Die Freude an alten Gebäuden
Wolfgang Scheidtweiler ist nicht nur Bierbrauer, er ist auch Besitzer der Klöster in Steinfeld und Mariawald – Aufgewachsen im Mechernicher Ortsteil Wachendorf
Kreis Euskirchen – Steinfeld, Mariawald und vielleicht auch noch ein weiteres Kloster– wer den Blick auf die Eifeler Aktivitäten von Wolfgang Scheidtweiler richtet, könnte auf die Idee kommen, er sei so etwas wie ein Spezialist für Klöster. Doch damit wird man dem gebürtigen Godesberger, der in Wachendorf aufgewachsen ist, nicht gerecht. Brauereien und Hotels gehören gleichermaßen zum Beuteschema des 72-jährigen, in Pforzheim ansässigen Unternehmers. Oder um sein Hauptkriterium anzuwenden: „Meine Spezialität ist es, Dinge zu tun, von denen jeder behauptet, dass es gar nicht geht – und meistens klappt‘s auch.“
Die Leidenschaft an dem, was er tut, ist im Gespräch unverkennbar. Scheidtweiler erzählt offen und beredt über sich, seine Herkunft und seinen Werdegang, seine Aktivitäten und seine Projekte. Und auch wenn er Geschäftsführer ist, Ideengeber, Entscheider, vergisst er nie zu betonen, dass er Teil einer Familie ist, die ihm als Teilhaber und Unterstützer den Rücken stärkt.
Der Vater
„Prägend“ sei der Einfluss seines Vaters Dr. Matthias Scheidtweiler gewesen, erzählt Wolfgang Scheidtweiler: „Er stammte aus Bürvenich, aus einfachen Verhältnissen und war mit jungen Jahren Vollwaise geworden.“ Mit Unterstützung des Pfarrers habe er das Gymnasium besuchen und mit äußerster Sparsamkeit Jura studieren können. „Mein Vater war ein Mensch, der sich nicht verbiegen ließ und sich auch mit den Leuten angelegt hat.“
Aus bescheidenen Anfängen habe er sich hochgearbeitet. „Wir hätten luxuriöser leben können, doch das war nicht seine Art“, stellt Scheidtweiler fest. Aus den Lehren der Nahrungsmittelknappheit im Zweiten Weltkrieg erwarb der Vater für seinen damals zwölfjährigen Sohn Hermann-Josef Scheidtweiler den Bauernhof in Wachendorf, auf dem auch Wolfgang Scheidtweiler aufwuchs: „Mein Vater hat vertraglich festgelegt, dass mein Bruder die Familie in Notzeiten mit Lebensmitteln versorgen muss.“ Hermann-Josef Scheidtweiler erbaute 2007 in Wachendorf mit dem Schweizer Architekten Peter Zumthor die Bruder-Klaus-Kapelle.
Die Gemünder Brauerei
Die Gemünder Brauerei wurde 1961 eröffnet, als Wolfgang Scheidtweiler zwölf Jahre alt war. „Sie ist der Ursprung von allem“, sagt Wolfgang Scheidtweiler. „Du wirst Bierbrauer“, erinnert er sich an die Worte seines Vaters. Auf keinen Fall sollten die Kinder Juristen werden. „Wenn du Anwalt wirst, musst du jeden Lump vertreten, wenn du Staatsanwalt wirst, musst du in jedem einen Lump sehen, und wenn du Richter wirst, hast du das Riesenproblem zu entscheiden, wer ein Lump ist und wer nicht“, so das Diktum des Vaters über die Juristerei.
Immer in Aktion sei Matthias Scheidtweiler gewesen, habe drei Tage in der Woche in seiner Kanzlei in Godesberg gearbeitet, dann auf dem Wachendorfer Bauernhof und in der Brauerei, wo er eigenhändig den Parkplatz pflasterte. „Es kam vor, dass er auf dem Feld arbeitete und Mandanten fragten ihn nach dem Weg zu Dr. Scheidtweiler. Die hat er um den Berg herumgeschickt, ist schnell nach Hause gelaufen, hat sich umgezogen und sie am Hof empfangen“, erinnert sich der Sohn.
