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Hüter der Bergbautradition

Früher waren sich die Knappenvereine in Mechernich gegenseitig suspekt, heute pflegen sie friedliche Koexistenz – Ein Portrait der Barbara-Bruderschaft und Ankündigung von Bergfest (2. Juli) der Bergkapelle und Grillfest (9. Juli) der Bruderschaft

Mechernich – Die Zeit, als sich Sankt-Barbara-Bruderschaft und Berg- und Hüttenleute in Mechernich gegenseitig eher „Hals- und Beinbruch“ im Wortsinn als „Glück auf“ zu wünschen schienen und sich weitgehend aus dem Weg gingen, sind Gott sei Dank vorbei.

Die Berg- und Hüttenleute haben sich als eigenständiger Verein der Mechernicher Bergbautraditionspflege bis auf ihren kulturellen Eckpfeiler, die Bergkapelle, überlebt – und sind im 1992 gegründeten Förderverein Bergbaumuseum aufgegangen.

Vorsitzender Klaus Nelles (r.) und Schriftführer Helmut Gräfe mit der Gründungsurkunde der St.-Barbara-Bruderschaft Mechernich vom 1. Juni 1958. Foto: Manfred Lang/pp/Agentur ProfiPress

Auch zur Sankt-Barbara-Bruderschaft gehören kaum noch aktive Bergleute. Kein Wunder, 65 Jahre nach Schließung der Mechernicher Bergbaubetriebe. In der bergmännischen Tradition am Mechernicher Bleiberg pflegt man heutzutage die friedliche Koexistenz.

An Volkstrauertagen ziehen Bergkapelle und Fahnenabordnung der Barbara-Bruderschaft gemeinsam zur Gefallenen- und Kriegsopferehrung auf den Johannesberg. Und man besucht sich gegenseitig – demnächst wieder – auf dem „Bergfest“ der Bergkapelle am Samstag, 2. Juli, vor der Glück-auf-Halle hinter dem Autohaus Voissel und acht Tage später am Samstag, 9. Juli, beim Grillfest der Sankt-Barbara-Bruderschaft ab 13 Uhr am Bergbaumuseum.

Letztere wurde am 1. Juni 1958 im Gasthof Hans Matelok von neun Bergmännern gegründet. Erster Vorsitzender war Georg Tillenburg. Heute hat die Bruderschaft in der Traditionsuniform der Knappen von 1957 und früher immerhin 156 Mitglieder. „Die Zahl derer, die noch aktiv Bergbau betrieben haben, kann man an den Fingern einer Hand abzählen“, sagt Vorsitzender Klaus Nelles (59) dem Mechernicher „Bürgerbrief“.

Der in Mechernich lebende Maler, Wand- und Fassadengestalter Yklas Kosikejew hat die Außenwände des Domizils der St.-Barbara-Bruderschaft Mechernich in der Bahnstraße 47 (ehemals Fernseh-Schüller) mit Motiven aus der Bergbaugeschichte am Bleiberg verziert – hier mit einer Darstellung der Aufbereitung und Verhüttung am Schafsberg mit Strempt im Vordergrund. Foto: Manfred Lang/pp/Agentur ProfiPress

Schriftführer Helmut Gräfe (70) fällt namentlich der Betriebselektriker Alfred Schink ein – und Bergmann Anton Jonas. „Die meisten Mitglieder der Bruderschaft sind heute Nachfahren der Knappen und am Bergbau Interessierte“, so Klaus Nelles, dessen Vater Ernst Nelles auch schon Vorsitzender der Barbara-Bruderschaft war. Er selbst ist mit 59 der jüngste aller Zeiten…

Außer ihm und Helmut Gräfe gehören Vize-Vorsitzender Adolf Draht, Kassiererin Elisabeth Gräfe, Zeugwart Dirk Klein und der Kapellenbeauftragte Markus Heinisch dem Vorstand an. Neben dem Bruderschafts-Domizil in der Bahnstraße 47 (ehedem Fernseh-Schüller) mit eigenem musealen Ausstellungsfenster unterhält die Sankt-Barbara-Bruderschaft Mechernich auch die bekannte Barbarakapelle in Mechernich-Nord.

Bundeswehrregiment als Erbe

Ein besonderer Hingucker im Ausstellungsfenster in der Bahnstraße 47 ist eine 40 Kilogramm schwere, gusseiserne Erinnerungstafel, die ursprünglich im Sommer 1981 von der Bruderschaft an das damalige Luftwaffenversorgungsregiment 8 der Bundeswehr übergeben wurde.

