Kommern – Paris – Tokyo
Was in Mechernich begann, trägt heute die Welt – Modedesigner Luis Dobbelgarten bleibt seiner Heimat treu und lebt vor, was er jungen Menschen rät: „Macht, was ihr liebt“: Ein Beitrag von Ronald Larmann aus dem Magazin „50 Jahre Stadt Mechernich“
Mechernich-Firmenich – Zikkurat. Firmenich. Ehemalige Fabrik, lange Flure, mehrere Metalltüren. Wer sie öffnet, landet in einer kreativen Welt: ein Atelier mit Kleiderstangen voller Mode, die international für Aufsehen sorgt – entworfen in der Eifel, getragen in Tokyo, New York und Paris. Und in vielen dieser Stücke steckt ein bisschen Mechernich.
Luis Dobbelgarten, 25 Jahre alt, aufgewachsen in Kommern, hat mit seinem Label „No/Faith Studios“ den Sprung auf die internationale Bühne geschafft. Gemeinsam mit seinem älteren Bruder Leon, der heute als Manager agiert, und einem ebenso kleinen, wie eingeschworenen Team hat er eine Marke aufgebaut, die weltweit Aufmerksamkeit bekommt – aber nicht vergisst, wo alles begann.
Und das war nicht etwa in einer hippen Hauptstadt, sondern im Garten der Eltern im beschaulichen Kommern. Mit 14 Jahren kommt Luis Dobbelgarten im Skate-Camp mit Siebdruck in Berührung. Zurück zuhause verkauft er zwei Paar Schuhe, um sich die günstigste Maschine bei Amazon leisten zu können. Bald darauf entstehen zu Hause in Handarbeit die ersten T-Shirts.
Japan ist der größte Markt
2018 zog Luis schließlich von zu Hause aus. In der eigenen Wohnung in Kommern arbeitete er mit Freunden an seiner ersten richtigen Kollektion. Die Nächte wurden zum Tag gemacht, es wurde entworfen, produziert, gepackt. „Morgens fuhr Luis seine Kumpels zur Schule. Dort konnten sie den Schlaf nachholen“, scherzt Leon.

Dann kam das Jahr 2020 mit der Pandemie, die alles veränderte. Für die „No Faith Studios“ war das allerdings von Vorteil. „Die Jugendlichen hatten Langeweile, der Online-Handel boomte“, erzählt Leon Dobbelgarten. Luis traf mit seinen Entwürfen offenbar genau den Nerv: Zunächst in kleinen Nischen für Menschen, die sich bewusst für Mode interessierten. Angeboten auf einer cloudbasierten Plattform. „Und diese »Bubble« wuchs“, so Leon Dobbelgarten. Heute verkauft das Label in alle Welt. Der größte Markt ist inzwischen Japan, gefolgt von den USA und Deutschland.
Trotz des internationalen Erfolgs ist die Eifel nie aus der Mode verschwunden. Im Gegenteil: Sie wurde Teil der Marke. Das zeigt sich zum Beispiel in einer Aufzählung, die auf einem Großplakat gedruckt steht: Paris – Tokyo – Seoul – Los Angeles – New York – Kommern. Und genau dorthin zeigt Luis, wenn man ihn fragt, was für ihn Heimat ist. „In fast jedem Stück steckt ein bisschen Mechernich“, sagt sein Bruder Leon.
Die erste große Kollektion nannte sich „Raum 233“ – eine Hommage an die Ursprünge. Die zweite Kollektion trug den Namen „Nationalpark Eifel“. In den Innentaschen der aktuellen Hosen-Kollektion ist ein Druck der Zikkurat zu finden, auf manchen Kleidungsstücken steht die Adresse der Kommerner Pfarrkirche St. Severinus. Heimat wird so zum Statement, teils subtil, teils plakativ.
Inzwischen lebt Luis in Paris, pflegt dort Kontakte in die Modewelt. Doch ganz oft ist er auch in Mechernich. „Hier sind unsere Wurzeln. Hier ist alles gewachsen“, sagt der 26-jährige Leon Dobbelgarten.

Luis ist stolz auf das, was er erreicht hat. Nicht nur, weil sein Label weltweit getragen wird – sondern auch, weil er inzwischen Künstler einkleidet, deren Musik er selbst hört. Er hat das Tour-Outfit für Drake designed. „Das kam so knapp hier in Mechernich an, dass ich in den nächsten Flieger steigen musste und es persönlich in Amerika ausgeliefert habe“, erzählt Leon Dobbelgarten. Auch Travis Scott trug bereits Stücke von No/Faith Studios. In New York wurde der Rapper Playboi Carti mit einem Outfit aus Firmenich gesichtet.
Pumas Talon im Dobbelgarten-Design
Aktuell konzentriert sich Luis verstärkt auf Schuhdesign, möchte mit einem italienischen Produzenten zusammen eine Kollektion herausbringen. Den Anstoß dazu gab eine Zusammenarbeit mit Puma. „Wenn eine deutsche Weltmarke anklopft, war für uns klar, dass wir das machen“, berichtet Leon Dobbelgarten.
Puma mache aktuell auch so einiges richtig. Zwei Tage lang durchstöberte das Team das Archiv von Puma in Herzogenaurach. Luis entschied sich für ein ungewöhnliches Modell – Talon, einen Schuh, der mit seiner eigenwilligen Sohle eine absolute Herausforderung darstellt. Doch genau das reizte ihn: nicht den einfachen Weg zu gehen, sondern etwas Eigenes daraus zu machen.
Das ist auch seine Botschaft an die Jugend. Auf Nachfrage schickt er folgenden Rat aus Paris in die Eifel: „Wenn ich der Jugend aus Mechernich eine Sache mitgeben kann, dann, dass kein Ort der Welt deine Visionen einschränken kann. Nur weil dieses Umfeld euch eine Realität vorlebt, bedeutet es nicht, dass das eure Realität sein muss. Macht, was ihr liebt!“
Ein Satz, der wie seine Mode funktioniert: selbstbewusst, direkt und mit Substanz. Die Botschaft: Große Träume brauchen keinen großen Startpunkt, nur den Mut, loszulaufen. Manchmal beginnt es in einem Garten im kleinen Kommern. Manchmal in einem Raum der Firmenicher Zikkurat. Und manchmal führt dieser Weg in die ganz weite Welt.
pp/Agentur ProfiPress