Den vorgezeichneten Weg zum Bierbrauer ging Wolfgang Scheidtweiler mit seiner Lehre in Gemünd, einem Studium zum Diplombraumeister an der TU München in Weihenstephan und schließlich einem Studium zum Diplom-Ingenieur für Brauwesen und Getränketechnologie. Während des Studiums lernte er seine Frau Andrea kennen, die einzige Frau in dem Semester, Tochter der Konstanzer Brauereifamilie Ruppaner. Als er 23 Jahre alt war starb sein Vater. Wolfgang Scheidtweiler übernahm die Leitung der Brauerei.
Nach dem Studium folgte er dem Rat seiner Schwiegereltern, das Bayerische Brauhaus in Pforzheim zu übernehmen. Dort gelang es ihnen, 1978 den „Ratskeller“, in dem bereits zweimal eine Gastronomie insolvent gegangen war, erfolgreich zu etablieren. Die zündende Idee: „Ich habe als erster in Baden-Württemberg naturtrübes Bier verkauft“, verrät Scheidtweiler, eine Spezialität, die in Gemünd Braumeister Hans Ransbach 1975 erfolgreich eingeführt hatte. Den Gästen hat es offensichtlich geschmeckt, denn das erste Sanierungsprojekt der Familie ist seit nun 40 Jahren erfolgreich und markiert den Anfang der Unternehmerkarriere Scheidtweilers.
„Bier braucht Heimat“
Das Herz Scheidtweilers hängt am Bier und an Brauereien. Er vergleich sie mit den Klöstern, beiden besäßen „traditionelle, jahrhundertealte Werte“. Eine ganze Reihe in Schieflage geratener Firmen, etwa die Hatz-Moninger Brauerei in Karlsruhe, Palm-Bräu in Eppingen oder Franz-Bräu in Rastatt, hat er übernommen und wieder auf Erfolgskurs gebracht.
Das Rezept klingt denkbar einfach: „Wenn ich eine Brauerei kaufe, wird die als selbstständige Braustätte erhalten.“ Der Versuch, nur die Marke am Leben zu erhalten sei in Deutschland schon 600-mal versucht worden und immer in die Hose gegangen. Stattdessen lasse er weiter vor Ort brauen, denn: „Bier braucht Heimat.“
Verkaufen will er nichts, was nicht perfekt ist. „Wenn der Kunde zwölf Euro für einen Kasten Bier bezahlt, dann muss das hundertprozentiges Bier sein“, so Scheidtweiler. Da kann es dann auch schon mal passieren, dass eine Brauerei im Sommer kein Bier verkauft, weil es nicht reif ist.
Hotels sind Sache seiner Frau
Den Begriff Millionär hört er genauso ungern wie den Begriff Reichtum. „Ich kann nicht alle maroden Unternehmen retten, dazu bin ich zu arm – oder besser: zu reich an Schulden“, lächelt er. An den Hotels der Private Hotel Collection ist seine Familie nur federführend beteiligt. Dabei seien die Hotels Sache seiner Frau, er sieht sich als Bierbrauer.
Auch wenn er in Steinfeld und Mariawald gemeinsam mit Pater Lambertus Schild die Geschäftsführung hat. Mit Werner Winkler und Hans Ransbach in Gemünd, Christoph Böhnke in Steinfeld und Wolfgang Nowak in Mariawald hat er Menschen gefunden, die die Geschicke der Häuser im Alltag leiten. Doch die große Linie, das ist unverkennbar, gibt er vor.
