Mit Wohnen, Windkraft und Wehmut
Die letzte Ratssitzung von Bürgermeister Dr. Hans-Peter Schick und Kämmerer Ralf Claßen hatte noch einmal zahlreiche Themen auf der Tagesordnung – Beim Umtrunk servierte das neue dem scheidenden Stadtoberhaupt ein frisch gezapftes Kölsch
Mechernich – Eine gewisse Wehmut war schon spürbar, als Bürgermeister Dr. Hans-Peter Schick im Ratssaal seine letzte Sitzung leitete. Kein Wunder: Nach 26 Jahren an der Spitze der Stadt Mechernich verabschiedete sich der langjährige Verwaltungschef mit einer Mischung aus Dankbarkeit, Humor und Nachdenklichkeit – und leitete danach noch eine Arbeitssitzung mit zahlreichen Themen, die von Wohnungsbau über Windkraft bis hin zu Waschmöglichkeiten für Autos und Hunde reichte.

Dafür habe er sich das Sakko ausgezogen und die Ärmel hochgekrempelt, leitete er augenzwinkernd ein, um dann feststellen zu können: „Ich habe in diesen Jahren einen unheimlichen Erfahrungsschatz ansammeln können.“ Seine Rede war gespickt mit Anekdoten, Rückblicken und einer Prise Selbstironie: von den ersten Sitzungen 1999 über politische Auseinandersetzungen bis zu Momenten, „in denen das Nervenkostüm ordentlich strapaziert wurde“.
Der Bürgermeister erinnerte an Weggefährten, an politische Mitstreiter und an Ratsmitglieder, die schon seit Jahrzehnten Verantwortung tragen. Manche seien nicht mehr da, viele hätten die Stadt geprägt. „Es gab positive und negative Erfahrungen, aber ich habe es nie böse gemeint“, betonte Schick, der sich immer wieder einen Rat seines Vaters zu Herzen genommen habe. Der hatte ihm mitgegeben: „Entscheiden ist besser als nicht zu entscheiden – denn Nichtentscheiden bedeutet Stagnation.“

Entscheiden, statt nicht entscheiden
Der scheidende Bürgermeister blickte auch optimistisch nach vorn. Zwar gehe er nun „in Pension, politisch aber nicht ganz“, so Schick. Schließlich bleibt er Mitglied des Kreistages. Den Übergang wolle er gelassen gestalten: „Ein Abschied ist auch immer ein Neubeginn.“
Zum Abschluss seiner Rede dankte Schick der Bürgerschaft, die ihm fünfmal das Vertrauen ausgesprochen hatte, und der Verwaltung für die Zusammenarbeit. Im Rathaus sei es hin und wieder auch laut geworden. Da habe er am nächsten Tag häufiger die ein oder andere Flasche Wein vorbeigebracht, um sich zu entschuldigen. Lächelnd hielt er fest: „Auch wenn ich im Ton manchmal etwas lauter wurde, bin ich in der Sache hart geblieben.“

An seine Worte schloss sich Kämmerer Ralf Claßen an, der ebenfalls an diesem Abend seiner letzten Ratssitzung in Amt und Würden beiwohnte – nach 48 Jahren und drei Monaten im Dienst der Stadt Mechernich. Er blickte zurück auf eine Laufbahn, die 1975 mit einem Praktikum in der Stadtkasse begann. „Ich war damals gerade hier, als die Stadt Mechernich ihre Stadtrechte beantragte“, erinnerte sich Claßen. „Fast fünf Jahrzehnte später gehe ich mit Dankbarkeit. Ich habe mich immer wertgeschätzt gefühlt und war gerne hier.“
Seit 1999 stellvertretender Fachbereichsleiter, seit 2007 Fachbereichsleiter und Kämmerer und schließlich Dezernent, blieb Claßen der Verwaltung treu – trotz mancher beruflicher Angebote von außen. „Ich war als Personaldezernent vielleicht nicht immer der beliebteste Kollege, aber das bringt die Aufgabe mit sich“, sagte er schmunzelnd, um später festzustellen: „Ich habe immer gerne gearbeitet, mit der Verwaltung wie mit der Politik.“ Derweil wird auch Ralf Claßen Mechernich verbunden bleiben: Als Mitglied des Kreistages will er sich weiterhin engagieren – „nur eben in anderer Rolle“.

70 öffentlich-gefördete Wohnungen
Anschließend ging es dann mit der Arbeitssitzung los, für die sich der Bürgermeister schließlich die Ärmel hochgekrempelt hatte. Erstes Thema war ein größeres Bauvorhaben im Bereich „Auf der Wäsche“. Investor Rudi Nettekoven stellte das Projekt vor, bei dem ein Wohnquartier mit zehn Gebäuden entstehen soll. Jeweils fünf Baukörper sollen dabei einen Quartiersplatz umschließen. Insgesamt sollen mehr als 70 öffentlich-geförderte Wohnungen entstehen.
„Alle Gebäude werden auch über einen Aufzug verfügen und von uns verwaltet“, berichtete Rudi Nettekoven als Geschäftsführer der FN Projekt GmbH. Die Investoren legen zudem wert auf einen hohen Energiestandard. Zudem werden die Dächer mit Fotovoltaik ausgestattet. Dort, wo das keinen Sinn macht, sind Dachbegrünungen vorgesehen. Insgesamt ein Vorhaben, dass bei der Politik auf Unterstützung traf.

