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150 Jahre Post in Mechernich

Regionalhistoriker Peter Lorenz Koenen veröffentlicht im Mechernicher „Bürgerbrief“ die Geschichte des Brief- und Telefonverkehrs am Bleiberg

Mechernich – Der Regionalhistoriker Peter-Lorenz Koenen hat in der jüngsten Ausgabe des Mechernicher „Bürgerbriefs“ einen überaus interessanten Bericht über die Geschichte der Mechernicher Post veröffentlicht. Demnach gab es die erste Postanstalt im heutigen Stadtgebiet Mechernich überhaupt bereits 1829 – und zwar in Kommern.

Mechernich gehörte zum Postbestellbezirk Kommern, der 30 Kilometer im Umkreis umfasste. Von Euskirchen wurden die Postsachen mittels eines ein- oder zweiachsigen Fuhrwerks, der preußischen „Karriolpost“ (Karrenpost, Briefpostwagen mit herunterklappbarem Verdeck, der auch Personen befördern durfte), nach Kommern geliefert. Von dort wurden sie mit einem Postkarren nach Mechernich geschafft und verteilt. (WB, 11.11.1941)

Links im Bild das Hotel Bleiberg, rechts das Postgebäude von 1888. Das Motiv ziert eine Ansichtskarte von P.J. Kerp, Mechernich, von 1910. Repro: Peter-Lorenz Koenen/pp/Agentur ProfiPress
Links im Bild das Hotel Bleiberg, rechts das Postgebäude von 1888. Das Motiv ziert eine Ansichtskarte von P.J. Kerp, Mechernich, von 1910. Repro: Peter-Lorenz Koenen/pp/Agentur ProfiPress

Ein eigenes Postsystem unterhielt offensichtlich die Bergbaukonzession von Meinertzhagen. Sie bediente sich Anfang des 19.Jh. der „Expresser“ oder „expressen Boten“, die Briefe und Aufträge von der Verwaltung in Köln an den Bleiberg brachten. (Bw_14, S.168f) Mit dem Boom im Bergbau stieg ab 1854 die Notwendigkeit eines gut funktionierenden Postwesens mit eigener Poststation in Mechernich.

Am 1. Juli 1865 erfolgte die Inbetriebnahme des neuen Bahnhofsgebäudes Mechernich (AA 1865, Nr.69). Gleichzeitig wurde in diesem Gebäude eine Post-Expedition eröffnet. Die Leitung übernahm der Postexpedient Lethen. (AA-P, 1865, S.341) Nach der Fertigstellung des Hotel Bleibergs im folgenden Jahr erfolgte der Umzug der Post-Expedition in dieses Gebäude in den linken Flügel Ecke Friedrich-Wilhelm-Straße / Johannesweg.

Reichstelegraphenstation

1872 wurde die Post-Expedition Mechernich in ein Postamt II Klasse umgewandelt. Am 16. November 1875 wurde am Postamt Mechernich eine „Reichs-Telegraphen-Station“ mit beschränktem Tagesdienst eröffnet. (AA 1875, Nr.852, S.278).

1888 wechselte die Post-Expedition ihren Standort in das neu errichtete, von der Post angemietete Gebäude, 80 Meter links vom Bleiberg-Hotel. Das Gebäude hatte einen ein Meter hohen Vorbau mit Treppe links und einen erhöhten Vorgarten mit Sträuchern und Bäumen. Um 1900 wurde dort ein Fernsprechnetz für Mechernich installiert.

Das umgebaute Postamt von 1936. Das Bild stammt aus dem Nachlass des Heimatforschers Karl Abel und befindet sich im Archiv der Stadtverwaltung Mechernich. Repro: Peter-Lorenz Koenen/pp/Agentur ProfiPress
Das umgebaute Postamt von 1936. Das Bild stammt aus dem Nachlass des Heimatforschers Karl Abel und befindet sich im Archiv der Stadtverwaltung Mechernich. Repro: Peter-Lorenz Koenen/pp/Agentur ProfiPress

Die Eigentümer der Gebäude zwischen Hotel Bleiberg und Post wechselten mehrfach. Am 12. November 1921 bot P. Distelrath, Neuhütte-Mechernich, das Postamt mit Nebengebäuden und Bauplatz zum Verkauf an. (UuA, 12.11.1921) Im Jahr 1924 erwarb die Deutsche-Reichspost das bisher gemietete Gebäude für 34.000 Mark. (AK 2005, 12.08.2005)

Drei seltsame Apparate brachten das Gebäude 1931 wieder in die Medien. Anfang Juli wurden drei automatische Postwertzeichengeber aufgestellt. Gegen Einwurf der entsprechenden Summe wurden verschiedene Freimarken bzw. Postkarten ausgegeben. Es handelte sich um je einen Automaten für die 15 Pfennig-Freimarke, 8-Pfennig-Freimarke und 8-Pfennig-Postkarte.

