Bald fliegt der Schmetterling
In knapp drei Wochen soll die neue Gemeinschaftsgrundschule in Firmenich-Obergartzem fertig sein – Ein Rundgang durch eine wuselige Baustelle mit Fachbereichsleiter Christoph Breuer und Projektleiter Andreas Kurth
Firmenich-Obergartzem – Baugerüste dominieren den Anblick von außen. Innen abgedeckte Böden, Baumaterialien, Farbeimer und überall wuseln fleißige Arbeiter umher. Das ist der erste Eindruck für Besucher, die die Baustelle der neuen Gemeinschaftsgrundschule Firmenich-Obergartzem knapp drei Wochen vor der geplanten Eröffnung betreten.

Hier packt jeder mit an, um das große Ziel erreichen zu können: Am Ende der Herbstferien soll die Schule offiziell bereit sein für den Unterrichtsstart. „Am Ende fügt sich alles zusammen“, ist Andreas Kurth als städtischer Projektleiter mit Blick auf die vielen offenen Punkte überzeugt. Auch Fachbereichsleiter Christoph Breuer ist zuversichtlich, dass der Schmetterling bald fliegt.


Warum Schmetterling? Die Architekten rund um Wolfgang Rumpf haben das Gebäude so geplant, dass es in seiner Struktur einem Falter ähnelt. Die fröhlich bunten Farben im Innern unterstreichen diesen Eindruck noch. Denn das Schmetterlingssymbol spiegelt die wichtigen Entwicklungsphasen und Veränderungen wider, die die Kinder in der Grundschulzeit durchleben.

Wie Wohngemeinschaften
Die Schule, die nach offiziellem Beschluss des Schulausschusses künftig Gemeinschaftsgrundschule Firmenich-Obergartzem heißen soll, verfolgt im neuen Gebäude ein modernes Konzept. „Es ist nichts mehr so wie früher“, sagt Christoph Breuer zu Beginn eines Rundgangs. Im linken und rechten Gebäudeteil, sozusagen in den „Flügeln“ des Schmetterlings, befinden sich die sogenannten Cluster. Das sind moderne Lernlandschaften für die jeweiligen Jahrgangsstufen.

Um den offenen Lernbereich herum sind Klassen-, Förder-, Fach- und Ruheräume ebenso gruppiert wie Garderoben, Lager und Sanitäranlagen. So erhält jeder Jahrgang einen eigenen Flügel mit der notwendigen Infrastruktur. Verbunden werden diese zweigeschossigen Flügel, die Klassen 1 und 2 im Erdgeschoss und die Klassen 3 und 4 im ersten Obergeschoss, durch eine Pausenhalle, die multifunktional genutzt werden kann.

„Jedes der vier Cluster hat seine eigene Farbe“, berichtet Andreas Kurth. Rot, Grün, Blau und Gelb. Farben, die als Akzente im Gebäude immer wiederkehren. So ist in einem Klassenraum das Waschbecken umrahmt von einer roten Wand mit weißen Schmetterlingen. Die Türen sind zwar noch nicht drin, aber eigentlich fehlen in den Klassenräumen nur noch Fensterbänke, Tische, Stühle und digitale Tafeln, damit die lehrreichen Unterrichtsstunden losgehen können.

Das gilt für die Cluster unten ebenso wie für die Räume der Klassen 3 und 4 im ersten Obergeschoss. Dort stehen bereits die von der Firmenicher Tischlerei n.d.r gelieferten Garderoben. Hier können die Kinder morgens ihre Straßenschuhe ausziehen, ihre Jacken an die Haken hängen und mit Hausschuhen ausgestattet in den Lernbereich starten, sodass die Klassenräume sauber und gepflegt bleiben. „Es soll sich anfühlen, wie in einer Wohngemeinschaft“, betont Christoph Breuer.

Offene Lernlandschaften
Somit haben die modernen, offenen Lernlandschaft nichts mehr von der klassischen Flurschule, wie man sie kennt. Mit der Bibliothek, einem Duschbereich sowie dem Aufzug, der für Barrierefreiheit sorgt, kann sich dort jedes Kind wie Zuhause fühlen.

