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Bischof in den Buschbohnen

Bischof in den Buschbohnen
Ghandi-Experte und Moraltheologe Dr. Philipos Mar Stephanos (58) ist Gast bei der Communio in Christo in Mechernich – Als neuer Weihbischof im Gemüse- und Gewürz-Anbaugebiet Idukky im indischen Kerala holte er sich jetzt Rat bei der Buir-Bliesheimer Genossenschaft
Mechernich/Euskirchen – Das Managment der Buir-Bliesheimer Agrargenossenschaft hat es in den seltensten Fällen mit Vertretern des katholischen Klerus zu tun. Das Hauptgeschäft wird selbstredend mit Landwirten und Abnehmern von Agrarerzeugnissen abgewickelt.
Gleichwohl zeigte Hermann-Josef Weinberg, Abteilungsleiter Gemüsebau bei der “Buir-Bliesheimer”, keinerlei Berührungsängste, als ihn am Donnerstagvormittag mit Weihbischof Dr. Philipos Mar Stephanos ein hochrangiger Vertreter der katholischen Erzdiözese im indischen Tiruvalla besuchte.
Der in Rom promovierte Moraltheologe besucht gerade die Communio in Christo in Mechernich. Die katholische Gemeinschaft, die am Bleiberg unter anderem eine Langzeitpflege mit 153 Betten und das Hospiz “Stella Maris” unterhält, kam dem Wunsch des Bischofs nach, Kontakte zu deutschen Bauern zu knüpfen, die etwas vom Gemüseanbau und vom Genossenschaftswesen verstehen.
1,5 Millionen Einwohner,
95 Prozent Bauern
Der 58-jährige Mar Stephanos ist nämlich nach seiner Bischofsweihe im März in die Bergregion Idukky versetzt worden, in der 95 Prozent der 1,5 Millionen Menschen zählenden Bevölkerung (30 Prozent Katholiken) von der Landwirtschaft leben. Und zwar vorwiegend vom Frischgemüseanbau für den Eigenbedarf. Und das auf Flächen, die im Durchschnitt nur einen Hektar pro Familienbetrieb groß sind. Aber auch Tee, Kaffee, Kardamon, Vanille und alle Spezereien, die man für gute Curry-Mischungen braucht, werden in dem 700 bis 2000 Meter hoch gelegenen Bergland angebaut.
Weihbischof Mar Stephanos, der zuvor gerade ein 1000-Betten-Hospital in Tiruvalla aufgebaut hatte, möchte nun in Idukky den Bauern zu mehr Nahrung und Wirtschaftskraft verhelfen. Einerseits schwebt ihm eine Art “Musterfarm” mit angeschlossener Landwirtschaftsschule vor. Andererseits möchte er eine Einkaufs- und Vermarktungsgenossenschaft nach Vorbild der Buir-Bliesheimer aufbauen.
Die Genossenschaft, die Dr. Philipos Mar Stephanos für alle Bauern gleich welcher Religionszugehörigkeit aufbauen will, soll durch den gemeinsamen Einkauf von Saatgut und Dünger günstigere Preise für den Einzelnen erzielen. Vor allem aber soll der genossenschaftliche Zusammenschluss der Bergbauern in Idukky Märkte für den Absatz der konservierten Produkte Tee, Kaffee und Gewürze erschließen.
“Nicht nur Vorteile teilen,
auch die Risiken”
Hermann-Josef Weinberg, Abteilungsleiter Gemüse, und Dr. Karl-Otto Ditges, Landwirt und Vorsitzender der Erzeugergemeinschaft Vertragsgemüse innerhalb der Buir-Bliesheimer, standen Bischof Mar Stephanos und seinen Begleitern, dem Communio-Generalsuperior Pfarrer Karl-Heinz Haus und dem aus Indien für fünf Jahre zur Communio in Christo in Mechernich delegierten Priester Jaison Thazhathil, Rede und Antwort. Viel mehr noch: Sie überlegten mit und berieten, was den Bischof und “seine” Bauern in Idukky am ehesten weiter bringen könnte.
