foto: Familie/pp/Agentur ProfiPress
Journalist mit Leib und Seele: Wolfgang Rau nahm 2015 Abschied von der schreibenden Zunft. Über 35 Jahre diente er dem Kölner Traditionsmedienhaus Neven-DuMont-Schauberg, die meiste Zeit dem „Kölner Stadt-Anzeiger“. Foto: Familie/pp/Agentur ProfiPress

Der studierte Diplom-Volkswirt sozialwissenschaftlicher Richtung machte sich in den späten siebziger Jahren einen Namen als investigativer Lokalredakteur mit der Aufdeckung der Bleiverseuchung im Raum Kall/Mechernich. Zusammen mit dem späteren DGB-Landesvorsitzenden und Politiker Dieter Mahlberg brachte Rau im „Kölner Stadt-Anzeiger“ Zahlen und Kartenmaterial an die Öffentlichkeit, die millionenteure Rekultivierungs- und Bodenabdeckungsmaßnahmen nach sich zogen.

Fähnrich und Diplom-Volkswirt

Der gebürtige Kommerner machte Abi am Euskirchener Emil-Fischer-Gymnasium, leistete mit dem Entlassungsdienstgrad Fähnrich der Reserve Wehrdienst, studierte Volkswirtschaft, Soziologie und Politik in Köln und besuchte parallel die „Kölner Schule – Institut für Publizistik“. Seine Diplom-Arbeit bei Prof. Erwin K. Scheuch widmete Wolfgang Rau im Fach Soziologie dem „Gatekeeper im Prozess der Massenkommunikation am Beispiel einer Lokalredaktion“.

Beim „Kölner Stadt-Anzeiger“ war Wolfgang Rau zunächst Freier Mitarbeiter, ab April 1978 Redakteur, dann Stellvertreter der Redaktionsleiter Werner Hiller und Dieter Grospitz. Mitte der achtziger Jahre übernahm er zunächst die Leitung der Südkreisausgabe „Eifeler Land“ und später dann auch über die auflagenstärkere Ausgabe „Euskirchener Land“. 1990 verbrachte er eine Zeit als „Austausch-Redakteur“ bei der Mitteldeutschen Zeitung in Jessen (Halle).

Wolfgang Rau (72), der langjährige Redaktionsleiter des „Kölner Stadt-Anzeiger“ im Kreis Euskirchen und Meister des geschriebenen Wortes und geschliffener Kommentare, ist tot. Foto: Udo Beissel/KStA/pp/Agentur ProfiPress
Wolfgang Rau (72), der langjährige Redaktionsleiter des „Kölner Stadt-Anzeiger“ im Kreis Euskirchen und Meister des geschriebenen Wortes und geschliffener Kommentare, ist tot. Foto: Udo Beissel/KStA/pp/Agentur ProfiPress

Wolfgang Rau zeichnete sich durch eine ebenso straffe wie humorvolle Redaktionsleitung, einen exzellenten Schreibstil und in jeder Hinsicht treffende Kommentare aus. Unvergessen die Buchrezension eines Lyrikers, der eins seiner Werke mit dem Titel „Ich weiß, dass ich nichts kann“ überschrieben hatte: „Dem ist nichts hinzuzufügen!“

Unter Wolfgang Rau avancierte die Lokalredaktion des „Kölner Stadt-Anzeiger“ zu einer jungen, dynamischen und investigativen Kraft. Die Kollegen um den gebürtigen Kommerner nahmen ihre Kontrollfunktion über Politik und öffentliche Hände ausgesprochen ernst. Zurzeit einer sich im Raum Kommern/Mechernich belebenden Scientology-Szene waren Rau und Kollegen zeitweise verlagsseitig gezwungen, unter Pseudonymen zu arbeiten.

Front im „Kölner Zeitungskrieg“

Im sogenannten „Kölner Zeitungskrieg“ wurde Wolfgang Rau im Jahr 2000 zusammen mit Wolfgang Brüser und Dieter Grospitz zu Chefredakteuren beziehungsweise Ressortleitern (damaliger Jargon „Anschieber“) des „Kölner Morgen“ berufen, mit dem sich das Traditionshaus Neven-DuMont-Schauberg gegen andere im großen Stil kostenlos verteilte Zeitungen der norwegischen Schibsted-Verlagsgruppe und des Axel-Springer-Verlages erfolgreich zur Wehr setzte.

Bis zu seinem Ruhestand am 1. Januar 2015 leitete Wolfgang Rau noch einige Zeit die Lokalredaktion des „Kölner Stadt-Anzeiger“ im benachbarten Rhein-Erft-Kreis. Beiträge von ihm erschienen außer in Tageszeitungen und Magazinen auch in Jahrbüchern und Anthologien. Unter ihm war die Lokalredaktion Euskirchen eine in Dortmunder Studienführern hochgelobte Ausbildungsredaktion, allerdings mit dem Zusatz: „Vorsicht, Sprachprobleme!“, was auf einen exzessiven Gebrauch des rheinischen Sprachidioms hindeutete.

Redaktionelle Umgangssprache und Konferenzsprache unter Wolfgang Rau war Eifeler Platt. Der kollegiale Umgang war sprichwörtlich rau, aber herzlich. In den Redaktionskonferenzen wurde mitunter hart gerungen, aber – oft nach einem Machtwort des Chefs – die „Redaktionsmeinung“ nach außen gemeinsam energisch vertreten. Viele frühere Euskirchener Kollegen, die unter Wolfgang Rau ihr journalistisches Handwerk erlernten oder entwickelten, haben publizistisch Karriere gemacht.

Auch in der Stadt Mechernich war und ist Wolfgang Rau ein bekannter Mann, der sich allerdings seit seiner Zur-Ruhesetzung vor neun Jahren aus dem öffentlichen Leben mehr oder weniger ganz zurückgezogen hatte. Mit seiner Frau Marie verband ihn eine rund 40 Jahre lange Zweierbeziehung, seine Söhne Alex und Ferdi sind erwachsen. Die Familie hat die „Landschaften des Lebens in all ihren Eigenarten“ gemeinsam durchschritten, wie es in der Todesanzeige für Wolfgang Rau heißt: „Nun bist Du in einer anderen Welt und hältst Deine schützende Hand über uns.“

pp/Agentur ProfiPress