Gespräche über Kunst und die Welt
Diskussion um „Geschichten (und Musik) vom Dorf für die Welt“ – Literatur- und Musikabend im Rheinischen Industriemuseum – Eifelakteure rezitieren aus ihren Werken
Euskirchen-Kuchenheim – „Das Dorf ist der Ausgangspunkt.“ Dies haben die drei Eifelakteure Hans-Peter Salentin, Manfred Lang und Norbert Scheuer gemeinsam, aber inwiefern hat das Dorf auch einen Einfluss auf ihr künstlerisches Schaffen? Mit der Frage nach der Verbindung von Dorf und Welt beschäftigte sich am Donnerstag der Literatur- und Musikabend im Rheinischen Industriemuseum.
Die Ansätze sind dabei denkbar unterschiedlich. Der Bad Münstereifeler Hans-Peter Salentin ist als Jazztrompeter und Komponist auf den Bühnen Europas unterwegs. Norbert Scheuer aus Kall-Keldenich hat sich vor allem mit Romanen und Gedichten, die sich häufig um Protagonisten aus der Eifel drehen, bundesweit einen Namen gemacht. Manni Lang aus Lückerath ist als Autor und Regionalmatador in Sachen Eifelgeschichten und Mundartdichtung besonders in Eifel und Rheinland bekannt. Unter dem Titel „Von hier aus: Geschichten (und Musik) vom Dorf für die Welt“ boten sie den mehr als 100 Gästen in der traditionsreichen Shedhalle der ehemaligen Tuchfabrik Rezitationen ihrer Werke, bevor sie sich im Gespräch auf Augenhöhe mit dem Publikum trafen. Der Abend fand als Teil der Literaturreihe „Gespräch und Rezitation“ des Museumsfördervereins statt.
In einem Ausschnitt aus seinem Erzählband „Träumeland ist abgebrannt“ beschäftigt sich Manni Lang mit Geschichten aus seiner Kindheit, deren Eindrücke vor allem von Intensität der Ereignisse geprägt sind. Als „Heimat“ entpuppt sich dann auch nicht der geografische Ort, sondern vielmehr der Zustand, der sich aus dem Zusammenspiel von Menschen, Dörfern, Städten und Landschaften ergibt. Mit dem Heimatdorf als Ausgangspunkt wird schließlich auch das zukünftige Weltbild entscheidend geprägt.
Mit der Spannung zwischen Welt und Dorf befasst sich auch Norbert Scheuer, der aus seinem noch unveröffentlichten Manuskript „Die Sprache der Vögel“ vorlas. Protagonist der Erzählung ist ein Dörfler aus Kall, den es als Soldaten nach Afghanistan verschlägt. Dort lebt er in der einer mit Stacheldraht umzäunten Kaserne, von wo aus er in seiner Freizeit die Vögel beobachtet. Die Freiheit der Tiere, die sich weder nach Absperrungen, noch nach willkürlichen geografischen Grenzen richtet, steht im Kontrast zum Leben in der Kaserne, die in gewissem Sinne auch dörfliche Strukturen aufweist.
Während in dem Roman immer wieder Dorf und Welt miteinander in Beziehung gesetzt werden, ist für Hans-Peter Salentin vielmehr entscheidend, wo man in diesem Moment lebt, mit welchen Menschen und in welcher Umgebung. „Man kann zwar häufig hören, wo ein Musiker herkommt, aber das spielt keine Rolle.“ Auf seiner Trompete scheint Salentin ebenfalls Geschichten zu erzählen – nur eben ohne Worte. Experimentell muten die Stücke an, in denen die Töne mal mystisch von den Hallenwänden zurückgeworfen werden, um dann in schnellerer Folge eine Art Dialog zu bilden.
Im Gespräch mit dem Publikum bilden sich unterschiedliche Ideen heraus, vom Dorf als Ausgangspunkt der Wahrnehmung bis zum Einfluss von Menschen und Umgebung auf das aktuelle Schaffen. Dehnbar scheint auch der Begriff der dörflichen Struktur, wenn er sich etwa auf die (überschaubare) Anzahl der Kommunikationspartner bezieht. „Auch in der größten Stadt lebt man in einer dörflichen Kultur“, glaubt Norbert Scheuer. Ähnlich sieht es auch Manni Lang: „Man kann an einem Ort alles erleben.“ Letztendlich sei der Blick vom Weltraum auf die längst verglühten Fixsterne genauso wahr wie die Spiegelung der Sterne in einer Pfütze im Eifeldorf.
pp/Agentur ProfiPress