Die St.-Barbara-Kapelle, das zweite Domizil der Bruderschaft, wurde nach Schließung des Bleibergwerks im Dezember 1957 in den Jahren 1958 bis 1962 von Mitgliedern und ehrenamtlichen Helfern errichtet. Hier eine Ansicht mit Bruderschafts-Mitgliedern in Knappenuniformen und Fahnenabordnungen bei einem Barbarafest. Auch beim Mechernicher Stadtfest am 14. August 2022 wollen die Barbarabrüder mit einer Fahnendelegation vertreten sein. Foto: Archiv ProfiPress

Vor zwei Jahren ging die Erinnerungsplatte wieder in den Besitz der St. Barbara-Bruderschaft über, da die Offizier- und Unteroffizierheimgesellschaft (OHG/UHG) Mechernich, in deren Räumlichkeiten die Tafel sich zuletzt befand, aufgelöst wurde. „Die Erinnerungstafel ist ein Teil mit Traditionscharakter, das möchten wir dorthin geben, wo es erhalten bleibt“, sagte Hauptfeldwebel Thoralf Eckert dem „Bürgerbrief“.

Die Mechernicher Bundeswehr-Garnison als Betreiberin einer großen militärischen Untertageanlage hatte sich Jahrzehnte als Nachfolgerin in der Bergmannstradition am Bleiberg gesehen. Am 10. Juni 1981 überreichte die Barbara-Bruderschaft die Bergmanns-Erinnerungsplatte zur Erinnerung ans frühere Bergwerk an das damalige Luftwaffenversorgungsregiment 8.

Heute ist das alles Geschichte: Sowohl die UHG/OHG, als auch das Regiment existieren nicht mehr. Die Tafel hat zurück zur Barbara-Bruderschaft gefunden – und der in Mechernich lebende Kunstmaler Yklas Kosikejew hat auf Mauern und Wänden auf dem Gelände des Bruderschaftsdomizils in der Bahnstraße Motive aus der Bergbauvergangenheit verewigt.

Helmut Gräfen und Klaus Nelles räumen im musealen Ausstellungsfenster der Barbara-Bruderschaft in der Mechernicher Bahnstraße 47 um. Foto: Manfred Lang/pp/Agentur ProfiPress

Darunter befinden sich eine Ansicht des Schafsbergs mit Metallhütte und Fördertürmen und Strempt im Vordergrund, aber eben auch das alte Regimentswappen der früheren Mechernicher Luftwaffenversorgungseinheit.

Die gusseiserne, 40 Kilogramm schwere Erinnerungstafel zeigt ein Relief der heiligen Barbara und trägt die Inschrift: „Kelten und Römer betrieben hier schon Bleierzbau. Nachfolger in späteren Jahrhunderten: Bleibergwerk Mechernich (GMW). Geschlossen am 31.12.1957. Dann von der Bundeswehr übernommen.“ Ein Bildnis der Schutzheiligen ziert die Erinnerungsplatte, ebenso die Inschrift „Heilige Barbara, schütze alle, die hier tätig sind.“

Zum Gedächtnis der Grubenopfer

Die St.-Barbarakapelle, das zweite Domizil der Bruderschaft, wurde nach Schließung des Bleibergwerks im Dezember 1957 in den Jahren 1958 bis 1962 von Mitgliedern und ehrenamtlichen Helfern errichtet.  Die Heilige Barbara ist seit jeher die Schutzpatronin der Bergleute. Die Kapelle ist dem Gedächtnis aller Grubenopfer und der verstorbenen Bergleute gewidmet und sollte nach der Schließung des Mechernicher Bergwerks die Erinnerung und Tradition der Bergleute aufrechterhalten.

Am 10. Juni 1981 überreichte die Barbara-Bruderschaft die Bergmanns-Erinnerungsplatte zur Erinnerung ans frühere Bergwerk an das damalige Luftwaffenversorgungsregiment 8. Die Bundeswehrgarnison mit Untertageanlage verstand sich als Erbin der Bergbautradition am Bleiberg. Heute gehört das Regiment 8 bereits selbst 20 Jahre der Vergangenheit an. Klaus Nelles, der selbst in Mechernich diente, mit einer Erinnerungsgrafik am Domizil Bahnstraße 47. Foto: Manfred Lang/pp/Agentur ProfiPress

Der Landwirt Leo Mainz schenkte das Grundstück der St. Barbara-Bruderschaft. Unterhalten werden die Kapelle und die Außenanlage von Mitgliedern des St. Barbara-Bruderschaft. Es gibt mit Markus Heinisch zwar einen Kapellenverantwortlichen im Vorstand der Mechernicher St.-Barbara-Bruderschaft, aber Pflege und Unterhaltung passieren „mehr auf Zuruf als auf Planung“, so Klaus Nelles.

Schriftführer Helmut Gräfe: „Ich bin fast jeden Tag da oben…“ Und er sei nicht der einzige. Die Barbarakapelle ist ein beliebter Rückzugs- und Meditationsort. Bei gutem Wetter kann man von dort die Türme des Kölner Doms erkennen.

pp/Agentur ProfiPress