“Nicht nur die Vorteile teilen, auch die Risiken”, empfahl Landwirt Ditges, nachdem Mar Stephanos berichtet hatte, dass der Monsunregen oft ganze Anbauflächen von den Berghängen mit sich reißt: “Darauf darf die Genossenschaft die einzelne Bauernfamilie nicht sitzen lassen, das muss die Gemeinschaft mittragen”.
Hermann-Josef Weinberg gab den Rat, einen Expertenstab von vier, fünf Leuten beim Bischof zu bilden, die die Bauern daheim auf den eigenen Äckern beraten und anleiten, was im Anbau zu tun ist. Karl-Otto Ditges: “Solche Anleitung auf dem eigenen Land und mit den eigenen Erzeugnissen fruchtet mehr als die theoretische Beschäftigung damit an der Landwirtschaftsschule.”
Buir-Bliesheimer nach
Indien eingeladen
Auch sei es hilfreich, wenn in der Genossenschaft jemand das letzte Wort habe, der selbst über keine eigenen Felder verfügt: “Sonst macht das Gerücht schnell die Runde, dass derjenige hauptsächlich zum eigenen Vorteil wirtschaftet, auch wenn nichts dran ist.” Weihbischof Dr. Philipos Mar Stephanos war Karl-Otto Ditges und Hermann-Josef Weinberg über alle Maßen dankbar für diese und eine Menge mehr guter Ratschläge, Hinweise und weitere Hilfsangebote.
Er lud die beiden Vertreter der 30 Euskirchener Gemüsebauern (die Buir-Bliesheimer Agrargenossenschaft hat insgesamt 1500 Bauernhöfe als Mitglieder) nach Indien ein, um sich in seinem Bistumsteil im nächsten oder übernächsten Jahr hoffentlich erste Erfolge ansehen zu können.
Der in Rom studierte und promovierte Bischof ist nicht nur Moraltheologe und Gandhi-Experte, er spricht auch nahezu fließend Deutsch. Die Beziehungen der in Mechernich gegründeten und über Europa, Afrika und Teile Asiens verbreiteten Communio in Christo gehen auf den niederländischen Pfarrer Lambert van den Hoven zurück. Der Priester an der Taufkirche der Communio-Gründerin Mutter Marie Therese in Oud-Valkenburg und die Eheleute Dijkstra, Mitglieder im Konvent der Communio in Christo in Mechernich, haben die Beziehungen zur Syromalankara Katholischen Kirche in Kerale geknüpft. Zurzeit leben mit Father Jaison und den Schwestern Jasmin und Little Flower drei indische Geistliche im Mechernicher Mutterhaus.
“Communio in Christo wird
an Bedeutung gewinnen”
Bischof Mar Stephanos lobte die Communio in Christo und ihr Sozialwerk in den höchsten Tönen. Das, was Europa zur Re-Evangelisierung brauche, seien keine neue Theologie oder Pastoralkonzepte, sondern eine Renaissance der Liebe. Den Schlüssel zu dieser einfachen wie genialen Erkenntnis habe Gott Mutter Marie Therese in die Hand gegeben, als sie als Konsequenz und Folge des Zweiten Vatikanischen Konzils den modernen und alle – Priester, Ordensleute und Laien – umfassenden Orden Communio in Christo gegründet habe.
Der Leitspruch von Gründerin und Orden – “Caritas est vivere in deo” (Nächstenliebe ist Leben in Gott) sei gleichzeitig das Lebenselexier der Kirche. Weihbischof Mar Stephanos sagte während eines Gottesdienstes zur Erinnerung an den 1. September 1977, an dem Mutter Marie Therese mit der Gründung der “Unio der sühnenden Liebe” den Grundstein für die spätere Ordensgründung gelegt hatte: “Eine Kirche, die fern der Liebe Christi, wird in der Welt ohne Bedeutung sein.”
In diesem Zusammenhang würden “die Botschaft und Sendung von Mutter Marie Therese und die Communio in Christo an Bedeutung gewinnen”, so Mar Stephanos. Wie Christus selbst habe sie sich “mit den Armen, Unerwünschten und Ungerufenen” solidarisiert – und sie der bedingungslosen Liebe Gottes versichert.
pp/Agentur ProfiPress

Manfred Lang

07.09.2010