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Segen in der Untröstlichkeit

Krankenhausseelsorgerin Silvia Schlaugat-Müller geht nach den erfülltesten Jahren ihres Berufslebens in Rente: „Die Berufung bleibt, auf Menschen zuzugehen und ihnen beizustehen“ – „Gebet, Segen und Dabeisein sind starke Mittel gegen die Hoffnungslosigkeit“ – Viele Helfer feiern mit der scheidenden Seelsorgerin „Abschied und Neubeginn“ – Gleich zwei Nachfolgerinnen – Ihre Kraft kommt aus dem christlichen Glauben und der salvatorianischen Spiritualität

Mechernich/Steinfeld – Mit einem lachenden und einem weinenden Auge geht Krankenhaus-Seelsorgerin Silvia Schlaugat-Müller Ende September in Rente. Weinend, weil damit die sieben erfülltesten Jahre ihres Berufslebens zu Ende gehen.

Lachend, weil die Epoche nach ihr mit gleich zwei Nachfolgerinnen sehr gut geregelt ist und weil sie selbst nun mehr Zeit hat, sich ihrer Familie, ihren Freunden und ihren vielseitigen Interessen und Aktivitäten zu widmen.

Silvia Schlaugat-Müller, katholische Seelsorgerin am Kreiskrankenhaus Mechernich, im Patientengespräch: „Es ist ein beglückendes Gefühl, wenn einem bis dahin wildfremde Menschen vertrauen und sich öffnen. Es ist schön, wenn ich merke, dass ich beistehen, Augen öffnen, helfen kann“. In belastenden und tragischen Situationen gibt ihr die Verankerung im Glauben Kraft. Foto: Manfred Lang/pp/Agentur ProfiPress

„Früher war ich mehr oder weniger Eventmanagerin in der Gemeinde. Planung, Organisation und Durchführung der Erstkommunion und anderer »Events«, wie Kinderbibeltage, Jugendkreuzweg und so weiter gehörten zu den Hauptaufgaben – die Einzelseelsorge blieb da oft auf der Strecke“, erinnert sich Silvia Schlaugat-Müller an ihre Zeit als katholische Gemeindereferentin in Kall. Dort ereilte sie ihre Berufung zur Seelsorgerin am Kreiskrankenhaus Mechernich.

Dass das viel mehr als eine „Versetzung“ war, vielmehr eine „Berufung“ im theologischen Sinne, davon ist die 62jährige Steinfelderin zutiefst überzeugt: „Das hier ist existenziell, das ist Seelsorge pur. Ich muss Menschen da abholen, wo immer sie auch stehen.“ In den Exerzitien habe sie sich ganz aktuell noch einmal bewusstwerden lassen, „dass das mein Weg und meine Aufgabe war und bleibt“, so die scheidende Begleiterin von Kranken und Sterbenden und ihrer Angehörigen. Zugleich habe sie sich auch immer als Ansprechpartnerin des Personals verstanden.

Arbeit gibt es genug

Deshalb steht für Silvia Schlaugat-Müller auch fest, dass sie sich weiter engagieren will. Wie und was, sei aber noch offen: „Erst mache ich mal ein halbes Jahr nichts in der Richtung, um Abstand zu gewinnen und meinen Kolleginnen und Kollegen nicht das Gefühl zu geben, dass ich mich  einmische!“

Arbeit gibt es genug in der seelsorgerischen Betreuung der Patienten am Krankenhaus in Mechernich. Damit sind ihr evangelischer Kollege Dr. Michael Stöhr und ihre beiden Nachfolgerinnen auch in Zukunft mehr als ausgelastet. Und deshalb froh, dass auch noch ehrenamtliche Besuchsdienste, Gottesdienstleiter und Kommunionhelfer zur Seite stehen.

Allein im katholischen Lager stehen Silvia Schlaugat-Müller für die sonntäglichen Gottesdienste in der von ihr sehr individuell und ansprechend ausgestatteten Klinikkapelle und die Kommunionbesuche auf den Krankenhausstationen fünf Gottesdienstleiter und 16 Kommunionhelfer zur Seite.

