In den Farben der Ukraine
Ostergruß und Ansprache zum virtuellen Jahresempfang der Stadt Mechernich per Video auf dem YouTube-Kanal der Stadt ab Montag, 11. April, aufrufbar: https://www.mechernich.de/filme-aus-mechernich – Bürgermeister Dr. Hans-Peter Schick spricht Trost und Hoffnung zu: „Menschen in Freiheit und Demokratie werden ihre Lebensform immer gegen Tyrannen und Diktatoren verteidigen“ – Das Gebot der Stunde heißt „Zusammenhalten!“
Mechernich – Die Farben der Ukraine, blau und gelb, schmücken einen der Fahnenmasten vor dem Mechernicher Rathaus. „Es sind die Farben unserer demokratischen westlichen Lebensart und unserer Freiheit geworden“, sagt Bürgermeister Dr. Hans-Peter Schick in seiner Rede zum virtuellen Jahresempfang der Stadt Mechernich.
Auch die Bruder-Klaus-Kapelle, ein in der ganzen Welt bekanntes Sakralgebäude aus der Stadt Mechernich, einst von Peter Zumthor entworfen, leuchtet vor blauem Frühlingshimmel im Hintergrund und gelbem Raps im Vordergrund in den Farben der Freiheit.
In seiner Jahresansprache sagt Dr. Hans-Peter Schick: „Liebe Mitbürgerinnen und Mitbürger, der Ukrainekrieg hat unsere westliche Welt kräftig aufgerüttelt. Wer hätte im 21. Jahrhundert bei uns noch damit gerechnet, dass in Mitteleuropa gut ein Dreivierteljahrhundert nach Ende des Zweiten Weltkrieges ein großes europäisches Land nach Hitlermanier einen kleineren Nachbarn überfallen würde?“
„Und das nur“, so Dr. Schick: „weil vor allem die jungen Menschen in der Ukraine in einer funktionierenden Demokratie nach westlichem Vorbild und mit dem Recht auf Menschenwürde, Freiheit und uneingeschränkte Meinungsäußerung leben wollen.“
Die Menschen in der Ukraine kämpften für gemeinsame Ideale wie Freiheit und Demokratie und glaubten an eine Zukunft in einem vereinten Europa. Der Bürgermeister: „Hoffen wir mit ihnen, dass ihr Glaube und ihre Ideale Berge versetzen…“
pp/Agentur ProfiPress
Hier nun der nahezu vollständige Wortlaut der Ansprache von Dr. Hans-Peter Schick und sein Gruß an alle Menschen im Stadtgebiet:
Liebe Mitbürgerinnen und Mitbürger,
neben Corona war das alles beherrschende Thema des vergangenen Jahres in unserer Region die Hochwasserkatastrophe vom 14. Juli. Besonders schlimm war es für die Anlieger der Ahr sowie die Menschen an Erft, Urft und Olef sowie der Rur samt ihrer Zuflüsse.
Aus kleinen Rinnsalen wurden über Nacht reißende Sturzbäche – auch bei uns…
Viele Geschädigte des 2016er Hochwassers im Stadtgebiet Mechernich waren erneut betroffen. Sie stehen ein zweites Mal innerhalb weniger Jahre vor den Trümmern Ihrer Existenz. Einige zahlen noch heute die Kredite für die Sanierungsmaßnahmen aus dem Jahr 2016 ab, sofern sie keinen Versicherungsschutz hatten bzw. bekommen konnten.
Heute werden die wirtschaftlichen Folgen der Katastrophe über Staatsbeihilfen gemildert. Im Stadtgebiet Mechernich sind über 2000 Soforthilfeanträge gestellt und größtenteils bewilligt worden.
Ebenso sind bis jetzt ungefähr 280 private Wiederaufbauanträge mit einer Auszahlungssumme von 6,8 Mio. Euro von den zuständigen Bezirksregierungen geprüft und genehmigt worden.
Eines hat die Flut uns gezeigt. Die Naturgewalten sind auch in einer hochtechnisierten Gesellschaft vom Menschen nicht beherrschbar und die Natur rächt sich für die von den Menschen herbeigeführten Klimaveränderungen.
Es hat sich gezeigt, dass auch unser Katastrophenmanagement mit modernster Alarmierungs- und Einsatztechnik auf eine funktionsfähige Stromversorgung für Telefon- und Funktelefonverbindungen angewiesen ist. Einen lange andauernder Ausfall des Stromnetzes hatte keiner der Katastrophenschützer „auf dem Schirm“. Es sind erhebliche Schwachstellen aufgetreten sind, die der Aufarbeitung bedürfen.
Retentions- und Rückhaltemöglichkeiten an den Fließgewässern müssen geschaffen werden. Unnötige lange Genehmigungsverfahren müssen verhindert werden, Finanzierungen zügig fließen…
Denn eines haben uns die Ereignisse 2021 gezeigt: Eins haben wir nicht mehr: Und das ist Zeit!
Die Einsatzkräfte vor Ort – Feuerwehr und Hilfsorganisationen – haben Unglaubliches geleistet. Es ist mir ein besonders Anliegen, Ihnen hier und heute ganz besonders dafür zu danken. Überwältigend war auch die Unterstützung der Betroffenen durch viele Privatinitiativen aus Nah und Fern. Von Mensch zu Mensch… Es hat sich sehr deutlich gezeigt, dass unsere Gesellschaft allen Unkenrufen zum Trotz in schweren Zeiten zusammensteht. Besonders möchte ich das freiwillige Engagement der jungen Frauen und Männer aus ganz Deutschland in den Flutgebieten hervorheben.
