„Nie wieder ein Kriegstoter vom Bleiberg“
Unprätentiöse und ergreifende Feier zum Volkstrauertag in Mechernich – Eifeldekan Pühringer bittet jeden, seine Talente für die Gemeinschaft in Pfarre und Stadt einzusetzen – Neue Gedenktafeln aus rostigem Eisen an Stelle der gestohlenen wertvollen Bronzetafeln eingesegnet
Mechernich – Mit einer bewegenden, weil unprätentiösen Feier beging Mechernich am Sonntag den Volkstrauertag. Mit dazu beigetragen haben mochte der Diebstahl der 70.000 Euro wertvollen Bronzetafeln mit den Namen Hunderter Gefallener und im Krieg umgekommener Ziviltoten im Vorfeld.
Die neuen Tafeln aus verrostetem Eisen wurden während der Feier erstmals von Pfarrer Erik Pühringer eingesegnet. Die Genealogin Petra Greis und der Lokalhistoriker Peter-Lorenz Könen hatten zur Rekonstruktion die Namen auf den gestohlenen Tafeln und weitere Namen Mechernicher Bomben- und Naziterroropfer beigesteuert beziehungsweise neu recherchiert. Die Hosteler Metallbaufirma Müller hatte die neuen Gedenkplatten mit viel Fingerspitzengefühl gestaltet.
In der Heiligen Messe in der Pfarrkirche St. Johannes Baptist, während der Fahnenabordnungen der Mechernicher Vereine und Organisationen wie der Kolpingfamilie, Rotem Kreuz, TuS und Karnevalsvereinen im Chorraum Ehrenspalier standen, appellierte Pfarrer und Eifeldekan Erik Pühringer an den Zusammenhalt der Menschen am Bleiberg.
Was vor 70 Jahren zum Betrieb einer „Notkirche“ für das im Krieg zerbombte Gotteshaus und zum Neubau der heutigen modernen Johanneskirche führte, müsse auch heute wieder zum Schulterschluss und zur Solidarisierung der Menschen am Bleiberg führen, so Dekan Pühringer. Wobei der Begriff „Notkirche“ heute eher inhaltlich als räumlich gedeutet werden müsse.
Neue „Notkirche“ vonnöten
In Anlehnung an das Tagesevangelium von den Talenten wünschte sich das Pfarroberhaupt, dass jeder seine egal wie reichlich, aber doch individuell zweifelsohne vorhandenen Fähigkeiten und Möglichkeiten für die Gemeinschaft einbringe. Zusammenhalt und gegenseitiges Helfen seien nicht von gestern, sondern nötiger denn je.
Vor einer über hundertköpfigen Festgemeinde, den Vereinsdelegationen, der Bergkapelle um Uli Poth, dem Männergesangverein unter Gerhard Half, Bürgermeister Dr. Hans-Peter Schick, seinem Stellvertreter Wolfgang Weilerswist, den Pfarrern Dr. Innocent Dim und Erik Pühringer, Bundeswehr-Depotkommandeur Oberstleutnant Lars Rauhut und seinen Soldaten, dem Ersten Beigeordneten Thomas Hambach und Vereinskartellchef Marcel Hembach hielt Dr. Peter Schweikert-Wehner, der Vorsitzende der Turn- und Sportvereinigung Mechernich und der Arbeiterwohlfahrt, eine nahegehende Ansprache.
Darin erinnerte er unspektakulär an das Schicksal eines Onkels seiner Frau, der noch jung und erst spät als „Kanonenfutter“ in die Rückzugsgefechte im Baltikum geriet und umkam. Bei seinem letzten Heimaturlaub in Kommern hatte dieser Onkel Karl seine Schwester, Schweikerts heutige Schwiegermutter, angefleht, ihn die Treppe herunterzustoßen oder ihm sonst wie etwas anzutun, damit er nicht zurück an die Front müsse. Denn, wenn er gehe, dass hatte Karl geahnt, werde er die Heimat nicht mehr wiedersehen.
Er behielt Recht mit seiner Ahnung und fiel bei Riga. Schweikert schloss seine freie Ansprache mit den Worten: „Lasset uns bitten, dass nie wieder eine Familie in Mechernich um einen Angehörigen trauern muss, der im Krieg zu Tode kommt.“
pp/Agentur ProfiPress
Am Schluss der Feier intonierte die Bergkapelle „Einigkeit und Recht und Freiheit“. Vereinskartellvorsitzender Marcel Hembach gab bekannt, dass das Kartell vor der Auflösung steht und sich im kommenden Jahr andere der Organisation des Volkstrauertages annehmen müssen.