„Alles könnte längst mit Wasserstoff laufen“
Hochaktuell, aber schon vor 36 Jahren für Mechernicher Ex-Soldat Reimund Josephs eine klare Sache: Das energetische Perpetuum mobile funktioniert mit grünem Wasserstoff
Mechernich – Im Kampf für den Klimaschutz hat sich Wladimir Putin unfreiwillig zum Unterstützer und Verbündeten gemacht, als er in Richtung Westen die Gas- und Erdölhähne zudrehen ließ. Denn neben den Folgen des Klimawandels führt jetzt auch der russische Präsident Politik und Industrie vor Augen, dass Deutschland sich nicht schnell genug von fossilen Energieträgern lösen kann.
Die neue, fast messianisch anmutende, Energiequelle, die alle Probleme lösen könnte – die der Umwelt und die der Energieversorgung – wäre ohne CO2-Ausstoß hergestellter, so genannter „grüner“ Wasserstoff. Er könnte zunächst vor allem in energieintensiven Industrieprozessen zum Einsatz kommen, die nicht auf grünen Strom umgestellt werden können. Das ist etwa in der Stahl- und Chemiebranche der Fall.
Der „Kölner Stadt-Anzeiger“ veröffentlichte dazu gerade erst am 27. Dezember unter der Überschrift „Hoffnungsträger Wasserstoff“ eine Reportage über die Klimaziele der Stadt Duisburg und ihres größten Stahlherstellers Thyssenkrupp. Beide wollen den Weg von der CO2-Schleuder zum Produktionsort von „grünem“ Stahl schaffen.
Sonnenstrom aus der Sahara
Wirtschaftsminister Robert Habeck flog Anfang Dezember 2022 nach Namibia, um eine Kooperation zur Produktion von „grünem“ Wasserstoff einzuleiten. Das rief den pensionierten früheren Raketentechniker und späteren Bundeswehr-Logistiker Reimund Josephs auf den Plan. Er hatte bereits 1986 beim Luftwaffenversorgungsregiment 8 in Mechernich eine Ausarbeitung zur nachhaltigen Wasserstoffnutzung als umweltfreundlicher Ersatzenergie für fossile Brennstoffe gemacht.
Er zog seine Wasserstoff-Arbeit von 1986 hervor und brachte sie dem Mechernicher „Bürgerbrief“. Darin heißt es: „Gebiete für die H2-Produktion aus Sonnenenergie und Wasser sind ausgedehnte Ebenen ohne Berge und Täler mit festem Boden ohne störende Vegetation, wenig Wind und Niederschlägen.“
Mit Elektrolyse soll dort unter Einsatz von „grünem“ Strom Wasser in Wasserstoff und Sauerstoff aufgespalten, so das Prinzip. Josephs: „Für die Elektrolyse zur Herstellung von grünem Wasserstoff wird nicht nur Wind- oder Sonnenenergie benötigt, sondern auch viel Wasser.“ Exemplarisch benannte er für die Erzeugung von „grünem“ Strom 1986 Wüstengebiete in Afrika, Arabien und Südamerika, weltweit insgesamt 1,3 Millionen Quadratkilometer.
Der aus Dortmund stammende pensionierte Berufssoldat, der seit 57 Jahren mit Helga, einer Schwester von „Kumpels Hannes“ Schmitz, in Mechernich verheiratet ist, schlug in seiner damaligen Faktensammlung Sonnenenergiegewinnung in der nordafrikanischen Sahara vor – mit Stromtrassen unter dem Mittelmeer nach Italien, wo der Wasserstoff produziert und europaweit verteilt werden sollte.
Stromtrasse durchs Mittelmeer
Dort wäre genügend Süßwasser für die Elektrolyse vorhanden – im staubtrockenen Namibia nicht. Dort müssten energieintensive Entsalzungsanlagen eingesetzt werden, was aber auch funktionieren wird, so der Mechernicher. Außerdem sei die politische Lage im europafreundlichen und kulturell mit Deutschland aus der Kolonialzeit verbundenen Namibia verlässlicher als im islamisch geprägten Norden des Kontinents.