Neben der staatlichen Unterstützung für die Flutopfer – die Soforthilfe wurde unbürokratisch und sehr schnell geleistet-, die Bearbeitung und Genehmigung Wiederaufbauhilfe dauerte naturgemäß länger, spielten die privaten Geldspenden vor allen Dingen in den ersten Wochen und Monaten nach der Katastrophe eine wichtige Rolle.
Fast eine Million Euro gingen auf dem Spendenkonto der Mechernich-Stiftung ein. Das ist überwältigend – und ich danke allen, die mit weiten Herzen und offenen Händen für die Flutopfer gegeben haben, was ihnen möglich war…
Auch für den unermüdlichen Einsatz der Verantwortlichen in der Stiftung: Ohne sie hätten diese Gelder nicht so zügig und vor allem so gezielt nach dem Grad der Bedürftigkeit zu den Flutopfern gelangen können. Vielen Dank.
Die Pandemie hat uns auch nach zwei Jahren im Griff. Dennoch leben wir heute auch mit Inzidenzen, die uns zu Beginn lebensbedrohlich erschienen wären.
Corona verliert langsam seinen Schrecken. Wir haben gelernt, mit dem Virus zu leben. Die Impfungen zeigen trotz Kritik und Skepsis Wirkung. Denn die neuen RNA-Wirkstoffe garantieren den Geimpften überwiegend einen harmlosen Verlauf bei einer Coviderkrankung. Probleme können allerdings immer noch trotz Impfung bei Menschen mit bestimmten Vorerkrankungen auftreten.
Über weitere Entwicklungsschritte in unserer Stadt könnte ich vieles berichten. Die Kommune hat in zwei Jahrzehnten ihre positive Entwicklung nicht nur fortgesetzt, sondern hat erheblich an Kontur gewonnen, an Aussehen, Infrastruktur, baulichem Fortschritt und Zusammenhalt der Menschen.
Und es sind bereits wichtige Impulse für die Zukunft gesetzt worden. Im Bildungssystem, in der Verkehrsinfrastruktur, in der Ansiedlung neuer Arbeitsplätze … Unsere Stadt hat sich um viele Bausteine erweitert – ein Blick ins neue Bahnhofsumfeld genügt, da wurden und werden Millionen investiert, um behindertengerecht und barrierefrei zu werden. Es entsteht ein auch mit dem ÖPNV leicht erreichbarer neuer Mittelpunkt im Kreis Euskirchen. Andere Herausforderungen wie die weitere bauliche Entwicklung der Innenstadt und Entwicklung des Siedlungsschwerpunktes Firmenich-Obergartzem in den nächsten Jahren.
Liebe Mitbürgerinnen und Mitbürger,
der Ukrainekrieg hat unsere westliche Welt kräftig aufgerüttelt. Wer hätte im 21. Jahrhundert bei uns noch damit gerechnet, dass in Mitteleuropa gut ein Dreivierteljahrhundert nach Ende des Zweiten Weltkrieges ein großes europäisches Land nach Hitlermanier einen kleineren Nachbarn überfallen würde. Und das nur, weil vor allem die jungen Menschen in der Ukraine in einer funktionierenden Demokratie nach westlichem Vorbild und mit dem Recht auf Menschenwürde, Freiheit und uneingeschränkte Meinungsäußerung leben wollen.
Der großartige Widerstand der Menschen in diesem Land gegen die Besetzung durch das übermächtige Russland hat uns, aber vor allem die russische Staatsführung überrascht. Die Menschen in der Ukraine kämpfen für Ideale wie Freiheit und Demokratie und glauben an eine Zukunft in einem vereinten Europa. Hoffen wir mit ihnen, dass ihr Glaube und ihre Ideale Berge versetzen…
Wir alle sind aufgerufen, diesem Land und den dort lebenden Menschen zu helfen. Auch bei uns suchen Geflüchtete, Frauen und Kinder, Zuflucht und Schutz. Viele Menschen sind in Familien und Privatunterkünften untergekommen, andere in unseren Flüchtlingsunterkünften… Solidarität und Hilfsbereitschaft sind sehr groß. Ich danke allen Familien, Frauen und Männern in Mechernich für ihre Offenheit, ihre Hilfsbereitschaft und ihre aktive Solidarität mit den Kriegsflüchtlingen.
Dieser Krieg hat eine neue Ära in Europa eingeleitet. Wir haben erfahren müssen, dass die scheinbare Sicherheit auf unserem Kontinent nach dem Ende des Kalten Krieges ein schlimmer Trugschluss war. Als Bürgermeister eines Bundeswehrstandortes ziehe ich das Fazit, dass ein demokratischer Staat nur dann bestehen kann, wenn er nach Innen und nach Außen wehrhaft ist.
Ich wünsche Ihnen, liebe Mechernicher Bürgerinnen und Bürger, und Ihren Lieben ein trotz aller Krisen gesundes, gesegnetes und auch glückliches Jahr 2022!
Ihr
Bürgermeister Dr. Hans-Peter Schick