Allein im katholischen Lager stehen Silvia Schlaugat-Müller für die sonntäglichen Gottesdienste in der von ihr sehr individuell und ansprechend ausgestatteten Klinikkapelle und die Kommunionbesuche auf den Krankenhausstationen fünf Gottesdienstleiter und 16 Kommunionhelfer zur Seite. Jeden zweiten Sonntag im Monat ist um 9.15 Uhr Heilige Messe mit Dekan Erik Pühringer oder den Pfarrern Felix Dörpinghaus beziehungsweise Dr. Innocent Dim. Foto: Manfred Lang/pp/Agentur ProfiPress

Jeden zweiten Sonntag im Monat ist um 9.15 Uhr Heilige Messe mit Dekan Erik Pühringer oder den Pfarrern Felix Dörpinghaus beziehungsweise Dr. Innocent Dim. Die Orgel spielten in der Vergangenheit der im vergangenen Jahr verstorbene Bernhard Stoffels aus Kall und bis heute der Mechernicher Dieter Krämer.

Die Kommunionhelfer, mit denen Silvia Schlaugat-Müller am 1. September einen Besinnungstag „Abschied und Neubeginn“ beging, nehmen sich sehr viel Zeit für die Patienten auf den Zimmern. Es wird am Krankenbett immer ein kleiner Gottesdienst gefeiert mit Gebet, Vater unser, Kommunion und Segen. Manche Patienten sagen den Laienhelfern bei solchen Besuchen auch, dass sie Gesprächsbedarf mit der Krankenhausseelsorgerin haben.

Meistens erfährt die Seelsorgerin vom Personal oder von Angehörigen, wenn bei einem Kranken emphatische Begleitung nötig wäre, manchmal von den „Grünen Damen“.

„Ich bin da, zeige mir, was ich tun soll“

Durch die neue Datenschutzgrundverordnung habe sich das Problem der Anonymität im Krankheitsfall noch verschärft. Die scheidende Seelsorgerin: „Wir müssen unser System komplett neu aufbauen, auch die Krankenhausbesuchsdienste bekommen keine Listen mehr, wer aus ihrer Pfarre im Krankenhaus liegt. Da Patienten/innen nun explizit angeben, ob ihre Daten an die Seelsorge weitergegeben werden dürfen, dies aber z.B. bei Notaufnahmen gar nicht möglich ist, ist der „Seelsorgebedarf“ aus den vorhandenen Listen schwer zu ermitteln.

Sie selbst führt zwei bis drei längere Patientengespräche am Tag, so Silvia Schlaugat-Müller. „Das heißt aber nicht, dass kürzere Gespräche weniger intensiv sind“. Bei anderen sagt sie nur „Guten Tag“ und wünscht „Gute Besserung“.

Nicht nur vor erwartungsgemäß schwierigen Gesprächen bitte sie Gott, ihr zur Seite zu sein und ihr im richtigen Moment die richtigen Worte zu geben: „Ich bin jetzt da, zeige mir, was ich tun und was ich sagen soll.“ Und sie sei davon überzeugt, dass das funktioniert. „Wie auch Gebet und Fürbitte sehr wirkkräftig sind“, so die scheidende Krankenhausseelsorgerin. Entscheidend sei, dass sie sich und die ihr anvertrauten Menschen in der liebenden Hand Gottes geborgen wisse.

Silvia Schlaugat-Müller ist „Gott dankbar für die Gabe, dass ich gut mit Menschen umgehen und auf sie eingehen kann. Ich freue mich, wenn Menschen wieder Hoffnung schöpfen.“ Die Seelsorgerin findet ihren geistlichen Rückhalt in der salvatorianischen Spiritualität als Mitglied der salvatorianischen Weggemeinschaft. Was das ist? Silvia Schlaugat-Müller zitiert ein Lied, das Andreas Warler komponiert hat, und dessen Text ein Mitglied der salvatorianischen Weggemeinschaft verfasste. Darin heißt es: „Erfüllt von Gott – mit Menschen unterwegs . . .” Das sei ihr Leitmotiv. Foto: Manfred Lang/pp/Agentur ProfiPress

Begleitung sei aber nicht nur Gebet und Segen, so die in Steinfeld lebende Seelsorgerin: „Das ist »Da sein«, mitgehen wie der Auferstandene unerkannt an der Seite der Emmausjünger . . .“ Mitgehen, mitfühlen, auch mitleiden, vor allem wirkliches Zuhören täten den Begleiteten gut.

