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„Menschlichkeit geschenkt“

25. Geburtstag im Rathaus – Gründerin Marianne Bauerschmitz gewürdigt –  386 Beratungsfälle im letzten Jahr – Wirtschaftliche Ängste häufiger Grund für Unsicherheit

Mechernich. Die ersten Arme schnellten schon in die Höhe, da hatte Jutta Huppertz die dritte Quizfrage an das Publikum im Ratssaal der Stadt Mechernich kaum zu Ende formuliert: „Was ist wichtiger für guten Sex? – A, ein bewegliches Becken oder …. B, offene Kommunikation?“ Anders als bei ihren Terminen in Schulen und Jugendeinrichtungen, wo die Beraterinnen und Berater des Vereins donum vitae derlei Quizfragen regelmäßig stellen, musste von den Erwachsenen hier offensichtlich niemand lange grübeln. Im Nu zeigten alle Gesichter im Saal ein verschmitztes Grinsen – und alle Antwortkärtchen den korrekten Buchstaben: B. Was der Gästeschar, die sich anlässlich des 25-jährigen Bestehens der örtlichen Beratungsstelle im Mechernicher Rathaus eingefunden hatte, prompt ein Lob der Quizmasterin eintrug: „Richtig! Ohne Kommunikation läuft gar nichts.“

Sexuelle Bildung ist ein Menschenrecht

Eine bessere Überleitung hätte die Stellvertretende Geschäftsführerin von donum vitae NRW nicht finden können, die mit den lockeren Fragen zu vermeintlich peinlichen Themen gleich zu Anfang ihrer Festrede klarmachte, worum es bei der Aufklärungsarbeit eigentlich geht: „Bildung! Die bedeutet Selbstbestimmung und damit letztlich Schutz, denn: Nur wer sich auskennt, kann sich auch Hilfe holen.“ Überdies sei Sexuelle Bildung ein in der UN-Charta verankertes Menschenrecht.

Um die Gründerin Dr. Marianne Bauerschmitz (3.v.l.) versammelte sich die Gratulantenschar, bestehend aus Bürgermeister Dr. Hans-Peter Schick, Dr. Thomas Schwanke, Landrat Markus Ramers, Dr. Alexander Riet Lagrange, Victoria Block, Cornelia Köcher, Anke Schamper, Thomas Weid und Fatima Collins. Foto: Kerstin Rottland/pp/Agentur ProfiPress
Um die Gründerin Dr. Marianne Bauerschmitz (3.v.l.) versammelte sich die Gratulantenschar, bestehend aus Bürgermeister Dr. Hans-Peter Schick, Dr. Thomas Schwanke, Landrat Markus Ramers, Dr. Alexander Riet Lagrange, Victoria Block, Cornelia Köcher, Anke Schamper, Thomas Weid und Fatima Collins. Foto: Kerstin Rottland/pp/Agentur ProfiPress
Gründete den Mechernich Vereinsableger von donum vitae im Juli 2000: Dr. Marianne Bauerschmitz, die sich damit anfangs nicht nur Freunde machte. Foto: Kerstin Rottland/pp/Agentur ProfiPress
Gründete den Mechernich Vereinsableger von donum vitae im Juli 2000: Dr. Marianne Bauerschmitz, die sich damit anfangs nicht nur Freunde machte. Foto: Kerstin Rottland/pp/Agentur ProfiPress

Dass dieses Recht auch im täglichen Leben umgesetzt wird, dafür setzen sich die Mitglieder von donum vitae e.V., dem Verein zur Förderung des Schutzes des menschlichen Lebens, in Mechernich seit 25 Jahren ein. „Für diese wichtige Arbeit sind wir Ihnen bis heute ausgesprochen dankbar“, wandte sich Mechernichs Bürgermeister Dr. Hans-Peter Schick nach der Begrüßung durch Dr. Thomas Schwanke, Vorstand von donum vitae im Kreis Euskirchen, an die Leiterin der Beratungsstelle Fatima Collins und deren Kolleginnen Anke Schamper und Victoria Block. Landrat Markus Ramers – der das frisch gebackene Leitungsteam des Gesundheitsamtes, bestehend aus Thomas Weid (Verwaltung) und Dr. Alexander Riët Lagrange (Ärztliche Leitung) sowie Cornelia Köcher von der Fachstelle für sexuelle Gesundheitsberatung mitgebracht hatte – zeigte sich ebenfalls bewegt: „Wir brauchen diese Einrichtung ganz, ganz dringend im Kreis Euskirchen. Möge sie weiterhin ein Ort bleiben, an dem ein bisschen Menschlichkeit geschenkt wird.“