Ärger um Repowering
Kritisch gingen die Mechernicher Ratsmitglieder, mit Ausnahme der Grünen-Vertreter, derweil mit dem Thema Windkraft um. Gleich drei Mal wurde das gemeindliche Einvernehmen für geplante Projekte versagt. Das war im Fall von einem Vorhaben zwischen Eicks, Gehn und Kommern bereits per Dringlichkeitsentscheidung geschehen, die jetzt bestätigt wurde. Dort möchte ein Investor vier Anlagen errichten und hat daher beim verantwortlichen Kreis Euskirchen einen Antrag auf Vorbescheid eingereicht. Für die Mehrheit der Mechernicher Politik ist das allerdings kein geeigneter Standort.
Das gleiche galt für die Pläne für ein Repowering im Bereich von Kallmuth. Dort soll ein altes Windrad verschwinden und stattdessen ein neues, leistungsfähigeres Windrad an anderer Stelle entstehen. Ein Vorhaben, das auch Robert Ohlerth äußerst kritisch einordnete. „Warum wird das neue Windrad nicht am alten Standort gebaut“, stellte der Kallmuther Ortsbürgermeister die entscheidende Frage. Dann könnte man in Kallmuth durchaus damit leben, aber ein neuer Standort werde im Ort schlichtweg abgelehnt. Dieser Argumentation schloss sich die Mehrheit im Rat erneut an: Repowering ja, aber dann nur am alten Standort.

Apropos Standort: Auch zwischen Floisdorf und Schwerfen könnten Windräder entstehen. Vier Anlagen sind im Plan entlang der Mechernicher Stadtgrenze eingezeichnet, der dem Antrag eines Investors auf Vorbescheid beiliegt. Sollte der Kreis Euskirchen am Ende des Verfahrens eine Genehmigung erteilen, würden dort Anlagen mit einer Nabenhöhe von 175 Metern und einem Rotordurchmesser von 175 Metern gebauten werden. Auch hier versagte die Mechernicher Politik ihr Einvernehmen, ebenso beim Teilplan Erneuerbare Energie des Regionalplans, der neu festlegen soll, wo überall der Bau von Windenergieanlagen möglich sein soll.
Autoglas, Waschen und Folierung
Positiver reagierten die Ratsmitglieder auf die Pläne von Arthur Lehmann. Denn der möchte im Kommerner Gewerbegebiet Monzenbend mit seiner Firma CarCoating expandieren. Vor 15 Jahren angefangen mit Autopflege bietet der Betreib inzwischen Versiegelungen von Fahrzeugen, Autoglas-Reparaturen oder Lackschutzfolierungen an. „Ein stark wachsendes Feld, das wir gerne bedienen wollen“, so Arthur Lehmann, der die Betriebserweiterung auf einem benachbarten Grundstück vollziehen möchte.

Dort möchte er auch eine Art Kompetenzzentrum etablieren, um sein Know-how in Schulungen weiterzugeben. Zudem sind dort Wachplätze geplant. Unter anderem auch eine Hundewaschanlage. Ja, richtig gehört. „Denn wir erleben tagtäglich, wie viele Hundebesitzer bei uns über die Feldwege spazieren gehen“, sagt Lehmann, der selbst Vierbeiner hat. Mit der geplanten Hundebadewanne können die Hunde ganz bequem gewaschen werden, ohne anschließend die heimische Badewanne putzen zu müssen.
Insgesamt wird CarCoating damit nicht nur tierisch wachsen, sondern auch personell. „Aktuell sind wir acht Mitarbeiter und wir gehen davon aus, dass wir uns mindestens verdoppeln werden“, so der Chef des Kommerner Unternehmens.

Gute Nachrichten also in einer Ratssitzung, die noch zahlreiche Tagesordnungspunkte abzuarbeiten hatte. Als das geschafft war, hatte die Verwaltung es sich nicht nehmen lassen, zu einem kleinen Umtrunk einzuladen. Mit dabei auch der designierte Nachfolger Michael Fingel, der eine gute Figur am Zapfhahn machte und dem Bürgermeister ein frisch gezapftes Kölsch überreichte. Wenn der sich nach der konstituierenden Sitzung im November mit einem kühlen Blonden revanchiert, steht einer reibungslosen Staffelübergabe eigentlich nichts mehr im Weg.
pp/Agentur ProfiPress