Auch die Übernahme des Klosters Steinfeld sei wieder eine Geschichte gewesen, die viele für unmöglich gehalten hätten. „Als wir das in Steinfeld angefangen haben, war nicht abzusehen, dass sich das Kloster schnell so positiv entwickelt“, erzählt er. Er habe damals seiner Familie, die in Steinfeld beteiligt sei, gesagt, sie müssten unabhängig davon so viel verdienen, dass sie sich das leisten könnten.
„Ein Kloster braucht den Orden“
In Steinfeld habe er auf einen Verbleib der Salvatorianer bestanden. „Ein Kloster ist ein spiritueller Ort, der braucht den Orden“, begründet er die Idee. Man hätte natürlich auch ein reines Urlaubs- oder Tagungshotel daraus machen können, aber das sei ohne Sinn. Es gebe alte Klöster, die als Hotel genutzt würden, doch die hätten nicht das Flair. „Ich freue mich immer, wenn die Ordensschwestern im Habit zu sehen sind, so dass man erkennt, dass hier Ordensleute leben“, sagt er.
Ursprünglich hätten die Salvatorianer zugesagt, fünf Jahre zu bleiben, aus denen seien mittlerweile sechs geworden. Der Orden hat inzwischen weitere Häuser aufgegeben, aus denen mehrere Patres nach Steinfeld gekommen sind. „Für die Salvatorianer ist Steinfeld mittlerweile ein Leuchtturmprojekt geworden, nachdem auch die Schule wieder einen großen Zuspruch hat“, stellt er fest.
Über Jahre hätten die Ordensleute nicht gewusst, wie die hohen Instandhaltungskosten bezahlt werden könnten. Jetzt seien sie in der Situation, dass sie sich darum nicht mehr kümmern müssten. „Das ist natürlich genau das Richtige: Sie können sich um ihr Seelenheil und das ihrer anvertrauten Schäfchen und Gemeinden kümmern, nicht um das Haus, das kann ich besser“, so Scheidtweiler mit einem Schmunzeln.
Die Virtuosität, mit der die Scheidtweilers finanziell schwache Baudenkmäler auf gesunde Beine stellen, hat sich herumgesprochen. Immer wieder werden ihnen historische Gebäude oder gar Schlösser angetragen, deren Erhalt nicht mehr zu finanzieren ist: das Schloss Kaltenstein in Vaihingen-Enz, Schloss Liebenstein bei Neckarwestheim oder das Renaissance-Schloss Brackenheim. „Das ist die größte Rotweinanbaugemeinde in Baden-Württemberg, da bauen wir in die alten Schlosskeller eine Weinerlebniswelt“, erzählt er. Um alles kümmert er sich persönlich. „Ich habe doch sonst nichts zu tun“, sagt er. Er erfreue sich eben an alten Gebäuden, das sei sein Hobby.
Nachhaltiges Bauen
Und auch wenn eine Sanierung manchmal lange dauere und die Presse ihn verreiße, dann sagt er: „Leute, macht doch keinen Stress, erstens habe ich nebenher noch etwas anderes zu tun, und zweitens soll das die nächsten 200 Jahre dort stehen.“ Deshalb gebe es auch keine Schnellschüsse. Gebaut werde nachhaltig. „Was bei uns nach Holz aussieht, ist immer Holz und nicht Laminat, was nach Stein aussieht, ist bei uns Naturstein und nicht Kunststein, darauf legen wir Wert.“
Ein schönes Haus am richtigen Platz läuft beinahe von alleine. „Für mich war Steinfeld kein wirkliches Risiko, wenn wir alles richtig machen“, sagt er. Dies sei durch die Kombination aus Gästehaus, Tagungsmöglichkeiten und Wochenendtourismus gegeben. „Und das gleiche gilt auch irgendwann für Mariawald“, betont er.
„Die Verbindung in die Eifel ist sehr eng“, sagt er über seine Heimat. Seine Mutter habe hier gelebt, seine Geschwister leben hier. Auch seine Frau liebe mittlerweile die Region. Die Eifel sei schon etwas Besonderes.
pp/Agentur ProfiPress