Laut dem Sender „ntv“ hat Deutschland bereits als Teil seiner Nationalen Wasserstoffstrategie Partnerschaften mit mehreren Ländern geschlossen – neben Namibia mit der Demokratischen Republik Kongo, Südafrika, Angola und Marokko. Neue Abhängigkeiten sollten so vermieden werden.
Reimund Josephs schreibt in seinem 1986er Arbeitspapier, dass bereits kurz nach dem Zweiten Weltkrieg erste Lastwagen mit Wasserstoffantrieb liefen. Das bis heute ungelöste Problem für motorisierte Fahrzeuge sei die Größe der Aggregate, die man zur Wasserstoffverbrennung brauche.
Gleichzeitig sagt Josephs aber: „Hätten wir damals mit der Entwicklung der Wasserstofftechnologie weitergemacht, dann hätten wir dieses Probleme längst gelöst und wären heute von keinen Erdöl- und Erdgaslieferungen mehr abhängig, woher auch immer!“
Ölkonzerne hatten kein Interesse
Die Erdölkonzerne mit ihrer starken politischen Lobby hätten aber nach Abwendung der so genannten „Ölkrise“ in den siebziger Jahren keinerlei Interesse an Alternativen zur Nutzung fossiler Brennstoffe an den Tag gelegt, und deshalb die Entwicklung der Wasserstofftechnologie boykottiert. Dabei wäre alles ganz einfach, so Josephs: „Andere Brenner drauf und alle Gasherde Kölns hätten schon damals mit Wasserstoff betrieben werden können.“
„H2 dient als Ersatznachfolge für Benzin, Kerosin, Heizöl, Kohle und Erdgas“, schreibt Josephs 1986. Zu der Zeit, nämlich seit Oktober 1984, liefen zehn Mercedes-Testfahrzeuge mit Wasserstoff- und Benzinaggregaten versuchsweise. Im Stadtverkehr verbrannten sie abgasfreien Wasserstoff-, bei der schnellen Autobahnfahrt Benzin. Sie wogen ein Drittel mehr als reine Benzinkutschen. Außerdem ging der komplette Kofferraum für den zusätzlichen H2-Flüssigtank verloren.
„Zur wirtschaftlichen Herstellung von H2 bieten sich Gegenden mit billiger Energie wie Sonne, Wasser oder Wind an“, schrieb der Berufssoldat und in Amerika ausgebildete Raketentechniker 1986. Außerdem behauptete er bereits damals, dass die Wasserstoffproduktion billiger sei, als die Bergung fossiler Brennstoffe. Josephs: „Die Raumfahrt griff zu der Zeit bereits in nennenswertem Umfang auf Wasserstoff zurück, das größere Volumen spielte in Raketen nicht so eine große Rolle wie bei Landfahrzeugen.“
Leidenschaft Kupfertreiberei
Reimund Josephs wurde in Alabama und Texas an „Nike Hawk“ und „Nike Herkules“ ausgebildet, Kurz- bzw. Langstrecken-Flugabwehrraketen in der Zeit des Kalten Krieges aus US-amerikanischer Produktion. Beide Typen wurden zu der Zeit in Mechernich gewartet, wie heute das Flugabwehrraketensystem „Patriot“.
Seine große Leidenschaft ist inzwischen die Kupfertreiberei geworden. Einst stieß der heute fast 80-Jährige bei einem Eifelausflug mit Ehefrau Helga in Niederprüm auf den Skulpturenpark Kruft. Die dort gezeigten Arbeiten faszinierten den Mechernicher so sehr, dass er beschloss: „Das möchtest Du auch können!“
Er wurde ein so erfolgreicher Autodidakt, dass er seine kupfernen Kunstwerke – unter anderem Brunnen, Uhren, Kerzenleuchter und eine originalgetreue Nachbildung des Malakow-Turmes auf Spandau auch bei Ausstellungen zeigte und viel Anerkennung bekam. Das Kundenmagazin „Energie kompakt“ der e-regio bildete Reimund Josephs mit Kupferhammer und Malakowturm-Miniatur unlängst ab, als Ehefrau Helga und er eine Heizung mit Kraft-Wärme-Kopplung gewonnen hatten.
pp/Agentur ProfiPress