Ein Zuhause mit einem offenen, lichtdurchfluteten und einladenden Treppenhaus, dessen Geländerstäbe jüngst von den beiden Malern Andre Brzanov und Juniorchef Finn Reibold in den Farben Rot, Grün, Blau und Gelb, passend zu den vier Clustern, angestrichen wurde. „Die Zusammenarbeit mit den lokalen und den überregionalen Firmen klappt hervorragend“, betont Christoph Breuer. Da große Teile des Projekts europaweit ausgeschrieben werden musste, ist es ein großer Erfolg, dass sich zahlreiche ortsansässige Betriebe gegen Europa durchgesetzt haben.

Neben dem Malerbetrieb Reibold gehört dazu etwa auch die Bad Münstereifeler Firma „Elektrotechnik Voussem“, die mit Vorarbeiter Stefan Rick dafür sorgt, dass die Elektrik funktioniert. Im Eingangsbereich sind derweil Yannik Thönnes und Bogumil Pycinski von der Schleidener Firma „Fliesen Thönnes“ dabei, die Treppenstufen auszumessen, um dort Fliesen zu verlegen.

Während das reibungslos verläuft, mussten Christoph Breuer und Andreas Kurth in einigen Bereichen kräftig improvisieren. „Wir haben es sogar geschafft zwei insolvente Firmen mit durchzuziehen“, freut sich Christoph Breuer darüber, dass diese Insolvenzen nicht zu einem Baustopp geführt haben. Richtig einfallsreichen mussten die städtischen Projektverantwortlichen bei der Deckenkonstruktion werden. Zunächst konnten sie keine Firma für das Gesamtprojekt finden, am Ende wurden es fünf unterschiedliche Unternehmen, die ans Werk gingen. Im Lehrerzimmer, das gleichzeitig auch von den OGS-Angestellten genutzt wird, ist sogar der Bauhof eingesprungen.

„Das war auch nur durch die großartige Zusammenarbeit auf der Baustelle möglich“, sagt Christoph Breuer, der auf dieses Teamwork besonders stolz ist. Nur so konnte die Schule in 18 Monaten Bauzeit realisiert werden. Die Kosten sind mit 16 Millionen Euro ebenfalls im Rahmen geblieben. „Aber auch nur, weil wir jede Mark zweimal umgedreht haben“, so Breuer schmunzelnd. Ein Lächeln, das bei ursprünglich geplanten 18,5 Millionen Euro Baukosten durchaus berechtigt ist.

Solaranlage und Wärmepumpen
„Wenn einem dann noch ein erfahrener Bausachverständiger bescheinigt, dass er noch nie gesehen habe, dass ein Gebäude so schnell und so reibungslos hochgezogen worden sei, dann tut das schon gut“, sagt der Fachbereichsleiter, der dieses Lob vor allem auch an sein Team weitergibt.
Das hat bei dem Bauprojekt auch ganz viel Nachhaltigkeit umgesetzt. Auf dem Dach der Schule ist eine große Solaranlage installiert, die den Strom für das Gebäude und für die Wärmepumpen liefern soll. Ob das am Ende dazu führt, dass die Schule rechnerisch autark betrieben kann, wird sich erst noch zeigen. Innovative Technik ist auf jeden Fall verbaut, damit sich die künftigen Nutzer wohlfühlen können. Innovative Wege sollen auch beim Betrieb eingeschlagen werden. „Wir werden einen Pilotbetrieb mit einem Putzroboter durchführen“, verkündet Christoph Breuer. Auch hier ist mit der Mechernicher Firma Kareitec wieder ein Lokalmatador mit am Werk.

Der Roboter soll dann nach den Herbstferien ebenfalls seine Arbeit aufnehmen und einen Teil der Räume vollautomatisch sauber halten, wenn die neue Schule startet. Eine Schule, in der sich die Kinder, genau wie ihr neues Gebäude, von Raupen zu Schmetterlingen entwickeln können.
Fenia Rust/pp/Agentur ProfiPress