Die neue Post von 1967 war bis vor einigen Jahren der Nabel im Post- und Fernmeldewesen der Stadt Mechernich. Die Aufnahme stammt von 1973. 2016 wurde das Gebäude abgerissen. Foto: Peter-Lorenz Koenen/pp/Agentur ProfiPress
Die neue Post von 1967 war bis vor einigen Jahren der Nabel im Post- und Fernmeldewesen der Stadt Mechernich. Die Aufnahme stammt von 1973. 2016 wurde das Gebäude abgerissen. Foto: Peter-Lorenz Koenen/pp/Agentur ProfiPress

„Die Entnahme erfolgt in der Weise, dass für eine 8-Pfennig-Freimarke oder -Postkarte ein Zehnpfennigstück eingeworfen werden musste, worauf der Automat neben Freimarke oder Postkarte ein Zweipfennigstück herausgibt“. (MüZg, 09.07.1931, S.11) Vor Inanspruchnahme der Automaten sollte man sich daher mit dem passenden Kleingeld versehen.

Für Mechernich bedeutete es, dass man zu jeder Tages- und Nachtzeit, auch außerhalb der Schalterstunden, Postwertzeichen erwerben konnte. „Es wäre nun noch zu wünschen, dass gleiche Automaten auch im Ortsinnern, etwa an der Bahnstraße, Ecke Weier- oder Turmhofstraße, aufgestellt würden“ schreibt die zeitgenössische Presse: „Das würde für die Bewohner Alt-Mechernichs eine noch größere Erleichterung bedeuten“. (MüZg, 09.07.1931, S.11).

Öffentliche Fernsprechzellen

1935 hatte sich die Oberpostdirektion Aachen nach langwierigen Verhandlungen durchgerungen, das Mechernicher Postgebäude dem gesteigerten Publikumsverkehr und Postbetrieb anzupassen und entsprechend umzubauen und zu erweitern. (BGA, 02.09. und 02.10.1935) Am 17. Februar wurde der Betrieb wieder aufgenommen. Während der Umbauphase war die Post im Hauptverwaltungsgebäude der Gewerkschaft Mechernicher Werke (ehemalige Menage) in der Friedrich-Wilhelm-Straße untergebracht.

Der Bonner Generalanzeiger beschreibt den Umbau 1936: „Bei dem ganzen Umbau hat man sich von dem Gedanken der Einfachheit und Zweckmäßigkeit leiten lassen. Das Erdgeschoß ist vollständig erneuert. Aus den bisherigen Schalter- und Paketräumen ist ein großer Innenraum geschaffen worden, der jetzt beiden Teilen dient. In einem Vorraum, der mit dem großen Innenraum verbunden ist, wurden die Schließfächer angebracht und in direkter Nähe die öffentlichen Fernsprechzellen. Die Hofseite ist durch einen Neubau erweitert worden, der als Paketverladeraum dient. In diesem Neubau sind auch neue Wasch- und Toilettenräume untergebracht.“ (BGA, 10.02.1936)

Dieser Wohn- und Geschäftshauskomplex erstreckt sich heute am früheren Standort der Mechernicher Post, im Vordergrund die Fußgänger- und Radfahrerunterführung am früheren Bahnübergang Friedrich-Wilhelm-Straße. Foto: P.-L. Könen 24. Februar 2018. Foto: Peter-Lorenz Koenen/pp/Agentur ProfiPress
Dieser Wohn- und Geschäftshauskomplex erstreckt sich heute am früheren Standort der Mechernicher Post, im Vordergrund die Fußgänger- und Radfahrerunterführung am früheren Bahnübergang Friedrich-Wilhelm-Straße. Foto: P.-L. Könen 24. Februar 2018. Foto: Peter-Lorenz Koenen/pp/Agentur ProfiPress

Auch im Außenbereich wurde viel verändert. Die Mauer, die bald zwei Meter weit ins Straßenbild hineinragte, wurde zurückgebaut. Eine fast zweieinhalb Meter breite Freitreppe führte nach dem Umbau auf eine fast acht Meter lange Tribüne zum Eingang. Im 3. Stock hatte man das seit dem 18. September eingerichtete „Selbstwähleramt“ untergebracht und das Postamt wurde mit einer modernen Heizung ausgestattet. (BGA, 10.02.1936)

