Auf dem Trettraktor kapituliert
Bürgermeister und Landwirt Dr. Hans-Peter Schick nutzte seine Abdankungsrede für eine gereimte Abrechnung mit der Berliner Ampel-Politik – Mechernicher Rathaussturm feierte eine musikalische Premiere: Verwaltungsmitarbeiter hatten mit Freunden, Verwandten und Bekannten eine Musikkapelle zusammengestellt
Mechernich – Das Duell lautete: Dreigestirn mit Bauer gegen Bauer mit Beamten. Vor dem Mechernicher Rathaus standen sich die Vussemer Tollitäten mit Prinz Tamara I., Jungfrau Jana und Bauer Elena samt großer Entourage dem als Bauer verkleideten Bürgermeister Dr. Hans-Peter Schick mit seinem tapferen Gefolge gegenüber. Trotz schwerem Geschütz auf beiden Seiten sollte es eine friedliche Übernahme des Beamtenbunkers werden.
Pünktlich um 11.11 Uhr ging die Belagerung los. Leider fing gleichzeitig auch der Regen an. Aber die Jecken vor dem Rathaus hatten Sunnesching im Herzen, Schirme in der Hand und die Aussicht auf Currywurst und lecker Kölsch im Ratssaal. Aber der musste natürlich erst erobert werden. Dafür war auch die Kanone der Prinzengarde in Stellung gegangen und schoss den Beamtenbunker nach guter alter Tradition sturmreif.
Die Rathaus-Crew wehrte sich allerdings mit aller Macht gegen eine schnelle Kapitulation. Böllerschüsse von Jürgen Erken ließen die Anwesenden ob ihrer Lautstärke erzittern. Der Erste Beigeordnete Thomas Hambach hatte Konfetti-Kanonen im Anschlag. „Damit kann nichts schief gehen“, sagte er mit einem Lächeln und spielte darauf an, dass er im vergangenen Jahr mit Wasserbomben die Soundanlage ins Nirwana befördert hatte.
Ass im Ärmel
Und Bürgermeister Dr. Hans-Peter Schick hatte noch ein Ass im Ärmel. Denn erstmals wusste er eine schlagkräftige und bunt zusammen gewürfelte Musikkapelle hinter sich, die den anstürmenden Jecken kräftig den karnevalistischen Marsch blies. „Bei einer Betriebsfeier hatten wir die Idee dazu“, erklärten die Rathaus-Mitarbeiter Andreas Kurth und Aloys Schnotale. Unter den Kollegen fanden sich mit Georg Lenzen, Tanja Schulz und Philipp Seeliger noch drei weitere Musikanten. Aufgefüllt mit musikalischen Freunden, Verwandten und Bekannten war eine richtige Musikkapelle entstanden.
„Die hat allerdings noch keinen Namen“, berichten Andreas Kurth und Aloys Schnotale mit einem Schmunzeln. Bei der ersten gemeinsamen Probe am Morgen stand als Bandname „Die Schickies“ im Raum, als Hommage an den Bürgermeister, aber die musikalischen Verwaltungsmitarbeiter sind für weitere Vorschläge noch offen.
Derweil nützte ihr fantastisches Spiel auch nichts: Denn Bürgermeister Dr. Hans-Peter Schick musste bei diesem jecken Ansturm einfach kapitulieren. Er tat das auf einem roten Trettraktor. Vorne drauf hatte er auch ein Protestschild montiert. „Lasst euch nicht verampeln“, stand darauf und damit war klar, dass der Landwirt und Bürgermeister in seiner Abdankungsrede die Bundesregierung und ihre Kürzungen bei den Bauern ins Visier nahm.
Klimaneutral mit Tretpedal
Nach eigener Aussage war er mit dem Trettraktor sogar bis nach Berlin gefahren, um sich an den Protesten zu beteiligen. „Klimaneutral mit Tretpedal, glaubt mir es war ne richtige Qual. Zehn Tage brauchte ich bis nach Berlin und das alles ohne Diesel und Benzin“, reimte das Mechernicher Stadtoberhaupt.
Für ihn war klar, dass die Ampel offenbar ganz vergessen hat, dass die Bauern für das leckere Essen sorgen. „Denn so können wir nicht mehr konkurrieren. Die Folge: Man wird die Lebensmittel aus dem Ausland importieren. Ich fühl mich damit gar nicht wohl, ich mag nämlich keinen Chinakohl“, sorgte der reimende Landwirt für Lacher.
Ein klares Statement in Reimform durfte derweil auch nicht fehlen. „Wir Bauern protestieren auch für unsere Demokratie, denn das ist jetzt so wichtig wie noch nie. Rechtsextremismus und Judenhass hat hier in Deutschland keinen Platz.“ Eine Aussage, die von allen Anwesenden mit großem Applaus unterstrichen wurde.
Sieg für die jecken Wiever
Applaus gab es schließlich auch für seine Abschiedsworte. „Jetzt ist’s genug, ich geh jetzt nach Hause. Mach jetzt vom Rathaus mal ne Pause“, ließ er seine Noch-Untertanen wissen. Denn mit den Worten „Ich sag jetzt tschüss, mach nett viel Klaaf. Sag nur noch drei Worte: Dreimal Mechernich Alaaf“ sollte seine Macht bis Aschermittwoch auf die Vussemer Tollitäten übergeben.
Prinz Tamara I. übernahm nur allzu gern den Rathaus-Schlüssel und die Abdankungsurkunde, um anschließend mit alle Mann in den Ratssaal einzuziehen. Als Mitarbeiterin des Kreises Euskirchen stellte sie dort der Verwaltungsspitze mit Bürgermeister Dr. Hans-Peter Schick, Erstem Beigeordneten Thomas Hambach und Kämmerer Ralf Claßen zwar ein sehr gutes Zeugnis aus, aber auf die jecke Regentschaft bis Aschermittwoch wollte sie mit ihren Schwestern natürlich trotzdem nicht verzichten. Und somit war klar, wer das eingangs erwähnte Duell für sich entscheiden konnte: Wie es sich für Weiberfastnacht gehört, natürlich die jecken Wiever.
pp/Agentur ProfiPress