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Erinnerungen an Curtius Schulten

Ein Interview mit seinem Sohn Marius Schulten über den berühmten Eifelmaler (1893 – 1967)

Blankenheim/Bad Münstereifel – Curtius Schulten (1893 -1967) war neben Fritz von Wille einer der bekanntesten Landschaftsmaler der Eifel. Dreh- und Angelpunkt seines künstlerischen Schaffens war sein Atelier direkt unterhalb der Kapelle Hülchrath in Blankenheim. Im Eifel-Jahrbuch 2022 ist ein umfangreicher Artikel über Curtius Schulten erschienen. Autor ist sein Sohn Marius. An dieser Stelle nun erinnert er im Interview an Leben und Werk seines Vaters und formuliert eine Würdigung seines Schaffens.

Curtius Schulten wurde 1893 in Elberfeld geboren, begann seine Ausbildung an der Kunstgewerbeschule Elberfeld (1909-11). Anschließend studierte er an den Kunstakademien Karlsruhe (1911-13) und München (1914). Er war Soldat im Ersten Weltkrieg.

Zwischen 1922 und 1924 betrieb er intensive graphische Studien an der Akademie Leipzig. Zunächst wohnte er in Elberfeld, hatte aber bereits 1913 Atelier und Sommersitz in Blankenheim/Eifel, wo er ab 1938 ganzjährig wohnte. Die Eifel war zu seinem Lebens- und Schaffensschwerpunkt geworden. 1957 wurde die „Europäische Vereinigung Bildender Künstler aus Eifel und Ardennen“ von ihm mitgegründet.

Eifelmaler Curtius Schulten in typischer Pose vor der Nürburg, 1966, ein Jahr vor seinem Tod. Repro: Marius Schulten/pp/Agentur ProfiPress

Die ersten Bilder Ihres Vaters, die ich gesehen habe, fand ich in den Schleidener Heimatkalendern der 60er Jahre, wo Eifelmotive von Curtius Schulten in unglaublicher Fülle und Ausdruckskraft erschienen. Die zweite Begegnung mit seinen Werken fand im Atelier meines Nachbarn in Lückerath statt: Das waren völlig andere Motive, aus dem Mittelmeerraum, von Teneriffa…

Marius Schulten: Natürlich haben die Eifellandschaften und die Eifler meinen Vater Zeit seines Lebens fasziniert. Aber er hat auch ausgedehnte Malreisen nach Nord- und Südeuropa unternommen. Nicht nur seine Eifelbilder haben ihm zu Bekanntheit und auch einer gewissen Popularität verholfen, sondern auch diese künstlerischen Reiseeindrücke – und natürlich Auftrags- und Portraitarbeiten. Er war weit über die Region hinaus bekannt.

Als Maler war er schon 1932 auf Teneriffa gewesen und hatte die Gelegenheit erhalten, dort eine Ausstellung zu organisieren. Er hatte sich auf Teneriffa einen Namen gemacht; die spanische Presse machte Interviews mit dem „pintor aleman“. Insgesamt verbrachte er – zusammengerechnet – drei Jahre seines Lebens in Spanien (fünfmal auf Teneriffa und viermal auf Ibiza), wo er immer wieder die Mandelblüte erleben wollte.

Was trieb ihn immer wieder nach Spanien?

Marius Schulten: Mein Vater Curtius genoss dort den Zauber des Südens: Die Wärme, das südliche Licht, die Farben. Die Mentalität und Liebenswürdigkeit der Spanier kamen seinem heiteren Wesen entgegen; und er durfte Land und Leute in einer Zeit der Ursprünglichkeit erleben, die noch nicht vom Tourismus geprägt war.

Ein weiterer Schwerpunkt seiner Malreisen war der Norden Europas. Bei Kreuzfahrten lernte er Schottland, Norwegen, Spitzbergen und Island kennen. Hier genoss er die Stille, das ruhige gleißende Licht und die Variation der Grün-, Silber- und Grautöne des Nordens, die er meist im Pastell festhalten wollte.

Sommer in der Eifel eines der Gemälde welches Curtius Schulten bei seinen Ausflügen in die Eifel malte, Aquarell, 1934. Repro: Marius Schulten/pp/Agentur ProfiPress

Sie sind Jahrgang 1949, ihr Vater 1893, da wurde sozusagen eine Generation übersprungen

Marius Schulten: Als ich zur Welt kam, war mein Vater 55, als er starb war ich 18 und stand vor dem Abitur. Bewusst kann ich mich also nur an die letzten 15 Jahre seines Lebens erinnern. Da ich meine Schulzeit im Internat (Konvikt) in Münstereifel verbrachte, fußen diese Erinnerungen vor allem auf Ferien- und Wochenend-besuchen in Blankenheim. Als einziges Kind kümmere ich mich nun seit mehr als 50 Jahren um den künstlerischen Nachlass.

