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„Für mich nie ein Dorf“

Bekenntnis zum Stadtjubiläum „50 Jahre Mechernich“: Buchautor und Ex-Regierungssprecher Klaus Vater wuchs in der „Bergstraße“ auf – Inniges Verhältnis zur alten Heimat bis heute

Von Manfred Lang

Mechernich – „Ob Sie es glauben oder nicht: Für mich war Mechernich nie ein Dorf“, schreibt der Journalist, Buchautor und ehemalige Ministerial- und Regierungssprecher Klaus Vater seiner Heimat zum 50. Stadtjubiläum: „Dorf war für mich beispielsweise mit dem Ort Glehn verbunden, aus dem mein Großvater stammte, ein eng umschlossener Raum, im Tal gelegen, in das eine Straße hin und hinunter und wieder hinausführte.“

Birgit und Klaus Vater zu Besuch bei Bürgermeister Dr. Hans-Peter Schick im Mechernicher Rathaus. Sie halten ein berühmtes Bild, das Arbeitsmethoden im Tagebau „Virginia“ festhält, die an Sklaven auf einer Galeere erinnern. Die Berliner Gäste auf dem Gemälde gaben dem Bleiberg den Namen „Spandau“, der an die preußische Strafanstalt nahe Berlin erinnerte. Archivfoto: Manfred Lang/pp/Agentur ProfiPress
Birgit und Klaus Vater zu Besuch bei Bürgermeister Dr. Hans-Peter Schick im Mechernicher Rathaus. Sie halten ein berühmtes Bild, das Arbeitsmethoden im Tagebau „Virginia“ festhält, die an Sklaven auf einer Galeere erinnern. Die Berliner Gäste auf dem Gemälde gaben dem Bleiberg den Namen „Spandau“, der an die preußische Strafanstalt nahe Berlin erinnerte. Archivfoto: Manfred Lang/pp/Agentur ProfiPress

„Mechernich war da anders“, fährt der am 22. März 1946 in Mechernich als Sohn der Geschäftsfrau Maria Schwer (Haushaltswaren) geborene spätere „Vorwärts“-Redakteur fort: „Neue Häuser in Richtung Oberfeldweg oder jenseits der B 477. Ein alter Kern unterhalb der alten Kirche, die lange Bergstraße, die Bahnlinie, die Mechernich in zwei Hälften zerschnitt, als habe jemand eine Birne mit dem Messer geteilt.“

Apfelsine von „Müllers Aap“

Aber Stadt? „Das war für mich Köln“, so Klaus Vater, der mit seinen autobiografischen Erzählungen „Bergstraße“ dem Heimatort ein literarisches Denkmal gesetzt hat: „Mutter nahm mich mit nach Köln, ein oder zwei Mal im Jahr, um dort Ware zu bestellen. Bei einer Gelegenheit kaufte sie von einem Karren eine Tüte voll Orangen, Apfelsinen. Der Verkäufer beugte sich zu mir hinab, gab mir die Hand, mein »schönes Händchen« verschwand in seiner Hand. Als wir weitergingen sagte meine Mutter zu mir: »Das war Müllers Aap.« Das war Stadt.“

Seinen autobiografischen Erzählband „Bergstraße“, der im Hillesheimer KBV-Verlag erschienen ist, stellte Klaus Vater seinerzeit im Ratssaal vor. Archivfoto: Manfred Lang/pp/Agentur ProfiPress
Seinen autobiografischen Erzählband „Bergstraße“, der im Hillesheimer KBV-Verlag erschienen ist, stellte Klaus Vater seinerzeit im Ratssaal vor. Archivfoto: Manfred Lang/pp/Agentur ProfiPress

Später ging er in Euskirchen zur Schule, und zwar auf das Emil-Fischer-Gymnasium, wo Vater 1966 Abitur machte: „Hat mir nicht besonders gefallen. Sehr viel später verstand ich, dass ich Euskirchen nicht so mochte, weil mir die dort bestehende Stadtgesellschaft fremd geblieben war. Außenseiter, Fahrschüler.“

Wechsel im Porzellanregal

„Als Mechernich 1975 Stadtrechte bekam“, fährt Klaus Vater fort: „Begann daheim, im kleinen Geschäft meiner Tante Gertrud, in welchem meine Mutter arbeitete, eine wirtschaftliche Krise. Der Absatz von Einmach-Gläsern stockte; die Sammeltassen blieben im Regal, die Geschmäcker änderten sich, daher mussten sich die Muster und Formen der Porzellan-Angebote ändern. Neues musste eingeführt werden. Man musste sich anpassen.“

