„Chefärzte wie Orchesterleiter“
Mechernicher Kreiskrankenhaus-Geschäftsführer Martin Milde und Thorsten Schütze auf Antrittsbesuch bei Bürgermeister Dr. Hans-Peter Schick, dem Ersten Beigeordneten Thomas Hambach und Dezernent Ralf Claßen
Mechernich – Ihren Antrittsbesuch im Mechernicher Rathaus machten diese Woche die beiden neuen Kreiskrankenhaus-Geschäftsführer Martin Milde und Thorsten Schütze. Wobei „neu“ relativ sei, so der aus Bleibuir stammende Martin Milde, denn er und Schütze waren bereits geraume Zeit an der Seite des Ende 2021 ausgeschiedenen Geschäftsführers Manfred Hermann in ihre neuen Verantwortungs- und Arbeitsfelder hineingewachsen.
Ihr Gespräch mit Bürgermeister Dr. Hans-Peter Schick, dem Ersten Beigeordneten Thomas Hambach und Dezernent Ralf Claßen drehte sich um die Zukunft der Mechernicher Kliniken und des Gesamtkonzerns sowie um die Krankenhauslandschaft in der linksrheinischen Provinz und ihre Entwicklung.
Wobei Milde und Schütze Absprachen mit dem benachbarten Marienhospital in Euskirchen für sinnvoll erachten. Schütze, der bislang im Großraum Bonn für Kliniken zuständig war: „Acht Bonner Kliniken verfügen jeweils über fast das gleiche Angebot und haben alle eine Innere Abteilung und Unfallchirurgie – das ist Quatsch“. Absprachen, wer welche medizinische Disziplin anbietet, mache zwischen benachbarten Krankenhäusern Sinn: „Wirtschaftlich profitieren dann alle davon!“
„Vollversorger, keine Rosinenpicker“
Wobei die beiden Geschäftsführer auf entsprechende Nachfragen von Bürgermeister Dr- Hans-Peter Schick hin das Krankenhaus Simmerath zum Sonderfall erklärten. „Das kann man nicht mehr mit einem Akutkrankenhaus vergleichen. Die haben sich soweit auf ihr Spektrum und ihren Service konzentrieren können, weil sie keine Notfälle aufnehmen“, so Martin Milde. Außerdem sei Mechernich doppelt bis dreimal so groß wie die Simmerather Klinik: „Wir können uns nicht die Rosinen aus dem Kuchen picken, wir müssen die Menschen einer ganzen Region versorgen.“
Simmerath habe keinen Hubschrauberlandeplatz und nicht alle unvorhergesehenen Augenblicke Unfallopfer, die den ganzen OP-Plan wieder über den Haufen würfen, so der Sohn von Gertrud und Peter Milde aus Bleibuir. Sein Kollege Thorsten Schütze räumte gegenüber Bürgermeister, Beigeordnetem und Dezernent ein, dass im Mechernicher Krankenhaus ein Generationenwechsel bevorstehe, der auch ein Umdenken mit sich bringen müsse.
„Chefärzte sind heute keine Dienstvorgesetzten ihrer Schwestern und Pfleger mehr, nicht einmal des Reinigungspersonals“, so Thorsten Schütze. Spezialisierung und Teamwork der Spezialisten verschiedener Bereiche und Disziplinen seien in Zukunft unbedingt angesagt: „Der Chefarzt ist wie der Leiter eines Orchesters.“ Er füge alles zum Gesamtkunstwerk, was die einzelnen Spezialisten an ihren Instrumenten zu leisten vermögen.
Imagepflege und Öffentlichkeit
Über die Hälfte der derzeitigen Chefärzte werden altersbedingt in den nächsten fünf Jahren ausscheiden, so Thorsten Schütze: „Die neue Generation von Chefärzten werden die Konkurrenz um belegte Betten stärker spüren. Es genügt nicht mehr, davon überzeugt zu sein, dass die Patienten schon in mein Krankenhaus kommen werden, sondern man muss was dafür tun.“ Die neuen Geschäftsführer wissen, dass dazu Image und öffentliche Wahrnehmung gehören.
Auch seien die Liegezeiten der Patienten in Mechernich im Bundesdurchschnitt vier bis fünf Tage höher gewesen. „Vieles wird man in Zukunft versuchen, ambulant zu machen. Wenn aber stationär, dann sind kurze Aufenthalte wichtig“, so Martin Milde: „Schon allein deshalb, weil die Infektionsgefahr im Krankenhaus höher ist als draußen auf der Straße.“
Bürgermeister Dr. Hans-Peter Schick sprach Milde und Schütze auch auf die Arbeitsplatzsituation an, einen wunden Punkt, wie sich zeigte. „Denn das Personal ist der limitierende Faktor im Krankenhaus“, so Martin Milde. Um die Pflegekräfte herrsche eine offene Konkurrenz, so Schütze: „Dabei hätten wir genügend Pflegekräfte in Deutschland – falls alle voll arbeiten würden…“ Viele Schwestern arbeiteten aber „nur“ mit 70 oder 80 Prozent in Teilzeit, erklärte Thorsten Schütze.
Pflegeschule mit 160 Teilnehmern
Erster Beigeordneter Thomas Hambach sprach in dem Zusammenhang die Arbeitsplatzzufriedenheit an und Anreize, das eigene Pflegepersonal zu halten, woran auch die Stadt ein Interesse habe. Auch schlug er für die Stadt eine Kooperation mit städtischen Schulen vor. In dem Zusammenhang spiele die Ausbildung an einer eigenen Pflegeschule mit gleichzeitig 160 Teilnehmern eine große Rolle, so Martin Milde.
Auch Assistenzärzte zu bekommen, sei durchaus ein Problem geworden, so Dezernent Ralf Claßen. Wobei Bürgermeister Dr. Hans-Peter Schick grundsätzlich bedauerte, dass Ärzte wie auch die Lehrer weiterführender Schulen häufig nicht in die Stadt am Bleiberg zögen, sondern lieber aus der Großstadt einpendeln, wo sie das größere Kulturangebot und die Infrastruktur in ihrer Freizeit genießen wollen.
Dem Mechernicher Verwaltungschef ist sehr viel daran gelegen, dass sich die Menschen, die hier arbeiten, auch mit der Kommune und der Eifelregion identifizieren.
pp/Agentur ProfiPress