Sie schreiben im Eifel-Jahrbuch, Sie hätten in Blankenheim eine „unbeschwerte und glückliche Kindheit“ verbracht?

Marius Schulten: Unser Haus und das terrassierte, teilweise bewaldete Grundstück waren für mich das schönste Spielgelände, das ich mir hätte wünschen und vorstellen können. Mein Vater „spielte und experimentierte“ im Atelier mit Pastell­- und Kohlestiften und mit Ölfarben. Und mitten im Raum stand die alte Staffelei. Es roch nach Farben und Leinöl.

Meinem Vater war es vergönnt, wirklich freischaffend und unabhängig zu arbeiten, ganz bewusst ließ er sich nicht zu irgendeinem Lehrauftrag oder zu anderen regelmäßigen Verpflichtungen bewegen. Freiheit galt ihm mehr als Sicherheit…

Wie war der Familienalltag im Haus Schulten, gab es den überhaupt, bei einem so viel beschäftigten Künstler?

Marius Schulten: Nun, es war ein Künstlerhaushalt. Und der hatte seine eigenen Gesetzmäßigkeiten: bei sonnigem Wetter wurden Picknick- Koffer und Malutensilien zusammengepackt und wir fuhren in die Eifel. Ich erinnere mich an spannende Fahrten mit ihm, auf denen er mir die Schönheit und den besonderen Charakter der Landschaft zeigen wollte: Ich sollte „sehen lernen“, wie er sich ausdrückte.

Seine Bilder laden den Betrachter zum „Wandern mit den Augen“ ein. Auch die gelegentlich mitgenommenen Freunde lernten von ihm: Hinsehen, Formen und Farben unterscheiden, die Schönheit der Landschaft erfassen. Die Eifel war längst zu seiner Heimat geworden…

Eifelherbst, Öl auf Leinwand, 1927 (Eifelmuseum Blankenheim)
Repro: Marius Schulten/pp/Agentur ProfiPress

Damals war es womöglich wirtschaftlich nicht ganz einfach, sich als freischaffender Künstler mit Familie, wie man so sagt, „über Wasser zu halten“?

Marius Schulten: Vom Verkauf seiner Eifelbilder allein konnte er seine Familie jedenfalls nicht ernähren. Er musste sich als Künstler immer wieder ins Gespräch bringen. Dies tat er auf vielfältige Weise. Als Mitglied des Eifelvereins, des lbero-Clubs, der Deutsch-Isländischen Gesellschaft und des Lions Clubs traf er mit verschiedenen Leuten aus allen Berufssparten zusammen, die ihn als Künstler gerne in ihre Reihen aufnahmen. Wenn mein Vater seine Fotos und die Abbildungen seiner Bilder  zeigen konnte, war er sofort Mittelpunkt des Interesses – und das zog wiederum zahlreiche Atelierbesuche und Aufträge nach sich.

Eine weitere Möglichkeit, neue Kontakte zu knüpfen, waren die Studienreisen und Kreuzfahrten in den hohen Norden Europas oder auch nach Griechenland. Kaum hatte er an Bord angefangen, Reiseeindrücke im Bild festzuhalten und seine Werke in Ausstellungen zu zeigen, scharten sich die Mitreisenden um ihn und ließen sich von ihm unterhalten. Oft kam er mit zahlreichen Portraitaufträgen zurück.

Und daheim im Blankenheimer Haus?

Marius Schulten: Im Atelier war es oft wie in einem Taubenschlag: So hatten wir oft Besuch von außergewöhnlichen Persönlichkeiten: Kaufleuten, Industriellen, Künstlern, Professoren, Schauspielern. Es kamen Schulklassen, Vereine, Gesellschaften, Journalisten, auch das Fernsehen. Für mich eine willkommene Abwechslung in meinem Schülerdasein.              

Haben eigentlich auch Sie die Begabung Ihres Vaters geerbt?

Marius Schulten: So sehr es ihn anfangs traurig stimmte, dass seine zeichnerische Begabung nicht auf seinen Sohn übergegangen war, so ist er am Ende seines Lebens eher froh darüber gewesen. Er ahnte, dass bald eine Ära zu Ende gehen würde, in der ein freischaffender Künstler noch alleine durch seine Kunst existieren konnte. Sein Lebensgefühl wurde maßgeblich durch Intuition, Improvisation, Spontanität und Kreativität bestimmt. Er war eben auch ein Lebenskünstler.

