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Stadt Mechernich

„Mir mössen de Kirch em Dörp losse!“

Bergheimer Bürger retten ein bauhistorisch ziemlich einmaliges Doppelgebäude aus Kirche und Schule – Manfred Lang berichtete über den Verein im Rahmen des Sonderheftes zur „Goldenen Hochzeit“ in Mechernich und Kommern im vergangenen Jahr

Mechernich-Bergheim – „Häste jehuert, die wollen de Kapell vekoofe?“ ging es 2007 wie ein Lauffeuer durch Bergheim. Bis das aus einer Kirchenvorstandssitzung in Kallmuth ausgegangene Gerücht Peter Schilles erreichte. Der rief sofort Helmuth Vogelsberg an, den Vorsitzenden des Kapellenvereins.

Pater Leo D`Souza (mit grüner Stola) feierte im Sommer 2011 noch während der Renovierungsarbeiten mit den Gläubigen von Bergheim die Wiedereinrichtung ihrer Barbarakapelle, Kapellenvereinsvorsitzender Helmuth Vogelsberg steht als achter von rechts dabei. Am Barbarafest des gleichen Jahres zelebrierte der Aachener Weihbischof Dr. Johannes Bündgens ein Pontifikalamt zur Wiedereinsegnung. Archivfoto: Manfred Lang/pp/Agentur ProfiPress
Pater Leo D`Souza (mit grüner Stola) feierte im Sommer 2011 noch während der Renovierungsarbeiten mit den Gläubigen von Bergheim die Wiedereinrichtung ihrer Barbarakapelle, Kapellenvereinsvorsitzender Helmuth Vogelsberg steht als achter von rechts dabei. Am Barbarafest des gleichen Jahres zelebrierte der Aachener Weihbischof Dr. Johannes Bündgens ein Pontifikalamt zur Wiedereinsegnung. Archivfoto: Manfred Lang/pp/Agentur ProfiPress

„Mir sen doch jläubije Mensche“, erinnert sich Vogelsberg, habe Schilles energisch festgestellt: „Also mösse mir dofür sörje, datt de Kirch em Dörp bliev!“ Und das taten die beiden dann auch. Rasch fanden sie bei den regionalhistorisch interessierten Brüdern Bernd und Matthias Moorkamp Unterstützung. Innerhalb weniger Tage wuchs der Kreis der Gesinnungsgenossen auf ein Dutzend.

Ob die Motivation ihrer auf dem Höhepunkt 140 Mitstreiter und zahlenden Unterstützer im Förderverein für den Erhalt von Schule und Kapelle in Bergheim immer der Glaube und immer gleich war, tat damals nichts zur Sache. Man tat sich im Wortsinn zusammen und einige schlüpften auch in Blauzeug und Bauhelm, um das ortsbildprägende Gebäude mit der bauhistorisch ziemlich einmaligen Doppelfunktion als Schule und katholischer Kapelle zu retten, zu sanieren und einer neuen Aufgabe zuzuführen.

Allein die „harte“ Kernmannschaft, eine acht Rentner umfassende Arbeitsgemeinschaft, zu der auch Vogelsberg und Schilles zählten, verbrachte seit Februar 2008 Tausende Arbeitsstunden auf der Baustelle in der Eifelstraße. Es gab außerdem eine ganze Reihe von Firmen aus dem Dorf und von außerhalb, die die Bau- und Renovierungsarbeiten mit ihrem Knowhow und Spezialisten-Arbeiten begleiteten, ohne dafür, außer Material, etwas in Rechnung zu stellen.

„Ohne NRW-Stiftung nicht geschafft“

Auch die Stadt Mechernich, dank Bürgermeister Dr. Hans-Peter Schick, und die NRW-Stiftung, dank dem in Antweiler geborenen und lebenden Professor Wolfgang Schumacher und Regionalbotschafter Ralf Sawatzki, gehörten zu den Unterstützern des Projektes. „Ohne die NRW-Stiftung und Professor Schumacher hätten wir es nicht geschafft“, so Helmuth Vogelsberg.

