Fotosafari unter Tage
17 ambitionierte Lichtbildner aus dem weiten Umfeld an Rhein und Ruhr gingen im Mechernicher Besucherbergwerk auf die Suche nach interessanten Motiven und Einstellungen
Mechernich – Von der Möglichkeit, Fotosafaris unter Tage im Bergbaumuseum der Stadt Mechernich zu buchen, hatte die Agentur ProfiPress bereits im Herbst berichtet. Jetzt griff der Autor Stephan Everling das Thema für die Kölner Tageszeitungen auf und berichtete von einem Fotoshooting mit 17 Teilnehmern am vergangenen Wochenende.
Dabei fiel rasch der Ausdruck „Fotografen-Paradies“ – so tolle Gesteinsformationen und Lichtspiele bekommen Fotografen unter „normalen“ Licht- und Objektverhältnissen nie vor die Linse. „Das haben auch diverse Fernsehanstalten und Filmproduktionen längst erkannt, die bei uns unter Tage gedreht haben, so Günter Nießen, der Vorsitzende des Museumsfördervereins und selbst Bergführer im Museum Mechernich.
Stephan Everling schreibt: „Sie hatten sich zur Foto-Tour im Bergwerk angemeldet, bei der sie ohne Hemmnisse und Verbote jegliche Freiheiten genießen sollten, um völlig unbeschwert auf Motivsuche in den Stollen des ehemaligen Bleibergwerks zu gehen.“ Die Leitung hatten Günter Nießen, und Jürgen Baumann. Der eigentliche Initiator der Fotografenführungen, Johannes Trimborn, fehlte krankheitsbedingt.
Die Teilnehmer kamen aus dem weiten rheinischen Umfeld. „Ich war noch nie unter Tage“, verriet etwa Jan Frensch aus Langenfeld. Er habe sich allerdings intensiv mit der Fotografie bei Nacht beschäftigt, ein Freund habe ihn auf die Möglichkeit aufmerksam gemacht, im Mechernicher Besucherbergwerk Fotos zu machen.
Fünf Dortmunder mit dabei
Stefanie Ortanderl aus Lessenich hatte eine deutlich kürzere Anreise: „Ich würde sagen, ich bin eine ambitionierte Hobby-Fotografin.“ Ein Stativ habe sie mitgenommen – und ihre Nikon D 850. Gleich fünf Leute waren aus Dortmund an den Bleiberg gekommen. Sie machen öfter gemeinsame Fotoausflüge, so Janick Papathanasieu. Die Möglichkeit, in einem Bleibergwerk zu fotografieren, habe sie gereizt. Bereits mehrfach seien sie in damals noch produzierenden Kohlebergwerken gewesen.
Mit einer Einführung im Bergbaumuseum begann Günter Nießen die Foto-Tour. „Ihr könnt Euch frei bewegen“, kündigte er zur Freude der Fotografen an. Und: Sie könnten so lange in den Stollen des Bergwerkes bleiben, wie sie wollten. „Soll das Licht an bleiben oder nicht?“, fragte Nießen. Was für ein Service?!
Zum Abschluss der Tour sei für das leibliche Wohl gesorgt, kündigte der Fördervereinsvorsitzende an: Eine Suppe stehe bereit – dazu gebe es ein „Bergmannsschnitzel“, das sei eine Schmalzstulle. Gut ausgerüstet mit Helmen ging es schließlich ins Bergwerk.
Kompakt führte Nießen in die Geschichte des Bergwerks ein und machte auf Besonderheiten und mögliche Motive aufmerksam. In einer der großen hallenartigen Abraumkammern endete der geführte Gang mit Nießens Hinweis auf einen Hinkelstein, den RTL nach Dreharbeiten hinterlassen hatte.
Gar nicht einmal so interessiert an den fotografischen Möglichkeiten war Lars Thümler, der mit seinem Sohn Adrian dabei war. „Es ist für mich schön, einmal Zeit hier zu verbringen“, sagte der Geologe. Für ihn sei es nicht nur spannend, ohne Zeitdruck die geologischen Schichten zu studieren, sondern auch Rückschlüsse zu ziehen, „wie Menschen hier den Abbau betrieben haben“.
Dauerbelichtung auf Stativ
25 Sekunden ließ Ortanderl ihre Nikon belichten, um die Wirkung hinzubekommen, die sie erzielen wollte. „Es ist super hier, ich könnte stundenlang bleiben“, schwärmte die Fotografin von den gebotenen Möglichkeiten. „Sehr schön, so etwas haben wir nicht in Langenfeld“, zeigte sich auch Frensch zufrieden. „Das ist wirklich außergewöhnlich“, meinte Roger Malter aus Gönnersdorf, der mit seiner Frau gekommen war.
Wie Günter Nießen den Fotoexkursionsteilnehmern erläuterte, reicht die Geschichte des Bergbaus in der Eifel in die Antike. Schon Kelten und Römer bauten hierzulande Eisen, Zink und Silber, vor allem aber Blei ab. Im Mittelalter trieben nur dem Grund- und Bergherrn abgabepflichtige Eigenlöhner immer tiefere Schächte in den Bleiberg.
Im 19. Jahrhundert wurde der Mechernicher Bleiberg industrialisiert. Unter den Gebrüdern Kreuser, ursprünglich Erzfuhrleute aus Glehn, die es verstanden, dem adligen Vorbesitzer den Bleiberg für relativ kleines Geld abzukaufen, erlebten Abbau und Verhüttung am Bleiberg ihren wirtschaftlichen Höhepunkt.
1884 arbeiteten knapp 4500 Menschen „auf Spandau“, wie Bergwerk und Bergwerksbetriebe in der Bevölkerung genannt wurden – und damit an die preußische Festungshaftanstalt „Spandau“ nahe Berlin erinnernd. Nach den Brüdern Carl und Emil Kreuser benannte der Volksmund auch die beiden Schornsteine der Blei schmelzenden und gießenden Magdalenenhütte.
Der „Lange Emil“ war nach dem höher gewachsenen Emil Kreuser benannt und war eine Zeit Europas höchster Industrieschornstein. Dem weniger rank und schlanken Carl Kreuser widmeten die Leute den kürzeren Kamin, den sie „Kurzer Carl“ tauften. Der „Lange Emil“ wurde 1961 von Bundesgrenzschutz-Pionieren im Rahmen einer Übung gesprengt, knapp vier Jahre nach Bergwerksschließung.
Begehrlichkeiten im Kalten Krieg
Günter Nießen zeigte den 17 Fotografen auch das Modell des Bleibergs zur Zeit der Schließung 1957, als die Grube gerade mit Millionensubventionen zur modernsten Bleimine Europas ausgebaut worden war. Der Weltmarktpreis für Blei verfiel zu der Zeit – außerdem hatte die Bundesrepublik Deutschland Begehrlichkeiten für eine militärische Verwendung des Bleibergs im Kalten Krieg.
Fast zwei Stunden dauert eine Führung durch das Besucherbergwerk. An allen Öffnungstagen findet um 14 Uhr eine Führung statt, eine Anmeldung ist nicht notwendig. Auch ist es möglich, im Bergwerk zu heiraten oder für Kinder eine Schatzsuche zu organisieren.
www.bergbaumuseum- mechernich.de
pp/Agentur ProfiPress