Im November 1941 feierte man „75 Jahre Postamt Mechernich“. Im Artikel wurde bemerkt: „Aus kleinsten Anfängen heraus hat es sich zum bedeutendsten Postamt des Kreises Schleiden entwickelt. Es hat seine Vateranstalt Kommern längst überflügelt, heute sind ihm rund 40 Postagenturen, Poststellen und Posthilfsstellen angeschlossen. Zu den Fortschritten der letzten Jahre gehört die Einrichtung von Kraftposten nach den verschiedensten Richtungen, der Umbau des Gebäudes nach modernen postalischen Grundsätzen und die Einrichtung eines Selbstwähleramtes“. (WB, 11.11.1941)

Schalterraum der Mechernicher Post vermutlich in den 70er Jahren. Foto: Peter-Lorenz Koenen/pp/Agentur ProfiPress
Schalterraum der Mechernicher Post vermutlich in den 70er Jahren. Foto: Peter-Lorenz Koenen/pp/Agentur ProfiPress

Ende 1944 flogen die Alliierten Bombenangriffe auf Mechernich. Am 25. Dezember gegen 11.30 Uhr wurde das Postamt schwer beschädigt. Ein behelfsmäßiger Postbetrieb wurde im Vereinshaus Ecke Bruchgasse / In der Hardt organisiert. Als die Amerikaner am Bleiberg einmarschierten, markierte das erst einmal das Ende des Reichspostbetriebs vor Ort…

Noch unter den Besatzern wurden wieder Post- und Fernsprechdienste im Kreis Schleiden aufgebaut. Alle früheren Postangestellten wurden informiert und die Gebäude wieder für ihren ursprünglichen Zweck eingerichtet. Unterirdische Kabel wurden kontrolliert, Schaltkästen repariert und neue Leitungen verlegt. (Henze 1948, S.158) Nach AK 2005 wurde ein eingeschränkter Postbetrieb bereits ab 2. Juli 1945 wieder aufgenommen.

Mitte der 1950 Jahre begann die Deutsche Bundespost ihre Zentralisierung. Das Mechernicher Postamt wurde vom selbstständigen Postamt zum Zweigpostamt. 1967 erfolgte der letzte Umbau. Während des Umbaus zog das Postamt ins Haus der Familie Traber, Weierstraße.

Tagesstempel „500 Jahre Post“

1990 gab es eine große Ausstellung im Mechernicher Postamt. Die Deutsche Bundespost feierte „500 Jahre Post“ und zeitgleich eine Ausstellung zum Thema „125 Jahre Postamt in Mechernich“. Postkarten mit Motiven aus dem Stadtgebiet wurden mit eigenem Tagesstempel verkauft.

Luftbild mit neuem Bahnhof (r.) und alter Post (m.l.) vor dem Abriss 2016. Auch das RWZ-Getreidelager steht noch (r.). Archivfoto: Manfred Lang/pp/Agentur ProfiPress
Luftbild mit neuem Bahnhof (r.) und alter Post (m.l.) vor dem Abriss 2016. Auch das RWZ-Getreidelager steht noch (r.). Archivfoto: Manfred Lang/pp/Agentur ProfiPress

Am 19. August 1998 endete der Publikumsverkehr im Postamt an der Friedrich-Wilhelm-Straße. Der Briefdienst blieb noch in einem Nebengebäude. Ab dem 21. August 1998 wurde das Postamt durch eine „Shop-in-Shop-Filiale“ im Rewe-Markt ersetzt. (KStA, 25.08.1998)

Das Postgebäude wurde verkauft und am 30. Juni 2016 mussten die restlichen Postler aus dem bisherigen Gebäude an der Friedrich-Wilhelm-Straße in Mechernich ausziehen. Nach 128 Jahren erfolgte der Abriss des Mechernicher Postamtes. Vom 4. Juli bis 2. September 2016 agierte die Abrissbirne und das Postamt war Geschichte und an seiner Stelle entstand ein Wohn- und Geschäftskomplex.

pp/Agentur ProfiPress

Literatur

– AA – Amtsblatt der Königlichen Regierung zu Aachen

– AA-P – Amtsblatt des Königlichen Post-Departements

– AK 2005 – Könen, Anton; 140 Jahre Postanstalt Mechernich; BBM 12-08-2005

– BGA – Bonner-General-Anzeiger, Tageszeitung

– Bw_14 – Bw_14, Protocoll der „Gräfliche Lippe Meinertzhagen‘schen Berg Beamten“ in der Eifel, StA-M, transkribiert von P.-L. Könen

– Henze 1948 – Henze, P.; Der Beginn einer neuen Ordnung, St. Olaf College, Northfield, Minnesota, 1948

– KStA – Kölner-Stadt-Anzeiger, Tageszeitung

– MüZg – Münstereifeler Zeitung, Tageszeitung

– UuA – Unterhaltungsblatt und Anzeiger für den Kreis Schleiden

– WB – Westdeutscher Beobachter, Ausgabe Schleiden (PeLo)