Ministerin brachte gute Nachrichten mit
Ina Scharrenbach überreicht Förderbescheid für Glehner Dorfgemeinschaftshaus an Bürgermeister Dr. Hans-Peter Schick – Land sagt 100-Prozent-Förderung zu – Fehlende Ausweisung von Baugebieten treibe Miet- und Kaufpreise hoch
Mechernich – Damit hatte niemand gerechnet. Ina Scharrenbach, Ministerin für Heimat, Kommunales, Bau und Gleichstellung des Landes Nordrhein-Westfalen, ließ fast beiläufig den entscheidenden Satz bei Ihrem Besuch im Mechernicher Rathaus fallen: „Sie bekommen eine 100 Prozent-Förderung“. Von den Zuhörern gab es für diese freudige Nachricht spontanen Applaus.

„Ein Ausnahmejahr braucht Ausnahmeentscheidungen“, begründete die Ministerin die Übernahme des kommunalen Eigenanteils in Höhe von 87.000 Euro, die die Stadt nun überraschend einsparen kann. Zuvor hatte das Land bereits zugesagt, den Bau eines neuen Dorfgemeinschaftshauses in Glehn mit 785.000 Euro zu unterstützen.
Den Förderbescheid brachte die Ministerin dann sogar persönlich vorbei. Einen gebührenden Empfang bereiteten ihr Mechernichs Bürgermeister Dr. Hans-Peter Schick, weitere Vertreter der Verwaltungsspitze, einige Fraktionsvorsitzende, sowie Karl-Heinz Seeliger als Ortsvorsteher von Glehn und Birgit Braun-Näger vom Glehner Vereinskartell.

Ein neues Dorfgemeinschaftshaus ist dringend nötig, berichtete Seeliger der Ministerin. Vor zwei Jahren sei die heimische Dorfkneipe dort geschlossen worden. Die Vereine stünden nun ohne Räume da und müssten provisorisch nach Hostel ausweichen. Auf Dauer sei das allerdings keine Lösung. Seeliger: „Die Vereine gehen sonst kaputt.“

Die Stadt war deshalb hartnäckig geblieben und hatte – trotz einer ersten Absage – den Förderantrag erneut eingereicht. Die Stadt lege Wert darauf, das Vereinsleben zu unterstützen. Die Vereine seien ein wichtiger Baustein für eine lebendige Dorfgemeinschaft, betonte Schick: „Unsere Orte sollen nicht zu reinen Schlafstätten degradiert werden.“ Daher sei man besonders dankbar für die großzügige Förderung.
„Sechser im Lotto“
Etwa 430 Einwohner habe der Ort Glehn, verriet man der Ministerin: „Da sollten wir mal die Pro-Kopf-Förderung ausrechnen“, sagte sie schmunzelnd. Dass die in Glehn höher ausfalle als vielleicht üblich, war für sie kein Problem. Aufgabe der Landesregierung sei es definitiv, Fördergelder gerecht zu verteilen, aber auch kleineren Orten das zukommen zu lassen, was diese für ein funktionierendes Gemeinwesen brauchen, sagte sie. „Das DGH ist wie ein Sechser im Lotto“, konstatierte Schick. Letztlich sollen Nachbarorte mit in die Nutzung des Glehner Hauses eingebunden werden.

Bei dem gut einstündigen Besuch im Mechernicher Rathaus diskutierte man mit der Wohnungsbauministerin außerdem über die geplante Innenstadtentwicklung und Wachstum der Stadt. „Die Nachfrage nach Baugrundstücken sei weiterhin hoch“, berichtete der Bürgermeister. Es gebe bereits längere Wartelisten. Doch der Widerstand in der Bevölkerung wachse.
„Letztlich sitzen wir aber doch alle in einem Boot“, so Schick. Darauf müsse die Landesregierung deutlicher hinweisen. Die ländliche Region könne nicht nur von den Großstädten profitieren – und dort arbeiten, einkaufen und teilweise die Freizeit verbringen – sondern sollte insbesondere jungen Familien, die mit ihren Kindern gerne auf dem Land leben wollten, eine Chance bieten.

Die Ministerin stärkte in diesem Punkt dem Bürgermeister den Rücken. Wohnungsbaupolitik müsse langfristig angelegt sein und in den Rathäusern zur Chefsache gemacht werden. Die Frage nach gesundem Wachsen, also wieviel und in welcher Zeit oder die Integration der Zuzügler müsse zwar kommunalpolitisch und somit regional bewertet werden, gleichwohl müsse aber für alle Schichten der Bevölkerung bezahlbarer Wohnraum zur Verfügung stehen.

„Die heute verhindern, dass Wohnraum neu entsteht, sind eigentlich die, die mit dafür Sorge tragen, dass Mieten und Baulandpreise steigen“, so Scharrenbach: „Wenn sie perspektivisch keine Baugebiete ausweisen oder bestimmte baupolitische Entscheidungen nicht treffen, und sie sind in einem Raum wie diesem, der nachgefragt ist, führt das automatisch bei einem nicht vorhandenen Angebot zu steigenden Preisen.“ Am Ende werde es dann auch für die eigene Bevölkerung teurer. Sie kenne viele Städte und Gemeinden, die die Infrastruktur wegen ausbleibendem Zuzug zwangsläufig zurückbauen müssten. Scharrenbach: „Aber ich baue doch lieber Kindergärten und Schulen, als dass ich Kindergärten und Schule schließe.“ Wachstum einer Stadt könne also durchaus auch zielführend sein.
pp/Agentur ProfiPress