Mehrere Jahre war der bauhistorisch einmalige Komplex aus Schule und Kirche in Bergheim eine Baustelle. Nachdem Peter Schilles und Helmuth Vogelsberg konstatiert hatten, dass man als gläubiger Mensch dafür sorgen müsse, dass „de Kirch em Dörp bliev“, legte sich eine achtköpfige Rentnerkolonne ganz schwer ins Zeug. Archivfoto: Ronald Larmann/pp/Agentur ProfiPress
Mehrere Jahre war der bauhistorisch einmalige Komplex aus Schule und Kirche in Bergheim eine Baustelle. Nachdem Peter Schilles und Helmuth Vogelsberg konstatiert hatten, dass man als gläubiger Mensch dafür sorgen müsse, dass „de Kirch em Dörp bliev“, legte sich eine achtköpfige Rentnerkolonne ganz schwer ins Zeug. Archivfoto: Ronald Larmann/pp/Agentur ProfiPress

Die der Bergbauheiligen Barbara geweihte Kapelle wurde von Weihbischof Dr. Johannes Bündgens wieder in den regulären Gottesdienstbetrieb aufgenommen. Der ehedem als Schule genutzte Teil des Gebäude ist zu einem Bergbau-Informationszentrum mit den Schwerpunkten „Soziologie des Bergbaues am Mechernicher Bleiberg“ und „Flora und Fauna am Bleiberg“ ausgebaut worden.

Dieses Infozentrum liegt am bergbaukundlichen Wanderpfad, den Eifelverein und Berg- und Hüttenleute unter der Leitung von Horst Müller (Eifelverein) und Fritz Hunsicker (Berg- und Hüttenleute) seinerzeit angelegt haben und der zu den wichtigsten Stationen des früheren Bleierzabbaus und seiner Verhüttung am Mechernicher Bleiberg führt.

Helmuth Vogelsberg und seine Mitstreiter Peter Schilles, Matthias und Bernd Moorkamp und alle Arbeitsaktivisten des Fördervereins haben am früheren Gebäudezuschnitt einiges geändert. Nach der Devise „Überm lieben Gott soll keiner wohnen“ wurde die Kapellendecke um 1,60 Meter angehoben und ein Teil der darüber befindlichen früheren Lehrerwohnung aufgelöst.

Seit 8. Juli wieder hl. Messe

Der größere Wohnungsteil blieb erhalten und wurde ebenfalls instandgesetzt und modernisiert. Im Bergbau-Informationszentrum kann man sehen, wie die Menschen vor 100 und mehr Jahren am Bleiberg in einer wirtschaftlichen Mischform aus kleinbäuerlicher Landwirtschaft und Bergbautätigkeiten ihren Lebensunterhalt bestritten. Auch die europaweit einmalige „Mechernicher Bleiflora“ ist dokumentiert.

„Noch heute sind alle vier Wochen 20 Gläubige im Gottesdienst – wenn viele Gedenkmessen sind, auch mehr“, sagte der Kapellenvereins-Vorsitzende Vogelsberg 2019 dem Schleidener „WochenSpiegel“, nicht ahnend, dass die heiligen Messen im renovierten Gotteshaus ein Jahr später für mehr als zwei Jahre Dauer wegen Corona aussetzen sollten.

Kirchlein und Infozentrum sind täglich über Druckknopfanlagen zwischen 8.30 bis 18 Uhr zugänglich. Der nur hundert Meter entfernt wohnende Küster Josef Stoffels sieht nach dem Rechten, wofür der in die Jahre gekommene Vorsitzende Helmuth Vogelsberg ebenso dankbar ist wie für die tatkräftige Arbeit „seines“ Geschäftsführers Wilfried Brock. Vogelsberg: „Wir haben es gemeinsam geschafft, Kapelle und Schule im Dorf zu erhalten und wir schaffen es vermutlich auch, sie noch lange zu unterhalten…“

pp/Agentur ProfiPress