Es sei „immer wieder ein beglückendes Gefühl, wenn einem bis dahin wildfremde Menschen vertrauen und sich öffnen. Es ist schön, wenn ich merke, dass ich beistehen, Augen öffnen, helfen kann“. Silvia Schlaugat-Müller: „Was mich dabei trägt und mir immer wieder – gerade in belastenden und tragischen Situationen – Kraft gibt, ist die Verankerung im Glauben, wie ich sie in der salvatorianischen Spiritualität als Mitglied der salvatorianischen Weggemeinschaft gefunden habe.“

In einem Lied von Andreas Warler, zu dem ein Mitglied der salvatorianischen Weggemeinschaft den Text verfasste, heißt es: „Erfüllt von Gott – mit Menschen unterwegs“. Silvia Schlaugat-Müller: „Das könnte mein Leitmotiv sein.“

„Einfach aufgehört zu atmen“

Die Konfrontation mit unheilbaren Krankheiten und dem Tod ist hartes Brot, am schlimmsten bei Kindern. Ihr Beruf bringt auch die Begleitung und Betreuung von Angehörigen mit sich. Am tiefsten steckt ihr die Untröstlichkeit eines Vaters in den Knochen, dessen Baby einfach aufhörte zu atmen und starb, als es beim Vater auf der Brust schlummerte. Die Wiederbelebungsversuche auf der Säuglings-Intensivstation des Kreiskrankenhauses blieben vergeblich . . .

Der Seelsorge und Begleitung bedürfen aber nicht nur Angehörige, sondern auch das Personal. Darüber hinaus unterrichtet die katholische Mechernicher Krankenhausseelsorgerin mit einer Zusatzausbildung in Palliativ-Care für Seelsorger auch Ethik an der hauseigenen Mechernicher Krankenpflegeschule.

Da geht es um Fragen der Medizin- und Pflegeethik, den Umgang mit Tod und Sterben, die Frage, was Seelsorge überhaupt ist oder – gemeinsam mit Volker Hess vom Kriseninterventionsdienst des Roten Kreuzes – um die Frage „Was ist Schuld?“

Dass ihre Versetzung aus dem Gemeindedienst ins Krankenhaus eine „Berufung“ im theologischen Sinne war, davon ist die 62jährige Steinfelderin mittlerweile zutiefst überzeugt: „Das hier ist existenziell, das ist Seelsorge pur. Ich muss Menschen da abholen, wo immer sie auch stehen.“ In den Exerzitien habe sie sich ganz aktuell bewusstwerden lassen, „dass das mein Weg und meine Aufgabe war und bleibt“. Foto: Manfred Lang/pp/Agentur ProfiPress

Am meisten stören sie der durch die Gesundheitspolitik verursachte Pflegenotstand und Ärztemangel im Land. Bei manchen Ärzten findet sie die Einstellung zu Sterben und Tod problematisch: „Einerseits ist es die Pflicht und Aufgabe des Mediziners, Leben zu erhalten, andererseits gehört der Tod zum Leben dazu und so sollte es jedem Menschen ermöglicht werden, in Frieden sterben zu können.“

Die verheiratete Steinfelderin ist „Gott dankbar für die Gabe, dass ich gut mit Menschen umgehen und auf sie eingehen kann. Ich freue mich, wenn Menschen wieder Hoffnung schöpfen.“ Oder sich einfach so und aus heiterem Himmel wieder an Gott und sein Bodenpersonal erinnern wie jenes ihr wildfremde Elternpaar eines frisch geborenen Säuglings, das nach ihr rufen ließ. Was sie wollten? Silvia Schlaugat-Müller: „Die hatten nur eine einzige Bitte: Segnen Sie unser Kind!“

Beten und segnen ist ihr persönlich außerordentlich wichtig: „Darin wendet sich Gott eindeutig den Menschen in ihrer jeweiligen Lebenslage zu.“ Die klassischen Sakramente, die nur Priester spenden dürfen wie die Krankensalbung und Sündenvergebung, fehlen ihr nicht: „Ich spreche den Menschen Gottes Gegenwart und Beistand zu und segne sie. Das ist für die meisten eine Wohltat, eine Befreiung.“

pp/Agentur ProfiPress