Beratung ist stets „ergebnisoffen“

Donum vitae, Lateinisch für „Geschenk des Lebens“, wurde 1999 aus den Reihen der Mitglieder des Zentralkomitees der deutschen Katholiken gegründet, nachdem der Caritasverband sowie der Sozialdienst katholischer Frauen (SKF) sich nicht weiter an der staatlichen Schwangerschaftsberatung beteiligen wollten. Im Gegensatz zu den kirchlichen Beratungsstellen stellt donum vitae Beratungsscheine aus, die nach § 218a Abs. 1 StGB einen Schwangerschaftsabbruch innerhalb einer festgelegten Frist ermöglichen. Zentraler Punkt bei jedem Beratungstermin vor Ort oder am Telefon ist daher stets die sogenannte „Ergebnisoffenheit“. Eine Tendenz wird nicht vorgegeben, egal in welche Richtung, die Beratung ist immer neutral.

Tragischer Fall während der Ausbildung

Für Marianne Bauerschmitz, die den Mechernicher Ortsverein von donum vitae im Juli 2000 gegründet hat, war genau das der entscheidende Punkt. Was die Ärztin im Ruhestand dazu bewogen hat, ihre Komfortzone noch einmal zu verlassen und sich in ihrem eher konservativ geprägten ländlichen Umfeld freiwillig in die Nesseln zu setzen. Klinken zu putzen, Gelder zu akquirieren, Geschäftsräume anzumieten und diese mit gebrauchten Büromöbeln zu bestücken.

Viele Fakten und ein unterhaltsames Quiz hatte Jutta Huppertz, Stellvertretende Geschäftsleiterin von donum vitae NRW, im Gepäck. Foto: Kerstin Rottland/pp/Agentur ProfiPress
Viele Fakten und ein unterhaltsames Quiz hatte Jutta Huppertz, Stellvertretende Geschäftsleiterin von donum vitae NRW, im Gepäck. Foto: Kerstin Rottland/pp/Agentur ProfiPress

 Warum ihr das so wichtig war? Die 86-Jährige weiß es noch genau. „Der Grund dafür war eine sehr blasse, sehr schweigsame junge Frau, die in der Notaufnahme still vor sich hin litt und kurz darauf an den Folgen der verpfuschten Abtreibung verstarb, die sie im Verborgenen – und vermutlich unter miserablen hygienischen Bedingungen – hatte vornehmen lassen.“ Die Patientin war der erste von zahllosen tragischen Fällen, die Marianne Bauerschmitz im Lauf ihrer Karriere begegnen sollten. Bis sie dem Elend nicht mehr länger tatenlos zusehen wollte. Und beschloss: „Ich tue jetzt was!“

Beschimpfungen beim Gassigehen

Im Juli 2000 trafen sich die Gründungsmitglieder zum ersten Mal im Pfarrsaal von St. Severinus in Kommern. „Gegenwind gab es reichlich“, erinnert sich Marianne Bauerschmitz. Selbst beim Gassigehen mit dem Hund hätte man sie oft schroff angegangen. „Das Gegenteil war aber genauso der Fall. Ich habe viel Zuspruch bekommen damals.“

„Wir brauchen diese Einrichtung ganz, ganz dringend im Kreis Euskirchen“, unterstrich Landrat Markus Ramers. Foto: Kerstin Rottland/pp/ AgenturProfiPress
„Wir brauchen diese Einrichtung ganz, ganz dringend im Kreis Euskirchen“, unterstrich Landrat Markus Ramers. Foto: Kerstin Rottland/pp/ AgenturProfiPress