Person der Zeitgeschichte, die zu ihrer Heimat in der „Aapestrooß“ genannten Bergstraße von Mechernich steht: Klaus Vater (r.) und andere Talkgäste beim Neujahrsempfang der Stadt Mechernich mit dem Redakteur und Moderator Ronald Larmann. Archivfoto: Manfred Lang/pp/Agentur ProfiPress
Person der Zeitgeschichte, die zu ihrer Heimat in der „Aapestrooß“ genannten Bergstraße von Mechernich steht: Klaus Vater (r.) und andere Talkgäste beim Neujahrsempfang der Stadt Mechernich mit dem Redakteur und Moderator Ronald Larmann. Archivfoto: Manfred Lang/pp/Agentur ProfiPress

Im Kleinen geschah mithin das, was auch im Größeren passierte: „Die beiden Großgemeinden Mechernich und Kommern wurden angepasst und zur Verwaltungseinheit Stadt Mechernich verschmolzen. Es war auch so, als habe Mechernich eine hochnäsige Verwaltung andernorts abschütteln wollen. Und allmählich begann sich viel Neues zu bilden.“

„Erstaunlich“ für den späteren stellvertretenden Regierungssprecher von Angela Merkel in der Großen Koalition: „Viele kleine Teile der neuen Stadt zeigten ihre besten Seiten. Heute gibt es in der Stadt ein vielfältiges Kulturangebot. Mechernich ist kein angehängter Teil der Eifel mehr. Man dreht sich vielmehr um, wenn das Wort Mechernich fällt. Glauben Sie wohl nicht?“

„Kennen Sie Wibbelstetz?“

Und als Beleg fügt der gebürtige Mechernicher hinzu: „Als ich `99 nach Berlin musste, weil in Bonn für mich nichts mehr gebacken war, hatte ich folgende Begebenheit: In einem Café unter den Linden kam ich ins Gespräch über alle Mögliche. »Aus Mechernich sind Sie?«, wurde ich erstaunt gefragt. Ich wappnete mich innerlich bereits, um auf Despektierliches über die Eifel und meine Landsleute zu antworten. Stattdessen: „Dann kennen Sie bestimmt die Gruppe »Wibbelstetz«. Die kennen Sie bestimmt. Machen eine tolle Musik.“

Was auch stimmte. Der aus Mechernich-Vollem stammende Günter Hochgürtel, der Frontmann der Band, und seine Jungs spielten zu der Zeit häufiger in diversen Kölsch-Lokalen der Hauptstadt Berlin. Treffpunkte auch für Mechernicher, die in Berlin zu tun hatten…

Klaus Vater (h.m.) mit Gleichaltrigen: Der Junge aus der Mechernicher Bergstraße brachte es bis zum „Vorwärts“-Redakteur und Sprecher der Bundeskanzlerin. Repro: pp/Agentur ProfiPress
Klaus Vater (h.m.) mit Gleichaltrigen: Der Junge aus der Mechernicher Bergstraße brachte es bis zum „Vorwärts“-Redakteur und Sprecher der Bundeskanzlerin. Repro: pp/Agentur ProfiPress

Klaus Vater war unter anderem Pressesprecher für Arbeits- (Walter Riester) und Gesundheitsministerium (Ulla Schmidt) sowie ab 2009 stellvertretender Regierungssprecher unter Angela Merkel. Er bezeichnet sich selbst als „Kind der Mechernicher Bergstraße“ – geprägt von seiner Herkunft in einer Arbeiter- und Lebensgemeinschaft, die Solidarität, politische Gesinnung und Durchhaltevermögen verkörperte.

Diese Wurzeln ziehen sich wie ein roter Faden durch sein Leben: von journalistischer und politischer Karriere bis hin zu autobiographischen Erzählungen und Büchern. Er versteht sich als Brückenbauer zwischen seiner Eifeler Herkunft und der bundespolitischen Bühne. Vater hat auch mehrere Krimis verfasst, die zwar in Berlin angesiedelt sind, deren Handlung aber immer wieder einen Abstecher an den Bleiberg macht.

pp/Agentur ProfiPress