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Puppe gegen Speck getauscht

Puppe gegen Speck getauscht
Zeitzeugin berichtete Kindern der Grundschule Satzvey von der Nachkriegszeit – Tüte Mehl als Geburtstagsgeschenk
Mechernich-Satzvey – Welches Kind würde heutzutage seine Lieblingspuppe gegen eine Scheibe Speck eintauschen und sich über eine Tüte Mehl als Geburtstagsgeschenk freuen? In dem Kurzfilm “Rosemaries Puppe” werden eben diese wahren Erlebnisse von Rosemarie Schmitz-Busz in der Nachkriegszeit erzählt. Jetzt ist die heute 73-jährige Hauptdarstellerin Rosemarie Schmitz-Busz in die Grundschule Satzvey gekommen, um rund 200 Schülern und Eltern von den schweren Zeiten nach dem Weltkrieg zu berichten.
Eigentlich wollte Michael Kaiser, der Schulleiter der Satzveyer Grundschule, schon vor mehr als vier Jahren Kontakt mit der Essenerin Schmitz-Busz aufnehmen – als nämlich die damaligen dritten und vierten Klassen den Kurzfilm zum ersten Mal gesehen hatten. Kaiser erinnert sich: “Der Film ist so anrührend, dass die Schüler an die Erzählerin und Urheberin des Filmes – eben Rosemarie Schmitz-Busz – einige Briefe geschrieben haben.”
Doch erst vor wenigen Wochen ist es gelungen, die Adresse der Essenerin herauszubekommen. Fast fünf Jahre lagen die einfühlsamen Kinderbriefe auf dem Schreibtisch des Schulleiters, bis Michael Kaiser sie an Rosemarie Schmitz-Busz senden konnte. Die war so begeistert von den Zeilen, dass sie sofort einen Besuch in Satzvey zusagte.
Zusammen mit den versammelten Schülern der dritten und vierten Klassen, Eltern und Lehrern sah die 73-Jährige in der Aula noch einmal “ihren” Film: Ihr Vater hatte 1945 ihre Lieblingspuppe Gerda bei einem Bauern gegen eine Scheibe Speck eintauschen müssen, weil der Hunger seine Familie so quälte. Zwei Jahre später bekam Rosemarie eine Ersatzpuppe von ihrer Großmutter geschickt, mit echten Haaren – nämlich mit Haaren der Großmutter.
Diese originale Ersatzpuppe “Gerda” setzte Rosemarie Schmitz-Busz nach der gemeinsamen Filmbetrachtung auf einen Kinderstuhl neben sich auf die Bühne. “Dann sprudelten die überaus interessierten Kinder förmlich über vor Fragen”, berichtete Michael Kaiser. Wie Rosemarie Schmitz-Busz sagte, habe sie ihre eingetauschte Lieblingspuppe nie mehr wieder gesehen. “Und meine erste Schokolade schmeckte nach Frieden”, berichtete sie.

“Das Interesse, die eigenen Großeltern nach dieser Zeit zu befragen, wuchs sprunghaft”, sagte Michael Kaiser über die Kinder, die sich im Vorfeld intensiv mit den Notjahren nach dem Krieg auseinandergesetzt hatten. Zwei der “Ehemaligen”, die vor vier Jahren auch Briefe geschrieben hatten, waren zu dem Abend noch einmal in ihre alte Schule gekommen – inzwischen sind sie “große” Schülerinnen der Klassen 9.
pp/Agentur ProfiPress

Manfred Lang

27.10.2008