Dem damaligen Ortvorsteher Johannes Ley sei sie bis heute dankbar, erklärte Bauerschmitz in ihrer Ansprache, „denn mit `Vereinsgedöns` kannte ich mich überhaupt nicht aus.“ Was die Situation damals so speziell machte? „Nun, vor allem die Tatsache, dass donum vitae von Mitgliedern der Katholischen Kirche gegründet wurde. Das fanden nicht alle Katholiken witzig. Vor allem nicht die in Köln.“ Umso praktischer, dass Mechernich zum Bistum Aachen gehört, wo man der Schwangeren-Konfliktberatung bis heute entspannter gegenübersteht.

Angst vor wirtschaftlichem Abstieg

Im Jahresbericht von donum vitae ist zu lesen, was der Verein im letzten Jahr geleistet hat. Neben der Konfliktberatung nimmt die Beratung von Schwangeren in allen Lebenslagen den größten Teil der Aufgaben ein. Von 386 Beratungsfällen waren 174 Frauen oder Paare, die sich im Entscheidungsprozess befanden, eine ungewollt eingetretene Schwangerschaft zu beenden oder auszutragen. Als häufigster Grund für Unsicherheit diesbezüglich werden laut Fatima Collins „ungünstige Rahmenbedingungen“ genannt.

Bei der Beantwortung von Quizfragen aus dem Bereich der Sexuellen Bildung kannte das Publikum im Ratssaal keine Scheu, alle Gäste machten engagiert mit. Foto: Kerstin Rottland/pp/ProfiPress
Bei der Beantwortung von Quizfragen aus dem Bereich der Sexuellen Bildung kannte das Publikum im Ratssaal keine Scheu, alle Gäste machten engagiert mit. Foto: Kerstin Rottland/pp/ProfiPress

„Es macht mich traurig, dass noch immer so oft gesagt wird, eigentlich würden wir das Kind gern bekommen, aber wir haben zu große Angst vor Armut, Jobverlust, eine zu kleine Wohnung oder keine Möglichkeit zur Kinderbetreuung“, erklärt die Leitende Beraterin des 47 Mitglieder zählenden Vereins. „Da zeigen wir natürlich Möglichkeiten auf. Es gibt viel mehr Angebote zur finanziellen Unterstützung, als die Menschen meinen. Und bisweilen ändert sich die erste Einschätzung nochmal mit diesem Wissen.“

Die strahlende Gründerin Dr. Marianne Bauerschmitz mit ihren Nachfolgerinnen: Das Team der Beratungsstelle, bestehend aus Anke Schamper (links), Fatima Collins (rechts) und Victoria Block. Foto: Kerstin Rottland/pp/Profipress
Die strahlende Gründerin Dr. Marianne Bauerschmitz mit ihren Nachfolgerinnen: Das Team der Beratungsstelle, bestehend aus Anke Schamper (links), Fatima Collins (rechts) und Victoria Block. Foto: Kerstin Rottland/pp/Profipress

Auch die psychologische Beratung nach Verlust einer Schwangerschaft bis zur 13. Woche und nach Fehl- oder Totgeburt zählt der Verein zu seinen Aufgaben. Ebenso unterstützt donum vitae junge Eltern, zum Beispiel bei der Klärung von Paarkonflikten. Nicht zuletzt kann die Beratungsstelle bei der Finanzierung von Verhütungsmitteln helfen – nicht nur Frauen mit der Pille, Spirale oder Kette. Sondern auch mittels  Vasektomie beim Mann. Damit es gar nicht erst zu ungewollten Schwangerschaften kommt.

Wer sich bei donum vitae engagieren möchte, kann dies sowohl mit einer Spende tun, als auch ganz praktisch, in dem er zum Beispiel beim Transfer zu einem Untersuchungstermin oder bei der Kinderbetreuung hilft. Kontakt unter Telefon 02443/912238 sowie per Mail an info@donum-vitae-eu.de.

                                                                  pp/Agentur ProfiPress