Marius Schulten vor Bildern seines Vaters, 2010 Repro: Marius Schulten/pp/Agentur ProfiPress

Sie zitieren im Eifel-Jahrbuch Goethes berühmten Satz „Was du ererbt von deinen Vätern, erwirb es, um es zu besitzen“ (Faust I)

Marius Schulten: Nach meinem Studium und Lehrerausbildung kam ich wieder in die Eifel.  Als Einzelkind lag es nun an mir, die Nachlassverwaltung mit meiner Mutter Hete  zu teilen. Nachlass – das hieß damals – wie auch noch heute: Hunderte von Ölbildern, Aquarellen, Graphiken, Zeichnungen, Skizzen, Dias, Fotos, Alben, auch noch viele Farben, Paletten und so weiter….zu sichten, um das Erbe zu erhalten.

Wie geht das überhaupt?

Marius Schulten:

Letztlich wollte ich es schaffen, alle Werke zu dokumentieren und zu katalogisieren. Alle vorhandenen Werke mussten fotografiert, vermessen und später digital gesichert werden. Großartige Arbeit hat dabei Dr. Conrad-Peter Joist geleistet, der für seine Monographie „Curtius Schulten – Maler der Eifel“ eine Vielzahl der vorhandenen Werke erfasst hatte. Ebenfalls leistete er eine kunsthistorische Einordnung der Werke meines Vaters.

Ich stelle mir vor, dass Nachlassverwaltung viel Recherche und detektivisches Gespür nach sich zieht?

Marius Schulten: Aber sicher! Es geht aber nicht nur um die Recherche von Fakten; ich suche auch nach den Malstandorten, die mein Vater bei einem konkreten Gemälde eingenommen hat. Ich versuche, hinter dem fertigen Bild die Motivation des Künstlers und seine Empfindungen zu entdecken. Er sprach immer vom, „Festhalten“ eines Augenblicks. Und am liebsten reise ich auch dorthin, wo die väterlichen Werke entstanden sind.

Was für eine Bereicherung für das eigene Leben!

Marius Schulten: Als Nachlassverwalter muss man das künstlerische Erbe pflegen, erhalten und sichtbar machen. Nach meiner Mutter haben meine Frau und ich zahlreiche Ausstellungen initiiert, durchgeführt und Vorträge gehalten über sein Leben und sein Werk. Sein Name soll nicht in Vergessenheit geraten. Curtius Schulten soll in seinen Werken weiterleben!

Wenn wir uns die Besucherzahlen bei den Ausstellungen und Vorträgen betrachten, so können wir sagen, dass wir immer wieder überrascht sind, wie groß die Resonanz ist: Im Herbst 2014 in der Ausstellung in Düren – Schloss Burgau – sind über 600 Besucher registriert worden und dies fast 50 Jahre nach seinem Tod. 

Unsere Suse, Kaltnadelradierung,1922. Repro: Marius Schulten/pp/ Agentur ProfiPress

Was hat das Publikum begeistert?

Marius Schulten: Die Fähigkeit meines Vaters, alle künstlerischen Techniken wie Zeichnung, Radierung, Pastell, Aquarell und Ölmalerei gleichermaßen zu beherrschen wie kaum ein anderer Maler der Eifel. Der Betrachter hat die Möglichkeit, die Menschen und die Landschaften der Eifel im Gang der Jahreszeiten zu sehen und die Bedeutung und den Wert der – damals noch intakten – Natur- und Kulturlandschaft zu begreifen und die leichte Poesie zu spüren, die über manchen Impressionen liegt. Der Betrachter kann mit den Augen und dem Herzen in ursprüngliche Lebenswelten im Norden und Süden Europas reisen, die heute so nicht mehr erfahrbar sind.

Wie geht es weiter mit dem Nachlass des Eifelmalers Curtius Schulten?

Marius Schulten: Wir sind auch weiterhin bestrebt, die Werke einer breiten Öffentlichkeit zugänglich zu machen und können Ausstellungen zu unterschiedlichen Themenschwerpunkten organisieren und durchführen. Wir laden Sie ein, auf unserer Homepage: www.curtius-schulten.de Eindrücke zu gewinnen und den Film der bekannten Dürener Filmemacherin Roswitha Katharina Wirtz anzuschauen, der im Zusammenhang mit der Retrospektive „Curtius Schulten – ein Künstlerleben“ entstanden ist, welche die Bürgerstiftung Düren 2014 auf Schloss Burgau organisiert hat.

Mit Marius Schulten sprach Manfred Lang (Agentur ProfiPress)